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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Anderson
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verloren saß Winka neben ihr, und Klinge war, als drücke ihr jemand das Herz zusammen. »Das brauchst du nicht«, sagte sie zärtlich. »Ich passe auf. Versprochen.«
     
    Als Klinge am nächsten Morgen durch das Tor der Königin ins Freie trat, hing der graue Himmel tief über ihr, und kalter Nebel bedeckte den Boden. Es konnte jeden Augenblick regnen, sie schlug deshalb ein schnelles Tempo an. Wenigstens würde Pauls Auto trocken sein, wenn sie nass wurde, tröstete sie sich.
    Als sie bei der steinernen Brücke ankam, an der sie sich treffen wollten, klopfte ihr Herz aufgeregt. Sie war noch nie in einem Auto gefahren. Doch je länger sie wartete, desto ungeduldiger wurde sie. Als der brombeerfarbene Wagen schließlich über die Brücke rumpelte und knirschend neben ihr hielt, sprang sie auf und rannte, ohne zu zögern, auf ihn zu. Bestimmt hatte sich Heide am Tag ihres Aufbruchs nach monatelangem Planen und Warten genauso gefühlt.
    Die Tür öffnete sich einen Spalt. »Klinge?«, sagte Pauls Stimme.
    »Hier«, antwortete sie. Sie sprang flatternd zum Boden des Autos hinauf und von dort auf den Sitz. Das Auto roch eigenartig nach Schmutz und Metall und nach etwas Saurem, das sie nicht kannte. Doch es roch auch nach Paul, und das beruhigte sie.
    Paul hielt stirnrunzelnd eine Karte in der Hand. »Ich sehe nur schnell nach, wohin … okay, ich hab’s.« Er faltete die Karte zusammen und steckte sie weg. Dann beugte er sich über Klinge und zog die Beifahrertür zu. »Setz dich lieber«, sagte er.
    Klinge kniete sich hin. Da sie nicht durch das Fenster über ihr sehen konnte, betrachtete sie Pauls Hände, die das Auto mit raschen Bewegungen in Fahrt brachten und auf die schmale Landstraße steuerten. Das Brummen des Motors änderte seinen Klang und eine unsichtbare Hand drückte sie in das Polster. Dann drehte Paul am Lenkrad, und sie fiel um und rutschte mit einem Aufschrei über den Sitz.
    »Entschuldigung«, sagte Paul. »Ich hätte dich irgendwie anschnallen müssen – oder willst du lieber in meine Jackentasche steigen?«
    »Ich glaube, ja«, keuchte sie.
    »Gut.« Er bremste und blieb stehen. Klinge rappelte sich auf, ging über den Sitz und kletterte in die Innentasche von Pauls Jacke. Die Tasche war zu niedrig, um bequem darin stehen zu können, aber zum Sitzen hatte Klinge gerade Platz genug.
    »Geht’s?«, fragte Paul.
    »Ja«, sagte sie. Das Auto fuhr wieder an.
    Die Tasche schaukelte wie eine Hängematte, und Klinges Anspannung ließ endlich nach. Sie lehnte sich gegen Pauls beruhigend warmen Körper und schloss die Augen.
     
    »Klinge.«
    Sie machte eine Bewegung. Das Auto war offenbar erneut stehen geblieben. »Mhm?«
    »Wir sind da.« Sie stand auf, um aus der Tasche auszusteigen. »Nein, bleib besser, wo du bist. Kannst du etwas sehen?«
    »Nicht viel.« Auf der einen Seite versperrte ihr die Jacke dieSicht, auf der anderen Pauls Körper. Ihr war, als spähte sie durch die Eingangsklappe eines sehr hohen, engen Zelts.
    »Dann gebe ich dir ein Zeichen, wenn du rauskommen kannst. Zum Beispiel so.« Er stieß sie ganz leicht mit dem Ellbogen an. »Okay?«
    »Ja.« Klinge setzte sich wieder.
    »Halt dich fest, ich mache die Tür auf.« Es knarrte, und nach Regen riechende Luft strömte herein. »Ich muss nur meinen Rollstuhl vom Rücksitz holen und aufklappen … Jetzt setzte ich mich drauf. Achtung.«
    Die Jackentasche schwang nach außen, bis Klinge alarmierend schräg hing, und dann wieder zurück. Kies knirschte, der Rollstuhl rollte zurück, und Türen wurden geschlossen. Klinge richtete sich auf den Knien auf, stützte sich mit der Hand an Pauls Seite ab und beugte sich vor, um zu sehen, wohin sie unterwegs waren.
    Sie hatte sich Waverley Hall in etwa so wie Pauls Haus vorgestellt, aber was sie sah, ließ sich damit so wenig vergleichen wie eine Eiche mit einem Schössling. Gewaltig ragte der Herrensitz vor ihnen auf, und die Sonne funkelte auf seinen hohen Fenstern und brachte die rotbraunen Ziegel zum Leuchten. Hier sollte Heide ihr Tagebuch versteckt haben?
    »Rollstuhlgerechter Eingang, na bravo«, murmelte Paul, bugsierte seinen Stuhl eine flache Rampe hinauf und drückte auf eine Klingel in der Mauer. Die Tür schwang mit einem leisen Summen nach innen auf. Klinge duckte sich wieder in die Jackentasche, und sie betraten Waverley Hall.
    Drinnen war es kühl. Ein schwacher Duft nach Rosen lag in der Luft. Klinge hörte andere Menschen flüstern und kichern. Offenbar waren sie und Paul nicht

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