Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
lächelt und schweigt. Dass sie nicht sagt, »ich mich auch« oder »du bist herrlich«. Er hat gelernt, wie leicht ihr solche Worte fallen. Er lässt ihre Hand los, ehe sie etwas sagen kann.
ANNA-MARIA MELLA ließ sich in Rebeckas Besuchersessel sinken. Es war Viertel nach zwei am Nachmittag.
»Wie geht es?«, fragte sie.
»Nicht so gut«, antwortete Rebecka mit einem angedeuteten Lächeln. »Ich schaffe einfach nichts.«
Und ich höre nichts von Måns, dachte sie und schielte zu ihrem Computer hinüber.
»Aha, so ein Tag. Man sortiert einen Papierstapel und macht drei daraus. Aber du warst doch heute Vormittag im Gericht?«
»Sicher, das ist gut gelaufen. Es ist nur das hier …«
Rebecka zeigte kurz auf Unterlagen und Papiere, die ihren Schreibtisch bedeckten.
Anna-Maria lächelte Rebecka schelmisch an.
»Verflixt«, sagte sie. »Jetzt nimmt dieses Gespräch einen ganz unerwarteten Verlauf. Ich wollte dich bitten, mir weiter bei Inna Wattrang zu helfen.«
Rebecka freute sich.
»Sehr gut«, sagte sie. »Bitte mich.«
»Bitte, sieh sie dir mal an. Ich meine, alles, was über sie registriert ist. Ich weiß nicht richtig, was ich suche …«
»Etwas Außergewöhnliches«, meinte Rebecka. »Geldströme. Egal, in welche Richtung. Plötzlicher Verkauf von Grundstücken. Soll ich auch ihr finanzielles Engagement bei Kallis Mining überprüfen? Ob sie als private Investorin eingestiegen war? Ob sie etwas auf eine Weise gekauft oder verkauft hat, die unsere Aufmerksamkeit verdient? Womit sie Geld gemacht oder verloren hat?«
»Ja, bitte«, sagte Anna-Maria und erhob sich. »Und jetzt muss ich mich ranhalten. Ich wollte zu dem Haus fahren, wo sie ermordet worden ist, und ich muss das schaffen, ehe es dunkel wird.«
»Darf ich mitkommen?«, fragte Rebecka. »Das würde mich interessieren.«
Anna-Maria schwieg und traf eine rasche Entscheidung. Natürlich hätte sie Nein sagen müssen, Rebecka hatte am Tatort nichts zu suchen. Außerdem bestand ja die Gefahr eines Zusammenbruchs, Was konnte die Konfrontation mit einem Mord in einem Ferienhaus nicht alles mit ihr machen? Das ließ sich doch nicht vorhersagen. Anna-Maria war keine Psychologin. Andererseits half Rebecka ihr bei den Ermittlungen. Sie verfügte über ein Wissen um wirtschaftliche Angelegenheiten, mit dem sich niemand in Anna-Marias Gruppe auch nur im Entferntesten messen konnte. Anna-Maria konnte ja nur davon träumen, jemanden von der Wirtschaftsabteilung loszueisen, der ein wenig Zeit aufbringen konnte und aufs Geratewohl nach etwas suchen würde, das Anna-Maria nicht einmal zu umschreiben in der Lage war. Außerdem war Rebecka ein erwachsener Mensch, der allein die Verantwortung für seine Gesundheit trug.
»Volle Kraft voraus«, sagte sie.
Anna-Maria Mella genoss die Fahrt nach Abisko.
Schöner als jetzt kann es gar nicht werden, dachte sie. Mit Schnee und Sonne und all denen, die mit dem Schneemobil unterwegs sind oder draußen auf dem See Ski laufen.
Rebecka Martinsson saß neben ihr und blätterte in den Unterlagen der Voruntersuchung, sie las und unterhielt sich gleichzeitig mit Anna-Maria.
»Du hast vier Kinder?«
»Ja«, antwortete Anna-Maria und erzählte bereitwillig.
Sie hat mich ja gefragt, dachte sie. Und da antworte ich.
Sie erzählte von Marcus, der kurz vor dem Abitur stand. Der ließ sich nicht sehr oft blicken.
»Aber ab und zu braucht er Geld. Und dann kommt er nach Hause und zieht sich um. Ich finde ja seine Kleider überhaupt nicht schmutzig, aber jedesmal wird unendlich geduscht und umgezogen und gesprayt. Jenny ist dreizehn, sie ist genauso. Petter wird nächste Woche neun, er spielt Bionicle und ist wirklich Mamas Kleiner. Ganz anders als die Älteren. Er geht nie zu irgendwelchen Freunden, sondern sitzt die ganze Zeit allein zu Hause. Aber du weißt ja, das ist auch nicht gut. Da macht man sich deshalb Sorgen.«
»Und dann hast du Gustav.«
»Mmm«, sagte Anna-Maria und konnte sich gerade noch verkneifen zu erzählen, wie Robert neulich versucht hatte, Gustav in den Kindergarten zu bringen. Es musste schließlich Grenzen geben. Nur andere Mütter fanden solche Episoden witzig.
Es wurde still. In der Nacht von Gustavs Geburt hatte Rebecka in Notwehr in einer Hütte draußen in Jiekajärvi drei Männer umgebracht. Sie war durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt worden, und wenn Anna-Marias Kollegen nicht rechtzeitig eingetroffen wären, wäre sie jetzt tot.
»Der so gern seine alte Mama küsst«, sagte
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