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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Anderson
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Gebüsch und wartete starr vor Angst. Bestimmt hatte Mrs Waverly sie durch das Fenster klettern sehen und kam jetzt, um nach dem Rechten zu sehen. Gleich würde sie »Haltet den Dieb!« rufen.
    Doch Klinge hörte nur das ferne Trällern einer Lerche und durch die Äste des Busches sah sie die leere Auffahrt. Ungeschicktstand sie auf, drückte mit der Hand das Tagebuch an die Brust und trat hinter dem schützenden Gebüsch hervor. Sie eilte an der Rückseite des Gebäudes entlang und bog um die Ecke. Vor ihr stand Pauls Auto.
    Doch die Türen waren abgeschlossen, und Paul hatte die Schlüssel. Sie musste einfach selbstbewusst so tun, als sei sie eine ganz gewöhnliche, wenn auch etwas seltsam gekleidete Touristin, und warten, bis Paul mit der Besichtigung fertig war.
    Sie klopfte sich den Kies von den Knien, kämmte sich mit den Fingern die Haare und zog Heides Tagebuch aus dem Kittel. Dann ging sie, als sei es die normalste Sache der Welt, zur nächsten Bank, setzte sich und begann zu lesen.
     
    »Klinge?«
    Paul klang nicht nur überrascht, sondern wie vom Donner gerührt. Klinge sprang erschrocken auf. »Entschuldige«, rief sie, ohne nachzudenken.
    »Wie … wie hast du das denn gemacht?«, fragte er. »Ich dachte, du hättest keine Kraft mehr zum Zaubern.«
    »Ich auch. Aber als ich dann versuchte, dass Tagebuch aus dem Regal zu bekommen«, sie schnippte mit den Fingern, »da ist es einfach passiert.«
    Pauls Blick wanderte an ihr hinunter zu dem Buch in ihrer Hand. »Wenigstens hast du gefunden, weswegen du gekommen bist«, sagte er. »Hast du schon etwas Interessantes gelesen?«
    »Noch nicht«, musste Klinge zugeben. Paul schloss das Auto auf und verfrachtete sich und den Rollstuhl nach drinnen. »Bisher hat Heide nur verschiedene Leute kennengelernt und Bälle besucht und so weiter. Und du?«
    »Die haben hier eine tolle Sammlung niederländischer Meister«, sagte Paul begeistert, als Klinge sich auf dem Beifahrersitzniederließ. »Und außerdem einige Wrenfields, darunter das Porträt einer Frau namens Jane Nesmith. Die Führerin sagte …«
    Er warf Klinge einen Blick zu, die das Tagebuch wieder aufgeschlagen hatte. »Egal. Du willst lesen.«
    »Nein, sprich ruhig weiter.« Klinge blätterte zu der Stelle, an der sie aufgehört hatte. »Was wolltest du erzählen?«
    »Von dieser Frau, Jane. Wrenfield ist ihr offenbar auf der Straße begegnet und wollte sie unbedingt malen. Sie wurde bald sein Lieblingsmodell und schließlich seine Geliebte. Die beiden waren drei Jahre zusammen, und in dieser Zeit hat er mehr und besser gemalt als je zuvor. Aber als sie ihn verließ, brach er zusammen.«
    »Warum hat sie ihn verlassen?«, fragte Klinge.
    »Das weiß niemand.« Paul ließ den Wagen an und fuhr rückwärts aus der Parklücke und auf die Einfahrt. »Einige Kunstgeschichtler meinen, Wrenfield sei ihr untreu gewesen oder Jane habe selbst einen Geliebten gehabt. Andere glauben, er habe sie geschlagen. Er war für sein heftiges Temperament berüchtigt. Einer anderen Theorie zufolge soll er schon damals Laudanum genommen und die Hälfte der Zeit teilnahmslos dagesessen haben. Seine erfolgreichsten Bilder wurden nach dieser Theorie von Jane fertiggemalt.« Paul grinste. »Das gefällt mir, auch wenn ich es nicht so recht glauben kann. Fest steht jedenfalls, dass Wrenfield nach Janes Verschwinden nicht mehr der Alte war.«
    »Mhm«, murmelte Klinge und blätterte eine Seite um.
    »Aber eins weiß man nicht«, fuhr Paul fort. Sie fuhren die von Bäumen gesäumte Straße entlang. »Warum er überhaupt angefangen hat, Feen zu malen.«
    Klinge unterdrückte einen Schrei.
    »Was ist?«
    Klinge senkte das Buch und starrte durch die Windschutzscheibeauf die Straße vor ihnen. »Heide hat gerade Philip Waverley kennengelernt.«
    »Wirklich? Was schreibt sie über ihn?«
     
    Alle Welt spricht nur gut von ihm. Er ist sehr liebenswürdig und zeigt nicht die geringste Neigung zur Melancholie oder Übellaunigkeit. Ich hätte ihn nicht für einen Dichter gehalten, doch in Wirklichkeit ist er ein sehr guter. Er schenkte mir ein Exemplar seiner Sonette auf einen englischen Garten, das ich seitdem immer bei mir trage.
     
    »Heide mag seine Gedichte«, sagte Klinge abwesend. Sie hatte Schwierigkeiten, gleichzeitig zu lesen und zu reden. »Und sie hofft, dass sie sich wiedersehen, damit sie darüber sprechen können.« Sie verstummte. Zu sehr nahm sie gefangen, was sie las.
    »Und hat sie ihn wiedergesehen?«, fragte Paul

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