Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt
doch hergekommen sein. Und da fragt man sich eben, woher. Und ich frage mich, warum Leutnant Zindel den stellvertretenden Grubendirektor gebeten hat, Krekula von seinem Dreijahresvertrag zu entbinden. Warum gerade ihn? Es gab doch auch andere Fuhrunternehmer, die bei der Gesellschaft unter Vertrag standen.«
»Also?«
»Also ich weiß nicht«, sagte Rebecka seufzend. »Ich weiß nicht einmal, wie man vorgehen müsste, um festzustellen, was Isak Krekula für einer war oder was für Rechnungen er mit Walther Zindel zu begleichen hatte. Und außerdem würde uns das ja auch kein Stück weiterhelfen. Wenn wir erfahren, dass er zwielichtige Geschäfte betrieben hat, dann beweist das doch überhaupt nicht, dass Tore und Hjalmar Krekula etwas mit Wilma Perssons und Simon Kyrös Tod zu tun hatten.«
»Falls Simon Kyrö wirklich tot ist«, sagte Anna-Maria mechanisch.
»Natürlich ist er tot«, sagte Rebecka ungeduldig. »Sowie das Eis vom Vittangijärvi verschwindet, werden wir ihn finden.«
»Danke, ich habe mich sozusagen gezwungen, für alle Möglichkeiten offen zu sein. Dass er sie möglicherweise umgebracht hat.«
»Und dann Hjörleifur Arnarson ermordet? Wohl kaum, oder? Ich finde, wir folgen jetzt dieser Linie, unsere Mittel sind schließlich nicht unbegrenzt.«
»Wir können wohl nur warten«, sagte Anna-Maria. »Hoffen wir, dass die kriminaltechnische Untersuchung von Hjörleifur Arnarsons Körper oder seiner Wohnung oder der Kleider von Hjalmar und Tore Krekula etwas ergibt. Hoffen wir, dass die Tür und Simon Kyrö gefunden werden, wenn das Eis schmilzt, und dass die Tür Fingerabdrücke aufweist oder sonst was.«
Sivving räusperte sich und schaute Rebecka auffordernd an.
»Ich muss aufhören«, sagte Rebecka. »Wir sehen uns morgen bei der Besprechung.«
»Johannes Svarvare hat mir gesagt, dass Isak Krekula eine gute Woche vor dem Verschwinden von Wilma und Simon einen Herzinfarkt erlitten hat«, sagte Anna-Maria. »Und als er das gesagt hat, kam es mir so vor, als ob er noch mehr sagen wollte, aber irgendwas hat ihn daran gehindert.«
»Er hat Angst vor ihnen«, sagte Rebecka.
»Die Frage ist doch, ob er den Infarkt bekommen hat, weil er erfahren hatte, dass sie nach dem Flugzeug tauchen wollten. Etwas ist mit diesem verdammten Flugzeug. Es ist so ein verdammter Mist, dass wir poröses Eis haben, da kann man ja nicht tauchen. Wir müssen warten. Ich hasse warten.«
»Ich auch.«
»Und ich erst!«, verkündete Sivving und knallte den Topf mit den Kartoffeln auf den Tisch. »Ich hasse es, mit dem Essen zu warten, bis es kalt ist.«
Anna-Maria lachte.
»Was gibt’s bei euch denn heute Abend?«
»Geräucherten Hecht.«
»Geräucherten Hecht? Das hab ich noch nie probiert.«
»Lecker. Und bei euch?«
»Wir haben schon gegessen«, sagte Anna-Maria. »Gustav durfte aussuchen, und deshalb gab es ›Kreisbrei‹.«
»Aha«, sagte Sivving, als Rebecka aufgelegt hatte. »Wie läuft es denn bei euch?«
»Nicht so richtig«, sagte Rebecka. »Ich halte die Brüder Krekula für schuldig, aber …«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Wir können nur auf die technische Untersuchung hoffen.«
Sivving aß schweigend. Er hatte gehört, was sie über das Fuhrunternehmen der Krekulas und die Deutschen während des Krieges gesagt hatte. Er wusste schon, mit wem sie sprechen könnte, um das eine oder andere zu erfahren. Die Frage war nur, ob diese Person bereit wäre zu berichten.
Måns Wenngren sitzt in seiner Wohnung in der Floragata. Er hat alle Lampen gelöscht. Der Fernseher läuft und verbreitet seinen flackernden Schein. Es läuft eine »Seinfeld«-Episode, die Måns schon kennt.
Rebecka hat den ganzen Tag nicht angerufen. Auch keine SMS geschickt, nichts. Am Vorabend hat sie beides getan. Er hat nicht geantwortet. Sollte sie doch eine Nachricht hinterlassen.
Jetzt bereut er sein Schweigen. Aber es läuft doch immer alles nach ihren Prämissen. Sie will in Kiruna wohnen. Sie arbeitet und hat keine Zeit zum Reden.
Gestern. Er hatte ihr wohl klarmachen wollen, dass er nicht wie ein verliebter Trottel an der Stelle stehen bleibt, wo sie ihn abstellt.
»Ja, ich bin sauer«, sagt er laut zu seiner leeren Wohnung. »Und das nicht ohne Grund.«
Er legt das Telefon weg. Wenn sie morgen nichts von sich hören lässt, wird er anrufen.
»Aber ich werde nicht um Verzeihung bitten«, sagt er laut.
Er sehnt sich nach ihr. Er stellt sich vor, dass sie sich versöhnen werden und dass er am Wochenende hochfahren
Weitere Kostenlose Bücher