Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt

Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt

Titel: Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
Vom Netzwerk:
seines Bruders luden und wie sie dann in Kutukoski auf einen Felsen aufgelaufen sind und alle Schafe ertranken, und wie leicht sie auch selbst dabei hätten draufgehen können.
    Die Geschichte mit den ertrunkenen Schafen von Kutukoski kennen sie schon, aber Hjalmar und Tore verstopfen sich den Mund mit Essen und hören zu wie damals, als sie noch klein waren.
    »Und wo wir schon von Ertrinken reden«, sagt Johannes und schraubt den Vergaser ab. »Weißt du noch, im Herbst ’43, als wir auf dieses Transportflugzeug warteten und warteten, das niemals kam?«
    »Nein«, sagt Isak mit warnendem Unterton.
    Aber Johannes hat getrunken und überhört Warnsignale.
    »Das ist doch verschwunden. Ich habe mich immer gefragt, wo es wohl abgestürzt sein kann. Aber es kam aus Narvik. Ich habe mir immer vorgestellt, dass es sicher dem Torneälv folgen und über Jiekärvi und Alajärvi fliegen würde. Aber du hast ja Leute gefragt, die da oben wohnten, und niemand hatte ein Flugzeug gehört oder gesehen. Vermutlich, weiß du, haben sie sich verirrt und sind nach Süden in Richtung Taalojärvi geflogen, und dann ist es wohl irgendwie schiefgegangen, und sie haben eine Notlandung auf dem Övre Vuolusjärvi oder dem Harrijärvi oder dem Vittangijärvi versucht. Glaubst du nicht? Die ganze Besatzung muss abgesoffen sein wie die Ratten.«
    Tore und Hjalmar starren ihr Essen an. Kerttu steht an der Anrichte, hat ihnen den Rücken zugekehrt und scheint beschäftigt zu sein. Isak sagt nichts, er reicht Johannes den Achterschlüssel, damit der den Schwimmer lockern kann.
    »Ich habe es zu Wilma gesagt«, redet Johannes weiter. »Sie und Simon Kyrö tauchen doch, dass sie da etwas zum Tauchen hätten, wenn sie es finden könnten. Versucht es mal im Vittangijärvi, habe ich zu ihnen gesagt. Denn wenn es über dem Övre Vuolusjärvi abgestürzt wäre, hätten wir das doch sicher gehört. Und der Harrijärvi ist so klein. Irgendwo muss man mit dem Suchen doch anfangen, oder?«
    Er schraubt die Düse ab, nimmt sie zwischen die Lippen und pustet Metallspäne hinaus. Dann hält er sie gegen das Licht, das durch das Fenster hereinfällt. Schaut durch das kleine Loch, um nachzusehen, ob es sauber ist. Er schielt zu Tore und Hjalmar hinüber.
    »Ich war erst dreizehn, aber euer Vater hat mich mitgenommen. Damals musste man in dem Alter schon arbeiten.«
    »Was hat Wilma denn gesagt?«, fragt Isak leichthin, als ob ihn das eigentlich gar nicht interessierte.
    »Ja, sie war sofort Feuer und Flamme, wollte Karten von mir leihen.«
    Johannes’ Stimme klingt jetzt zufrieden. Es ist offenbar eine nette Erinnerung. Ein eifriges junges Mädchen, das sich dafür interessiert, was er erzählen kann. Ihre Finger, gemeinsam auf der Landkarte.
    Er legt den Filter in die mit Benzin gefüllte Dose. Wischt sich die Hände an der Hose ab und leert sein Glas.
    Aber statt nachzuschenken, dreht Isak den Verschluss auf die Wodkaflasche.
    »Danke für heute, Schluss für heute«, sagt er.
    Johannes schaut ein wenig überrascht drein. Sicher hatte er mit mehrmaligem Nachschenken gerechnet und den Motor wieder zusammensetzen wollen. So wie sonst immer.
    Aber er wohnt schon sein ganzes Leben im Dorf und hatte immer mit Isak zu tun. Er weiß, dass man zu gehorchen hat, wenn Isak »Feierabend« sagt.
    Er bedankt sich für den Wodka, geht mit unsicheren Schritten aus der Tür und tritt den Heimweg an.
    Kerttu steht stocksteif da, sie hat ihrer Familie den Rücken gekehrt, und ihre Hände liegen auf der Arbeitsfläche. Niemand sagt etwas.
    »Was ist los, Vati?«, fragt Tore.
    Isak hat sich am Küchentisch halbwegs aufgerichtet. Sein Gesicht ist weiß. Und dann fällt er. Ganz plötzlich. Stößt sich auf dem Weg zum Boden den Kopf an der Tischplatte.
    Tore steckt den albernen Umschlag mit dem Pachtgeld in die Tasche. Hjalmar denkt wie immer, dass das ganz schön viel Geld ist, das er niemals zu sehen bekommen wird. Er weiß nicht, wie viel die Firma einbringt. Er weiß nicht, wie viel Wald sie besitzen und was sie daran verdienen. Aber natürlich, schließlich hat Tore eine Familie zu versorgen.
    Das Porzellan klirrt, als Kerttu achtlos Teller, Besteck und Kaffeebecher in den Spülstein packt.
    »Zwei Söhne hat er«, sagt sie, ohne die beiden anzusehen. »Und was hat er nun davon?«
    Hjalmar sieht, wie diese Worte Tore treffen. Sie bohren sich in ihn hinein wie Messer. Er selbst war schon als Kind daran gewöhnt. Diese vielen Beschimpfungen. Wertlos, dumm, fett, Idiot. Das

Weitere Kostenlose Bücher