Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
mit Eifersucht hat, rotiert in Mauris Innerem. Er denkt ab und zu, dass er nicht mehr für Diddi kaufen will. Gleich darauf verteidigt er sich damit, dass er durch Diddi Geld verdient, dass sie sich also gegenseitig ausnutzen.
Er versucht zu studieren. Und wenn er weder Studium noch Aktienhandel ertragen kann, spielt er Karten mit Håkan und Matthias. Denkt, dass Diddi anrufen wird. Stürzt auf den Gang, wenn das Telefon klingelt, aber fast immer ist der Anruf für das Nebenzimmer, wo eins der Mädchen wohnt.
Und wenn es doch Diddi ist, sagt Mauri Ja. Jedes Mal denkt er, dass er beim nächsten Mal Nein sagen wird. Vorgeben wird, beschäftigt zu sein.
Eine weitere Regel: Diddi entscheidet, mit wem sie zusammen sind. Es ist absolut ausgeschlossen, dass Mauri jemanden mitbringt, Håkan oder Mattias zum Beispiel. Nicht, dass er das gewollt hätte. Mit denen verbindet ihn keine Freundschaft, keine Solidarität oder was zum Teufel es auch sein könnte. Sie sind überflüssig, das ist alles, was sie gemeinsam haben. Und auch diese Gemeinsamkeit existiert nicht mehr.
Und Mauri und Diddi sind himmelhoch berauscht. Hellwach, kokainhigh. Er kann morgens aufwachen und sich einfach nicht mehr daran erinnern, wann und wie er nach Hause gekommen ist. Er hat Quittungen und Eintrittskarten in den Taschen, Stempel auf den Händen, die ihm Hinweise darauf liefern, wohin seine Reise ihn geführt hat. Vom Pub ins Café in einen Club zu einer Nachfeier bei irgendwelchen Mädchen.
Und er darf mit den nicht ganz so hübschen Freundinnen der hübschesten Mädchen vögeln. Was total okay ist und verdammt viel mehr, als Håkan und Mattias abkriegen.
So geht das ein halbes Jahr. Mauri weiß, dass Diddi eine Schwester hat, aber ihr ist er noch nicht begegnet.
Niemand kann wie Diddi mit den Schultern zucken. Beide fallen beim Examen durch. Mauri kehrt seine Wut nach innen, sie kratzt und ätzt in ihm. Eine Stimme sagt ihm, dass er wertlos ist ein Bluff, dass er bald über die Kante fallen wird, in die Welt, in die er eigentlich gehört.
Diddi sagt, ja, Scheiße, aber dann schiebt er das Fiasko anderen in die Schuhe, dem Aufseher bei der Prüfung, dem Prüfer, dem Typen, der vor ihm saß und heimlich gefurzt hat … Schuld sind einfach alle, nur er selber nicht. Dann kehrt seine Sorglosigkeit zurück.
Es dauert eine Stunde, bis Mauri begreift, dass Diddi nicht vermögend ist. Er hat immer geglaubt, dass Jungen aus der Oberklasse, vor allem adlige, in Geld schwimmen. Aber so ist das nicht. Als Mauri Diddi kennenlernt, lebt der praktisch von nichts und von seinem Studiendarlehen. Er wohnt in einer Wohnung auf Östermalm, aber die gehört einer Verwandten. Seine Hemden stammen aus dem Schrank seines Vaters, dem Vater sind sie schon seit langem zu klein. Er trägt sie achtlos geknöpft über T-Shirts. Er besitzt eine Jeans und zwei Paar Schuhe. Im Winter friert er, aber immer sieht er gut aus. Vielleicht ist er am hübschesten, wenn er friert. Wenn er die Schultern hochzieht und die Arme an den Leib presst. Dann muss man sich zusammenreißen, um ihn nicht in die Arme zu nehmen.
Woher Diddi das Geld nimmt, das er in Mauris Aktienspiel einsetzt, weiß Mauri nicht. Er sagt sich, das sei nicht sein Problem. Später, als Mauri begreift, wieso ein sturzbesoffener Diddi zur Toilette torkeln und frisch und munter zurückkehren kann, fragt er sich, auf welche Weise Diddi diesen Konsum finanziert. Er macht sich da so seine Gedanken. Einmal, als sie zusammen in einem Lokal waren, kam ein älterer Mann zu ihnen und fing ein Gespräch an. Aber er hatte kaum Guten Abend gesagt, schon war Diddi aufgesprungen und einfach verschwunden. Mauri hatte das Gefühl, dass es verboten war, nach diesem Mann zu fragen.
Diddi mag Geld. Sein ganzes Leben lang hat er Geld gesehen, hatte Kontakt zu Leuten mit Geld, nur selbst hatte er niemals welches. Sein Hunger ist gewachsen. Schon bald zieht er immer größere Anteile aus seinen Aktiengewinnen heraus. Jetzt ist Mauri derjenige, der mit den Schultern zuckt. Sein Problem ist das nicht. Diddis Anteil an ihrer kleinen Gesellschaft schmilzt.
Diddi fängt an, über längere Zeiträume zu verschwinden. Er fährt an die Riviera und nach Paris. Er hat die Taschen voll Geld.
Alle trifft es irgendwann. Bald wird Diddi an die Reihe kommen. Und Mauri wird Diddis Schwester kennenlernen.
Malou von Sivers: »Sie haben ihn ›Herrchen‹ genannt.«
Inna Wattrang: »Wir sind doch seine Haushunde.«
Mauri Kallis lächelt
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