Rebella - Alpenblues & Huettenflirt
sicherheitshalber und blinzelte ein paar Tränen weg.
»Hier nicht, es ist voll warm in der Abendsonne. Komm, greif zu. Nachher müssen wir einen Abend mit Heimatmusik durchstehen.«
»Echt? Sagt wer?«, fragte Sara, bereits ein Stück warmes Brot im Mund.
»Leo. Gehört hier wohl zum Standardprogramm. Leider«, lachte Theresa. »Aber soll ich dir was sagen? Ich weiß schon, was ich anziehe.« Na, wer hätte das gedacht, ging es Sara durch den Kopf. Um ihre aufgefrischte Freundschaft nicht wieder zu gefährden, fragte sie interessiert: »Ich dachte, du stehst auf dieses Heimatzeugs. Was machst du mit deinen Haaren?«
»Ich versuch mal, Affenschaukeln zu flechten. Wenn’s nicht klappt, dann leihe ich mir vom Wirt ein Geschirrtuch und binde es um oder setze meinen Wanderhut auf.«
»Spitze«, meinte Sara.
»Soll ich dir auch Affenschaukeln flechten?«, bot Theresa freundlich an.
Sara lehnte erschrocken ab. »Nee danke, ein normaler Zopf ist mir folkloristisch genug. Ist doch kein Fasching, oder?«
»Weißt du, eigentlich ist diese volkstümliche Sache doch ziemlich kurz gekommen die ganze Zeit. Ich habe mir unsere Wanderung irgendwie anders vorgestellt. Authentischer halt.«
»Also, mir hat das ständige Gedudel auf den Hütten schon gereicht. Da war es überall zünftig genug: karierte Tischdecken, Blasmusik, ausgestopfte Tiere, Holzbänke und Blumen, also ich weiß nicht, was dir noch fehlt.«
»Na ja, die Partystimmung eben. So festzeltmäßig, wie man das von der Wiesn her kennt.«
»Ich schwöre, wenn ich noch einen Jodler oder eine Zither höre, dann stopfe ich mir original Bergwiesenheu in die Ohren. Obwohl ich es insgesamt super finde, bin ich froh, wenn wieder normale Musik aus dem Radio kommt.«
»Na, wir werden sehen. Ich esse lieber nicht so viel, sonst sieht die bauchfrei gebundene Bluse peinlich aus.«
Pah, bauchfreie Bluse, dachte Sara. Niemand interessierte sich für ihren Bauch, also konnte sie zuschlagen wie ein Scheunendrescher. Aber es war doch eindeutig ein gutes Zeichen, dass sich Theresa Gedanken über ihr Aussehen machte, ohne ein Wort über Toni zu verlieren. In Saras Augen war Theresa damit fast geheilt. Noch besser wäre freilich, sie würde jemanden finden, der sie über Toni hinwegtrösten könnte.
Sara ging in Gedanken die Jungs durch und landete schnell bei Nico und Daniel. Groß war die Auswahl ja nicht gerade. Hatte Theresa nicht erzählt, dass sie Nico mal süß gefunden und sogar ein bisschen für ihn geschwärmt hatte? Sie schielte unauffällig ans andere Tischende, wo schon wieder fleißig getextet wurde.
»Termiten reimt sich zwar auf Dolomiten, aber echt, wen interessiert das?«, schnaubte Nico gerade.
»Jetzt hör mal, das klingt cool:
Wenn du neben mir stehst, mit mir zur U-Bahn gehst, ey, dann spür ich die Termiten in mir wie damals in den Dolomiten mit dir
– das ist geil, sag ich«, versuchte Tim seine Idee zu verkaufen.
»Und ich sag, das ist Scheißdreck. Wir müssen was anderes finden, aber bei mir stehen die kompletten Dolomiten auf dem Schlauch. Hat nicht zufällig jemand ein Reimlexikon dabei?«, schimpfte Nico.
»Eremiten«, sagte Theresa unvermittelt, als hätte sie bemerkt, wie Sara über sie und Nico nachdachte.
»Ich hab’s: Die
Termiten jagen die Eremiten durch die Dolomiten «,
grölte Benno begeistert und erntete böse Blicke.
»Ich mach das mal allein, ihr seid voll die Loser«, erklärte Nico verstimmt, schnappte sich seinen Teller und verschwand um die Hausecke. Theresa schaute ihm nach.
»Der ist eigentlich ganz witzig, oder?«, meinte Sara und bemühte sich, nicht zu Luca und Sofia hinüberzuschauen.
»Schon, es ist nur, er ist halt – na ja, zu normal eben«, seufzte Theresa.
»Normal würde ich das nicht nennen, wenn einer so sensationell im Texten ist. Vielleicht wird er ja mal berühmt? Eine Art Bushido oder so?«
»Bushido? Bist du irre? Den finde ich total bescheuert!«
»Also, ich mein ja nur als Beispiel.«
Theresas Blick hing an der Ecke, hinter der Nico verschwunden war. »Ist halt nicht gerade volkstümlich, was er so macht, oder?«
»Jetzt sag bloß, du magst Toni nur, weil ihm Lederhosen stehen. Irgendwann hast auch du die Bergromantik satt, glaub mir. Vielleicht sollte Nico auf Schlager umsatteln, hilft das?«
»Also, echt, so oberflächlich bin ich auch wieder nicht. Aber es wäre echt der Hammer, mit Toni auf das Oktoberfest zu gehen, er in Lederhosen und ich im goldenen Dirndl, so wie Paris Hilton vor ein
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