Rebella - Verliebt oder was?
gäben uns Abschiedsküsse.
Das mache ich auch immer bei Benjamin, wenn ihm jemand
gefällt.
Das hat er gesagt.
Auch immer bei Benjamin. Wenn
ihm jemand gefällt.
Das bedeutet doch, dass ich Raoul gefalle?
Sonst würde er nicht
auch
sagen, oder?
Vorsichtig streiche ich mit dem Daumen über meine
Unterlippe. Natürlich ist sie längst wieder trocken, aber
trotzdem fühlen sich meine Lippen anders an als normalerweise.
Hier, genau hier, hat Raoul mich geküsst.
Durch mein Dauerlächeln kriege ich fast einen Krampf
in der Wange. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich dermaßen
verlieben könnte. Jetzt verstehe ich erst, was Lynn damit
meint, wenn sie vor Verliebtheit ganz krank ist. Mich macht
schon allein der Gedanke nervös, dass ich Raoul diese Woche
vielleicht wiedersehen werde. Und ich könnte heulen bei
dem Gedanken, ihn diese Woche nicht zu sehen.
Ich wälze mich auf die andere Seite. Ich bin noch viel zu
aufgeregt, um schlafen zu können.
In den letzten Tagen erkenne ich mich selbst kaum wieder.
Früher hätte ich Lynn am liebsten etwas angetan, wenn sie so hysterisch erklärte, nicht mehr ohne Mark oder Willem oder
Robin leben zu können. Das verliebte Getue fand ich einfach
nur albern. Warum um Himmels willen sollte man auf einem
Stück Papier ausprobieren, wie der Nachname eines Jungen
zum eigenen Vornamen passt? Man heiratet ihn ja doch nicht!
Lynn sagte immer, ich könnte das erst verstehen, wenn ich
mich mal richtig verlieben würde. Und sie hatte recht. Heute
habe ich mich dabei erwischt, wie ich mir ausgemalt habe,
dass Raoul und ich auf einem Fest wären – vielleicht so was
wie vorgestern Abend – und wie er mir dann den Arm um
die Schulter legte, während er irgendeine Geschichte über uns
erzählte.
»Und weißt du, was Marie da meinte?«, sagte Raoul in meiner
Fantasie. »Sie sagte doch glatt zu dem Typen, er solle vielleicht
mal versuchen, ein bisschen weniger er selbst zu sein,
wenn das sein echter Charakter wäre. Das hat sie gesagt.«
In meiner Fantasie mussten alle über Raouls Geschichte
lachen und Raoul gab mir einen Kuss auf die Stirn. »So ist
meine Marie.«
Ich drehe mein Kissen um, sodass die kühle Seite oben
liegt, und seufze tief. Ich bin VERLIEBT! Mit Großbuchstaben
und Ausrufezeichen.
Draußen ist es noch immer warm, aber hier in meinem
Zimmer ist es schön kühl. Lynn ist da. Ich sitze auf meinem
Bett, den Laptop auf dem Schoß. Auf der Homepage, die
Lynn mir neulich gezeigt hat, stehen lauter gute und praktische
Listen mit Tipps. Ich lese mir eine durch.
Fünf Dinge, die du wissen solltest, bevor er dein
Freund wird:
1. Wie ist sein Verhältnis zu seiner Mutter? Wie er mit ihr
umgeht, sagt sehr viel darüber, wie er im Allgemeinen
mit Frauen umgeht.
2. Wie denkt er übers Fremdgehen? Findet er es okay,
wenn ihr andere küsst, oder möchte er nicht mal, dass
du deinem besten Freund zur Begrüßung einen Schmatzer
auf die Wange gibst?
3. Wie viele Freundinnen hatte er vor dir?
4. Hat er noch Kontakt zu seinen Exfreundinnen? Wenn
nein, warum nicht?
5. Was heißt es seiner Meinung nach, eine Beziehung zu
haben?
»Warum um Himmels willen muss man wissen, mit wie vielen
Mädels er vorher zusammen war? Was für einen Unterschied
macht es, ob er nun gar keine oder zehn Exfreundinnen
hat?«
Lynn schaut von ihrer Zeitschrift auf. »Sorry. Was?«
Ich zeige auf meinen Laptop. »In dieser Liste steht, dass ich
erst wissen muss, wie viele Freundinnen er gehabt hat, bevor
er echt mein Freund wird. Das ist doch Quatsch?«
Lynn legt die Zeitschrift weg. Eine Gratisprobe Lipgloss
war darin, den sie sich jetzt alle paar Minuten auf die Lippen
schmiert.
»Na ja«, sagt sie. »Ich glaube nicht, dass das Quatsch ist. Im
Gegenteil, dazu habe ich so meine Theorie.«
Das wundert mich überhaupt nicht. Lynn hat zu so ziemlich
allem, was mit Liebe zu tun hat, eine Theorie. Am besten
macht sie später ihren Beruf daraus, obwohl ich keinen
Schimmer habe, was man werden kann, wenn man alles über
die Liebe weiß.
»Schieß los«, sage ich.
»Also.« Sie kreuzt die Füße unter den Oberschenkeln.
»Wenn er noch nie eine Freundin gehabt hat, ist das natürlich irgendwie toll, weil du dann seine allererste Freundin
sein kannst. Und niemand vergisst jemals seine allererste
Freundin.«
Sie sieht mich an, um zu schauen, ob ich ihrer Meinung
bin.
»Stimmt«, sage ich.
»Andererseits«, fährt sie fort, »wirst du ihm alles vorkauen
müssen. Dass du zum Beispiel
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