Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Anderson
Vom Netzwerk:
an seine Brust und lauschte auf seinen seltsam langsamen Herzschlag. Sie wusste, es war nicht klug, ihm so nahe zu kommen, und alles in ihr warnte sie davor – doch zugleich wollte sie den Augenblick auskosten, weil niemand mehr sie so halten würde, wenn sie wieder auf ihre eigentliche Größe geschrumpft war.
    »Ist gut«, murmelte sie.
     
    »Sieh mal«, sagte Paul, »wir sind fast zu Hause.«
    Vor ihnen machte die Straße die vertraute S-Kurve. Auf der einen Seite lag der Wald, dahinter der steinerne Brückenbogen. Über den Wipfeln der Bäume sah Klinge sogar schon die obersten Äste der Eiche. Sie spürte einen Stich in der Brust. Ihre Zeit mit Paul und der Zauber, der sie möglich gemacht hatte, näherten sich dem Ende.
    »Halt an«, sagte sie. »Ich muss dir was sagen.«
    Paul blickte über die Schulter und lenkte den Wagen an den Straßenrand. Lose Steinchen flogen gegen die Räder und landeten im weichen Gras. Sie hielten im Schatten der Bäume. »Ja?«, fragte er, legte den Ellbogen auf das Lenkrad und wandte sich ihr zu. »Was ist?«
    Klinge starrte auf das Tagebuch in ihrem Schoß. Der erste Schock über die Entdeckung, dass Feen früher Menschen geheiratet und sogar Kinder mit ihnen gehabt hatten, hatte sich gelegt, und sie fühlte sich seltsam ruhig. Sie wusste, was sie sich selbst und Paul schuldig war. »Wir haben doch überlegt, dass wir die nächsten beiden Tage zusammen verbringen – aber das geht nicht. Ich muss zur Eiche zurück und den anderen von dem Tagebuch berichten.«
    »Ist das alles?« Paul klang erleichtert. »Kein Problem. Gib mir einfach Bescheid, wenn …«
    »Nein.« Sie klang ruhig und entschlossen. »Du hast mir so viel gegeben, Paul, und ich werde nie vergessen, was du heute für mich getan hast. Aber ich kann dich nicht weiter treffen. Die Königin hat mich schon einmal erwischt – das nächste Mal wird sie mir nicht so leicht verzeihen. Außerdem gehöre ich zu meinem Volk, so wie du zu deinem.«
    Paul sah sie ungläubig an. »Soll das heißen … dass wir uns nie wieder treffen werden?«
    Klinge schloss die Augen. Wenn sie ihn nur nicht anzusehenund den Kummer in seiner Stimme zu hören bräuchte! Alles wäre viel leichter, wenn sie so tun könnte, als sei er gar nicht da. »Ja«, sagte sie, »genau das.«
    »Ich dachte, wir seien Freunde.« Die Worte klangen bitter. »Nach allem, was passiert ist und wir füreinander getan haben. Zählt das gar nichts?«
    »Doch, natürlich!« Klinge umklammerte das Tagebuch mit beiden Händen und wünschte wieder, sie hätte es nie entdeckt und nie gelesen. »Du bist mein Freund.« Sie senkte die Stimme. »Mein bester Freund.«
    »Ja?« Paul klang nicht mehr bitter. »Aber dann …«
    »Verstehst du denn nicht? Das ist doch der Grund! Es ist nicht richtig, Paul, und es passt nicht zusammen. Du bist ein Mensch und ich eine Fee …« Und wenn der Zauber nachlässt, bin ich wieder zwanzig Zentimeter groß.
    »Ich weiß«, sagte er. »Aber ich weiß noch etwas.« Er beugte sich zu ihr und sah sie eindringlich an. »Ich habe dir das mit Alfred Wrenfield aus einem ganz bestimmten Grund erzählt. Jane war seine Inspiration und Muse, und du bist dasselbe für mich. Wenn du da bist, kann ich zeichnen und malen. Ich kann Bilder in meinem Kopf einfangen und zu Papier bringen, wie schon seit Jahren nicht mehr. Wenn du mich verlässt …«
    »Nicht!« Klinge wich vor ihm zurück. »Mach’s mir nicht noch schwerer, Paul. Ich muss mich in der Eiche um ein Kind kümmern und um Freundinnen, die meine Hilfe brauchen. Die Königin verlässt sich darauf, dass ich weitere Feen finde, denn sie glaubt, dass unser Volk nur so überleben kann – und ich weiß jetzt, dass sie recht hat.« Klinge fuhr sich mit den Händen durch die Haare und ballte sie zu Fäusten. »Ich finde deine Bilder toll und ich … ich wünschte, ich könnte dir helfen. Aber die Feen brauchen meine Hilfe noch mehr.«
    »Also gut«, sagte Paul überraschend ruhig.
    Überrumpelt ließ sie die Hände sinken. Er war mit dem Gesicht dicht an sie herangekommen. »Ich lasse dich gehen«, fuhr er fort, »und ich verlange nichts von dir. Nur …«
    »Ja?«, fragte Klinge schwach. Ihr Herz fühlte sich an, als wollte es aus der Brust ausbrechen, und ihre Lungen waren offenbar auf Feengröße geschrumpft.
    »Das.« Er schlang den Arm um sie und drückte ihr den Mund auf die Lippen.
    Sie hatte in den Büchern, die Amaryllis verbrannt hatte, von Küssen gelesen und sie für einen sonderbaren Brauch

Weitere Kostenlose Bücher