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Rebellen: Roman (German Edition)

Rebellen: Roman (German Edition)

Titel: Rebellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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zu.
    Der Reifen ist voll aufgeblasen. Er drückt von innen gegen ihren Brustkorb, und sie muss um jeden Atemzug kämpfen. Eine eiserne Faust presst sich in ihr Kreuz, eine eiserne Faust mit Nägeln gespickt, ein Morgenstern. Der Druck erfüllt nun ihren ganzen Oberkörper und die Arme. Noch nie in ihrem Leben hat sie eine solche Angst gehabt.
    Ihr Herz schlägt, als wolle es durch Brust und Hals ins Freie.
    Jetzt hat sie die Fläche vor dem Rednerpult erreicht. Sie sieht das Gesicht des Bundestagspräsidenten, und es kommt ihr vor, als habe er es zu einer höhnischen Fratze verzogen.
    Sie geht noch drei Schritte, dann lässt sie die beiden Blätter ihrer Rede fallen.
    »Frau Kollegin, ist Ihnen nicht gut?« Sie hört die Stimme des Präsidenten wie aus weiter Ferne.
    Der Saal ist so groß.
    Verwundert dreht sie sich um. Das weiße Licht, das durch die Kuppel fällt, erschien ihr noch nie so hell. Und die Paukenschläge! Merkwürdig. Noch nie hat sie diese wuchtigen Paukenschläge im Plenarsaal gehört.
    Im gleichen Rhythmus wie mein Herzschlag.
    Sie merkt nicht, wie sie langsam zusammensinkt. Sie hört nicht, wie der Präsident nach einem Arzt ruft. Sie hört nicht den gehässigen Kommentar eines Kollegen, da habe wieder mal jemand zu viel gesoffen.
    »Die Sitzung ist unterbrochen«, ist der letzte Satz, den sie hört. Sie denkt noch: Es stimmt nicht, es gibt keinen rückwärtslaufenden Lebensfilm. Die Enttäuschung darüber ist die letzte ihres Lebens.
    Dann ist es vorbei.

Erster Teil
Ein neuer Auftrag
    Das Foto zeigte seine Frau auf dem Rücken liegend, die Augen geschlossen und den Mund geöffnet. Ihre Beine hatte sie gespreizt, sodass der Kerl im Anzug gerade dazwischenpasste, Hose und Unterhose nur so weit heruntergezogen, wie es notwendig war. Die Frau trug eine sommerliche Bluse. Der Rock war hochgerutscht, er lag wie ein Gürtel um ihre Taille. Man sah einen weißen Strumpfhalter auf der Haut ihres Oberschenkels.
    Körner stieß ein Knurren aus, wie Georg Dengler es aus keiner menschlichen Kehle je gehört hatte und das eher zu einem angeschossenen Bären gepasst hätte als zu seinem Klienten.
    Auf dem zweiten Foto, nur Sekunden nach dem ersten geschossen, streckte die Frau beide Beine in die Luft. Mit ihrem rechten Arm hielt sie den Mann im Anzug umschlungen, drückte ihn zu sich heran, ihre linke Hand ruhte auf seiner Schulter. Der Mann trug noch immer seinen Hut und weiße Boxershorts mit braunen Streifen.
    Der Ton, den Körner nun ausstieß, klang nicht mehr nach einem Bären, sondern glich dem Fiepen eines zu Tode erschrockenen Welpen.
    Auf dem dritten Bild saß das Paar auf der Wiese in einer kleinen Waldlichtung. Der Mann hatte ein Glas Rotwein in der Hand. Körners Frau stützte sich mit der rechten Hand auf dem Boden ab und sah ihn verträumt an. Wieder fiepte Körner auf diese unmenschliche Art. Er steckte das Bild unter den Stapel mit den Fotografien, die er in der Hand hielt, und betrachtete die nächste Aufnahme. Die Gesichtszüge des Mannes waren gut zu erkennen. Er trug noch immer seinen Hut, hatte jedoch den Krawattenknoten gelockert. Er kniete hinter Körners Frau und nahm sie von hinten. Sie sah genau in die Kamera, und ihr Gesicht vermittelte hoch konzentrierte Aufmerksamkeit, so als lausche sie einer Symphonie von Mahler.
    Von Körner kam nun kein Geräusch mehr. Er betrachtete das Bild. Ließ es zu Boden fallen. Betrachtete das nächste. Dann das nächste. Und noch eins. Immer schneller arbeitete er sich durch den Stapel von Fotos, den Georg Dengler ihm gegeben hatte. Dann warf er sie in die Luft und drehte sich um. Er ging zum Fenster und starrte hinunter auf die Wagnerstraße. Zweimal schlug er mit der Faust gegen die Wand und griff in die Holzjalousie, die Georg Dengler erst am Mittwoch hatte anbringen lassen, zog daran und stieß erneut dieses Fiepen aus.
    »Lassen Sie es gut sein, Körner«, sagte Dengler, »lassen Sie Ihre Wut nicht an meiner Jalousie aus.«
    Er erhob sich von seinem Schreibtischstuhl und öffnete den Schrank hinter sich. Hier verwahrte er immer eine Flasche guten Cognacs – für Fälle wie diese. Mit zwei Gläsern in der Hand ging er zu Körner hinüber, dessen rechte Hand sich noch immer in der Jalousie vergraben hatte. Dengler stellte ein Glas ab und löste vorsichtig Körners Finger aus den Holzlamellen.
    »Gran Canaria? Auf Gran Canaria war sie?«, fragte Körner, und Dengler nickte. Seine Frau hatte ihm gesagt, sie fahre für einige Tage zu ihrer Schwester

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