Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
Handelshochschule hat in einem Interview gesagt, es sei Ihnen schon zuwider gewesen, Ihr Studiendarlehen auszugeben, ›es aufzufressen und dann auszuscheißen‹.«
Mauri Kallis: »Was für eine grobe Ausdrucksweise. Eine solche Sprache hätte ich niemals verwendet. Aber sicher, es stimmt schon. Ich hatte noch nie so viel Geld auf einmal bekommen. Und sicher steckt in mir ein Gründer. Geld soll arbeiten, investiert werden.« (Jetzt ist für einen Moment ein Lächeln zu sehen.)
»Ich war der totale Börsenfetischist. Bin mit Kopien von Aktienanalysen in der Tasche herumgelaufen.«
Diddi Wattrang: »Hast die Zeitung Affärsvärlden gelesen …«
Mauri Kallis: »Als die noch Biss hatte.«
Malou von Sivers: »Und dann?«
Mauri Kallis: »Ja, dann …«
Im Studentenheim wohnt Mauri Kallis auf einem Flur mit acht Zimmern, Gemeinschaftsküche und zwei Duschen. Einmal in der Woche kommt eine Putzfrau, trotzdem möchte man lieber nicht auf Socken über den Küchenboden laufen. Man spürt Krümel und Schmutz auch durch den Stoff, und hier und dort bleibt man an etwas Klebrigem hängen, das nicht richtig weggewischt worden ist, sondern einfach verdunsten soll. Stühle und Tisch sind aus vergilbtem Furnier. Klobig und schwer. Möbel, gegen die man aus irgendeinem Grund immer stößt. Man holt sich blaue Flecken an den Oberschenkeln, stößt sich die Zehen wund.
Auf dem Gang wohnen einige Mädchen, die viel zusammen sind und Feste besuchen, zu denen er niemals eingeladen wird. Anders, der Mauri genau gegenüber wohnt, trägt die angesagte Brille und studiert Jura, den sieht er manchmal in der Küche, aber die meiste Zeit verbringt er bei seiner Freundin.
Håkan ist groß und kommt aus Kramfors. Mattias ist groß und fett. Und dann er selbst, Mauri, ein magerer kleiner Hänfling. Was für eine Bande. Keiner von ihnen geht auf Feste. Und es hat auch keinen Sinn, selbst eins zu veranstalten, wen sollten sie schließlich einladen? Abends sitzen sie in Håkans Zimmer vor dem Fernseher und glotzen lustlos Pornofilme, mit Kissen auf den Knien, wie halbwüchsige Knaben.
So war es jedenfalls. Aber jetzt ist Mauri zum Börsenfetischisten geworden, und da ist er doch immerhin jemand. Nicht, dass er Kontakt zu den anderen hätte, die vor dem Monitor des Café Kopparporten herumhängen.
Er ist zu einem verbissenen Spieler geworden, lässt Vorlesungen sausen, liest abends mit brennenden Augen die Meldungen in Dagens Industri, statt zu studieren.
Es ist Fieber und Verliebtheit. Und ein Kick im System, der ihm sagt, dass er das Richtige tut.
Der erste Coup. Er weiß noch, was das für ein Gefühl war, wird es nie vergessen, es ist sicher wie bei der ersten Frau. Er kaufte vor der Fusion mit Artemis fünfhundert Aktien von Cura Nova. Dann schoss der Kurs gen Himmel. Zuerst gab es diesen Sprung, dann ging es weiterhin stetig bergauf, als andere Investoren einstiegen. Sie lagen weit hinter ihm zurück, er dachte schon ans Verkaufen. Er sagte nichts, wie viel er schon verdient hatte, zu niemandem. Ging hinaus. Stand unter einer Straßenlaterne und hob sein Gesicht in den fallenden Schnee. Gewissheit. Gespür. Ich werde reich werden. Das hier ist mein Ding.
Und als Zugabe hatte er sich mit Diddi angefreundet. Mit Diddi, der vor dem Monitor stehen bleibt, einen Blick auf die Kurse wirft und ein wenig plaudert, sich manchmal in den Vorlesungen zu Mauri setzt.
Ab und zu gehen sie feiern, Mauri schöpft fünfundzwanzig Prozent von Diddis Gewinnen ab, er ist schließlich kein Wohltätigkeitsunternehmen.
Er ist auch kein Trottel. Er weiß, dass das Geld ihm die Eintrittskarte in die andere Welt liefern kann.
Dann, wenn es so weit ist, sagt er sich. Für ihn ist das Geld die Eintrittskarte. Ein anderer hat ein hübsches Gesicht, ein Dritter Charme, ein Vierter einen Namen. Eine Eintrittskarte will er, alle Eintrittskarten kann man verlieren. Also muss man die festhalten, die man an sich reißen kann.
Es gibt Regeln. Unausgesprochene. Zum Beispiel: Diddi nimmt Kontakt zu Mauri auf. Diddi ruft an und fragt, ob Mauri mit ihm ausgehen möchte. Es geht nicht umgekehrt. Mauri würde nie auf den Gedanken kommen, sich die Freiheit zu nehmen und Diddi zu fragen.
Also wartet Mauri darauf, dass Diddi anruft. Es gibt Stimmen in ihm. Die ihm von anderen Kreisen erzählen, in denen Diddi verkehrt und zu denen er, Mauri, keinen Zugang hat. Schöne Freunde. Lässige Feste. Diddi ruft Mauri an, wenn er nichts anderes vorhat. Etwas, das Ähnlichkeit
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