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Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Rebellin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce
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mit kalten, nassen Kompressen auf dem Gesicht verbracht hatte, schmerzte es immer noch wie verrückt. »Hoffen wir es. Und die Verletzungen?«
    »Die Schwellung am Kopf lässt bereits nach, die am Knöchel auch. In zwei Monaten wird sie, so Gott will, nicht einmal mehr hinken.«
    »Gott sei Dank«, murmelte Byron, doch in seiner Stimme lag mehr als nur Dankbarkeit. Es erschien ihm so ungeheuerlich verkehrt, dass sie überhaupt verletzt war. Er konnte fast nur Zorn empfinden.
    Dr. Merrick nahm die Augengläser ab und wischte sie mit einem Taschentuch. »Sie ruft ständig nach jemandem, Euer Gnaden.« Seine Miene verhieß, dass er durchaus eine Vorstellung hatte, nach wem sie rief, auch wenn er das nicht laut gesagt hätte.
    »Ich weiß«, sagte Byron kurz angebunden. Er hatte das Einhorn-Zimmer nicht mehr betreten, seit Mrs. Peasebody berichtet hatte, dass Victoria kurz bei Bewusstsein gewesen war.
    Der Doktor seufzte, setzte die Augengläser auf die Nase zurück und sah Byron mit schief gelegtem Kopf an. »Sie sollten wieder kalte Kompressen auflegen, Euer Gnaden.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Byron. »Danke, Dr. Merrick. Mrs. Peasebody wird nach Ihnen schicken, falls wir Sie vor morgen noch einmal brauchen.«
    »Ja, ja«, murmelte der Doktor, der immer noch Byrons Gesicht begutachtete. Dann schüttelte er ein wenig den Kopf und schlurfte die Treppe hinunter zu dem Schlafzimmer, das für ihn hergerichtet worden war.
    Als der alte Mann außer Sicht war, lehnte Byron sich sofort an die Tür. Drinnen hörte er leises Stimmengemurmel, Mrs. Peasebodys beständigen Redefluss und dazwischen Annies zögerliche Erwiderungen. Die Stimme, die er hören wollte, war nicht dabei. Die Stimme, die zuletzt ihn und alles, was er ihr bieten konnte, zurückgewiesen hatte. Dann wird es auch keine Woche geben!
    Konnte diese gallige zornige Stimme dieselbe belegte, wirre Stimme sein, die in Opiumträumen nach ihm rief? Er schüttelte den Kopf, ließ ihn an die Tür sinken. Er konnte dem jetzt nicht nachgehen. Nicht mit diesem Schmerz im Gesicht, der sich in seine Überlegungen schob und sie zunichte machte, bevor sie Gestalt annehmen konnten. Er wusste nur, dass er ihrem Ruf nicht folgen konnte. Wenn das Fieber sank und ihr Verstand nicht mehr von Drogen umnebelt war, würde er sich eine weitere Abfuhr einfangen, so klar und deutlich wie die erste, und dem würde er sich nicht aussetzen. Nicht schon wieder.
    Er schloss die Augen gegen das Brennen in seinem Gesicht und in seinen Eingeweiden. Nein, was immer er tat, er würde nicht zulassen, dass sie ihn zu sehen bekam.
     
    Die Albträume schwebten immer noch in Fetzen um ihr Bett, als Victoria endlich die Augen aufschlug. Der Raum war in tiefe Dunkelheit gehüllt, und sie brauchte eine Weile, bis sie wusste, wo sie war. Sie erinnerte sich an besorgte Dienstboten, einen weißhaarigen alten Mann mit nachdenklichem Gesichtsausdruck, an warme Brühe mit etwas Bitterem darin, das ihr den Schmerz vertrieb und wirre Träume bescherte. Und davor – der Stoß, der sie vom Höhenweg hatte stürzen lassen. Ihr eigener Stoß. Und an den Ausdruck auf Raeburns Gesicht, als sie sich losgerissen hatte …
    Sie stieß die schweren Decken fort, schob die in Stoff gehüllten Ziegel weg und ließ die gesegnete kühle Nachtluft ihre nackte Haut streicheln. Ihr Kopf pochte dumpf, wenn sie sich bewegte. Ihre Hüfte und ihr rechter Knöchel schmerzten beständig und unheilvoll, doch ihr Geist war klar, und ihre Augen, die sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt hatten, machten vage Umrisse aus, schwärzere Schatten und kohlegraue Flecken, aus denen sie das Bild des Zimmers zusammensetzte.
    Dann eine Regung in der dunkelsten Ecke des Raums, mehr gefühlt, als gehört oder gesehen. Sie strengte die Augen an, aber das Schwarz schluckte alles. Doch unter dem Geruch aus Kampfer, Lampenöl und kalter Asche schien ein Hauch von Sandelholz zu liegen.
    »Raeburn«, sagte sie, und der Name kam wie ein Atemhauch über ihre Lippen. »Sie sind gekommen.«
    Irgendetwas tat sich im Schatten, ein Erstarren oder eine Bewegung, die Victoria am Anfang gar nicht als solche wahrnahm. Dann folgte Stille, dünn und angespannt.
    Und dann nichts mehr.
    Einen langen Moment lang verharrte sie starr, wagte kaum zu atmen. Aber da war nichts als die undurchdringliche Dunkelheit, die sie umfangen hielt und mit ihrem Gewicht niederdrückte. Sie kämpfte Sekunde für Sekunde dagegen an, doch langsam, unausweichlich glitt sie ins Vergessen

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