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Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt

Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt

Titel: Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
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dem Moped sitzt und ein Stück weitergefahren ist.
    Hjalmars Arme sind müde, und er ist schweißnass. Er ist jetzt ruhig. Er wird nie wieder weinen.
    Er öffnet die Autotür und durchsucht die Aktentasche, die vorne auf dem Beifahrersitz liegt. Tore ruft aus der Ferne, er hat Angst, irgendwelche Erwachsenen könnten auftauchen. Die Aktentasche enthält keine Brieftasche, sondern nur drei Mathebücher: Technos großes Rechenbuch, Praktische Arithmetik, Lehrbuch der Geometrie und ein Heft mit dem Titel Turning Points in Physics – a Series of Lectures Given at Oxford University. Hjalmar stopft sie unter seine Jacke, ja, nicht das Große Rechenbuch, das ist ganz einfach zu dick, das muss er sich unter den Arm klemmen.
    Hier verlasse ich sie. Segele mit den Luftströmungen. Aufwärts, aufwärts.

ICH LASSE STAATSANWÄLTIN Rebecka Martinsson und Hjalmar Krekula in Aktion treten.
    Rebecka Martinsson sitzt nach den Verhandlungen des Vormittags in ihrem Büro.
    Es ging um Fahren ohne Führerschein, um ein Verkehrsdelikt, eine Körperverletzung und einen Vertrauensbruch. Die Akten müssen sortiert werden, die Urteile verschickt. Sie weiß, wenn sie sich nur hineinkniet, dann wird es eine halbe Stunde dauern, mehr nicht. Aber sie will nicht. Ein grauer Widerwille erfüllt sie.
    Das Schneegestöber ist vorübergezogen. Eilig. Wie das im Gebirge eben so ist. Genau in dem Moment, wo es niemals ein Ende zu nehmen schien. Als der Wind riss und zerrte und der klebrige Aprilschnee sich den Leuten feucht und eisig unter die Kragen schob. Ja, da beruhigte sich das Wetter plötzlich. Die Wolken jagten weiter. Und der Himmel wurde hellblau und klar.
    Sie schaut ihr Mobiltelefon an. Hofft, dass der Mann anruft oder eine SMS schickt. Hinter dem Fenster scheint die Sonne auf Hausfassaden und Dächer, auf den vielen frisch gefallenen Schnee.
    Zwei Krähen setzen sich auf den Baum vor dem Fenster.
    Sie rufen und locken sie ins Freie. Auch wenn ihr das gar nicht bewusst ist.
    Menschen denken nicht über Vögel nach. Sie lassen sich die ganze Zeit von Vögeln mit großen Gefühlen erfüllen, ohne je zu überlegen, warum. Dass zwanzig kleine Vögel auf einer Spätwinterbirke einem mit ihrem Tschilpen und Trillern die Brust öffnen und das Glück hineinströmen lassen können. Hundegebell kann kein solches Gefühl erwecken. Und wenn sie den Blick zum Himmel hebt und eine Linie Zugvögel sieht. Diese vielen großen Gefühle. Wie dann, wenn Hunderte von Krähen sich an einem Sommerabend an einer Stelle versammeln und losschreien. Der Klageruf der Eule oder des Eistauchers in der Sommernacht. Oder wenn die Schwalbe zu ihren schreienden Jungen unter die Dachpfannen jagt.
    Und sie denken nicht darüber nach, woran es liegt, dass das Interesse an den Vögeln wächst, je älter die Menschen werden, je näher sie dem Tod kommen.
    Nein, man weiß nicht sehr viel, ehe man stirbt.
    Die Krähen rufen eifrig, und jetzt denkt Rebecka Martinsson, dass sie aus dem Haus und bei dem schönen Wetter spazieren gehen muss. Und sie denkt, dass sie schon lange nicht mehr das Grab ihrer Großmutter besucht hat. Gut. Schon ist sie aufgesprungen.
    Eine Krähenschar landet auf Hjalmar Krekulas Hofplatz. Ihre Schnäbel und Federn leuchten in der Sonne.
    Verdammt, die sind ja vielleicht groß, denkt Hjalmar, der sie durch das Fenster sieht.
    Er hat das Gefühl, dass sie ihm ins Gesicht starren. Als er auf die Vortreppe geht, weichen sie ein wenig zur Seite, aber keine von ihnen fliegt auf. Sie krächzen und kollern leise vor sich hin. Er weiß nicht, ob er das unangenehm oder wunderbar finden soll. Sie sehen ihn an.
    Ich werde Wilmas Grab besuchen, denkt er. Das kann doch niemand seltsam finden. Ich bin doch hier aus dem Dorf.
    Schnee auf dem Friedhof von Kiruna. Hohe Schneewehen zwischen den geräumten Gräbern und den Wegen. Es ist fast, wie durch ein Labyrinth zu gehen. Rebecka sieht sich um. Sie braucht eine Weile, um sich zu orientieren. Der Schnee lässt alles anders aussehen. Fast niemand hat seit dem Unwetter am Morgen schon ein Grab freigeschaufelt. Die Gräber liegen ganz und gar unter dem Schnee versteckt. Die Sonne lässt das viele Weiß funkeln. Die Birken bilden mit ihren schneeschweren hängenden Zweigen Torgänge.
    Normalerweise liest sie die Grabsteine, an denen sie vorübergeht, ihr gefallen die vielen alten Bezeichnungen: Vollbauer, Forstmeister, Kirchenkassenwart. Und die vielen alten Namen: Gideon, Eufemia, Lorentz.
    Das Grab der Großeltern ist

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