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Rebellen der Ewigkeit

Rebellen der Ewigkeit

Titel: Rebellen der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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verkürztem Ringfinger«, stöhnte Holmes. »Die Leute können sich ja nicht einmal Gesichter merken. Wieso sollte ihnen so ein Detail aufgefallen sein?«
    »Valerie hat es doch auch bemerkt«, protestierte Willis.
    »Ja, weil sie direkt davorsaß. Weißt du, wie meine Finger aussehen?« Er verbarg seine Hände unter der Tischplatte.
    Willis runzelte die Stirn. »Na, normal, nehme ich an.«
    »Das nimmst du an. Obwohl du meine Finger die ganze Zeit im Blickfeld hattest, ist dir nichts daran aufgefallen?«
    »Nicht, dass ich wüsste.« Willis zuckte ungeduldig mit den Schultern.
    Holmes hob seine linke Hand in die Höhe. »Siehst du’s jetzt?«
    Willis kniff die Augen zusammen. »Du hast eine Warze am Ringfinger.«
    »Siehst du?«, triumphierte Holmes. »Die habe ich, seit ich zurückdenken kann, aber dir ist sie bisher nicht aufgefallen. Weil du nicht darauf geachtet hast. Und so geht es den meisten Menschen.«
    »Holmes hat recht«, bestätigte Andersen. »Es könnte tatsächlich sehr schwierig werden.«
    »Na schön.« Willis spürte, wie er langsam müde wurde, und unterdrückte nur mit Mühe ein Gähnen. »Wie machen wir also weiter?«
    »Ich war noch nicht ganz fertig«, bemerkte Valerie.
    Sofort besaß sie wieder die ungeteilte Aufmerksamkeit der Runde.
    »Natürlich habe ich auch das Gesicht der Frau gesehen. Zwar nur kurz, aber das reichte aus. Ich habe nämlich ...« Sie schwieg und räusperte sich erneut. Dann gab sie sich einen Ruck. »Ich weiß, es klingt irgendwie blöd, aber ich habe so etwas wie ein fotografisches Gedächtnis. Das funktioniert zwar nicht immer, aber in diesem Fall schon. Ich sehe die Frau noch vor mir, so als wäre es erst gestern gewesen. Wenn wir so ein Programm hätten, mit dem man Phantombilder erstellen kann, dann könnte ich es sicher rekonstruieren.«
    Sie ließ sich in ihrem Sitz zurückfallen und atmete tief durch. Willis spürte, welche Anstrengung es sie gekostet hatte, so viel über sich preiszugeben. Im Gegensatz zu ihm war Valerie ein sehr privater Mensch. Aber sie war ja auch nicht in einer Gruppe von acht Gleichaltrigen aufgewachsen, in der Privatheit ein absoluter Luxus war.
    »Das ist ja fantastisch!«, rief Karelia. »So ein Programm lässt sich doch sicher leicht beschaffen, oder, Holmes?«
    Der bleiche Junge nickte. Er schien seinen Widerstand aufgegeben zu haben. Mit zwei Handgriffen hatte er seinen Roll-up-PC aufgebaut und ein paar Kommandos eingegeben. Dann schob er den Rechner zu Valerie hin.
    Willis beugte sich vor, um besser sehen zu können. Das Programmfenster enthielt eine leere Hauptfläche, an deren linker Seite Symbole für Gesichtsbestandteile in kleinen Grafiken aufgelistet waren: Kopfform, Stirn, Haare, Augen, Nase, Ohren, Mund und Bart. Valerie klickte auf das Kopfform-Symbol, und unter dem Hauptfenster erschien ein weiteres Fenster, in dem man durch unterschiedliche Formen scrollen konnte.
    Es dauerte nicht lange, und sie hatte mithilfe der vorgegebenen Elemente ein komplettes Porträt zusammengestellt. Es war eine Frau mit schulterlangen dunklen Haaren, schmalem Gesicht und dünnen Lippen.
    »Das ist sie«, stellte Valerie fest.
    »Ausgezeichnet«, sagte Karelia. »Damit können wir arbeiten. Wir werden gleich morgen mit der Suche beginnen. Kannst du das in ein Foto umsetzen, Holmes?«
    Er nickte. »Kein Problem.«
    »Die Leute können meistens besser mit einem Foto umgehen als mit einer Zeichnung«, erklärte Karelia. »Holmes wird uns aus der Skizze Fotos machen, mit denen wir dann losziehen.« Sie blickte Andersen an. »Kommst du mit?«
    Der Journalist spreizte die Hände. »Tut mir leid, ich kann leider nicht. Ich habe den ganzen Tag Termine.«
    Karelias Blick wurde prüfend. »Du musst mir noch ein bisschen mehr darüber erzählen, was du so machst.«
    »Kein Problem. Wann du willst.«
    »Gleich vielleicht?«
    Andersen schien überrascht. »Wie, jetzt meinst du? Mitten in der Nacht?«
    Karelia nickte. »Warum nicht? Holmes muss noch die Fotos ausdrucken, damit wir morgen früh direkt loslegen können. Und Valerie und Willis sind sicher müde. Da könnten wir uns noch ein wenig unter vier Augen unterhalten.« Willis wollte protestieren. Er war kein kleiner Junge, den man vorzeitig ins Bett schicken musste! Aber Valerie legte ihm die Hand aufs Bein und bedeutete ihm zu schweigen.
    »Warum hast du das gemacht?«, fragte er, als sie wenig später vor der Tür standen und auf das Taxi für Valerie warteten. Holmes war bereits in Karelias Büro

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