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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Anderson
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Finger. Mit einem Aufschrei wich sie zurück – und stürzte vom Regalbrett ab.
    Sie fing sich mit den Flügeln auf, noch bevor sie eine Spatzenlänge gefallen war, und presste die Lippen zusammen, doch war die Unruhe nicht unbemerkt geblieben. Vom Gang näherte sich ein tapsendes Geräusch, und im nächsten Augenblick trottete ein untersetzter Hund mit einem runzligen Gesicht herein. Klinge, die vor dem Regal in der Luft schwebte, rührte sich nicht. Der Hund lief auf sie zu, und ein fragendes Knurren stieg in ihm auf.
    »Braver Hund«, flüsterte Klinge – doch das war ein Fehler. Der kleine Hund begann, wie verrückt zu bellen, sprang in die Höhe und versuchte vergeblich, sie zu erreichen. Klinge hielt sich mit den Händen die Ohren zu und flog zum obersten Regalbrett hinauf, wo sie von dem bellenden Hund so weit wie möglich entfernt war.
    »Still, Yahtzee!«, schimpfte die Stimme einer Frau draußen im Gang. Klinge sah sich in Panik nach einem Versteck um. Die Regale waren alle voll, die Schränke abgeschlossen. Unter den Sesseln war kein Platz, die Vase war zu niedrig …
    »Was hast du denn, du dummer Hund?« Eine kleine, elegant gekleidete Frau mit einer hochgesteckten Frisur eilte herein, bückte sich und packte den bellenden Hund am Halsband. Offenbar war sie die Hausherrin. Klinge verließ der Mut.
    Die Frau redete dem Hund gut zu und wollte ihn zur Tür ziehen, doch er strebte kläffend in die entgegengesetzte Richtung zu Klinges Versteck. Stirnrunzelnd hob die Frau ihn auf und kam einige Schritte näher, bis sie so dicht vor Klinge stand, dass Klinge ihr Parfüm riechen konnte. Sie blickte durch das Fenster auf den Rasen, und plötzlich hellte sich ihre Miene auf. Sie hielt den Hund hoch. »Diese frechen Eichhörnchen!«, flötete sie. »Am liebsten würdest du denen eine Lektion erteilen, was? Aber nicht heute, also komm und sei brav.« Sie drückte das Hündchen zärtlich an sich, marschierte mit ihm hinaus und machte die Tür hinter sich zu.
    Klinge ließ den Vorhang los, hinter dem sie sich in letzter Sekunde versteckt hatte, sank auf den Fenstersims und lehnte den Kopf an die kalte Scheibe. Sobald ihr Herz sich ein wenig beruhigt hatte, stand sie auf und kehrte zu dem Bücherregal zurück.
    Das Tagebuch stand ganz am Ende der Bücherreihe. Es sah wie ein ganz gewöhnliches kleines Buch aus, nur dass von seinem Rücken ein schwaches Leuchten ausging. Vorsichtig und auf einen zweiten Schlag gefasst, streckte Klinge die Hand aus – doch als sie es berührte, erlosch das Leuchten, und sie konnte die Hand darauf liegen lassen, ohne dass etwas geschah. Sie hatte Heides Tagebuch gefunden.
    Es gab nur ein Problem und sie hätte sich ohrfeigen können, weil sie es nicht bedacht hatte. Das Tagebuch war so groß wie ein menschliches Buch und damit größer als sie selbst. Wie sollte sie es aus dem Regal ziehen, geschweige denn unbemerkt aus dem Haus schleusen?
    Sie blickte vom Regal zum Fenster und wieder zurück. Vielleicht konnte sie das Fenster öffnen und das Tagebuch über den Sims nach draußen kippen, wo Paul es später holen konnte. Es war kein besonders guter Plan, aber besser als gar keiner, sie beschloss deshalb, ihn in die Tat umzusetzen.
    Sie umklammerte den ledernen Einband und zerrte daran. Das Tagebuch bewegte sich widerstrebend. Klinges Flügel begannen zu surren, und sie trat einen Schritt zurück in die Luft. Einen kurzen Augenblick lang sah es so aus, als könnte ihr Plan gelingen. Doch dann fiel das Tagebuch mit seinem vollen Gewicht auf sie, dass sie keine Luft mehr bekam. Im nächsten Augenblick drehte sich die Bibliothek um sie, und sie stürzte nach unten.
    Sie schlug zwischen Sofa und Tisch auf den Boden. Das Tagebuch hielt sie mit schweißnassen Händen umklammert. Die Vase wackelte gefährlich und begann, in ihre Richtung zu kippen. Im letzten Moment konnte sie die Hand ausstrecken und sie auffangen. Ihr Blick fiel auf ihre Finger, die gegen das Porzellan drückten. Oh nein!, dachte sie. Die Finger waren so groß wie die von Menschen. Ich habe mich wieder verwandelt.
    Sie war wie betäubt, und ihre Muskeln fühlten sich wie nasse Sandsäcke an, aber sie wagte es nicht, auch nur einen kurzen Moment zu verschnaufen oder zu überlegen. Sie musste die Bibliothek sofort verlassen. Sie steckte das Buch in ihren Kittel, öffnete das Fenster, kletterte hindurch und landete unsanft auf dem Kies der Einfahrt. Schnell rappelte sie sich wieder auf, zog das Fenster zu, duckte sich hinter ein

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