Rebellion des Herzens
bist nicht besonders klug, Kleine. Du solltest besser nett zu mir sein, damit ich dich nicht verletzen muß.«
Um diese Warnung zu äußern, beugte er sich dicht über ihr Gesicht. Sein schnapsgesäuerter Atem reizte sie zum Würgen, aber sie hatte keine Möglichkeit, ihren Kopf abzuwenden. Ihr wurde klar, daß er wahrscheinlich betrunken war, daß es der Schnaps war, der ihm den Mut gegeben hatte, hierherzukommen und sich ihr auf solche Weise zu nähern. Aber sie hatte zu große Angst, um darüber nachzudenken, auf welche Weise sie aus seinem Zustand einen Vorteil ziehen könnte.
»Ich hätte dich schon viel früher besuchen sollen, da dein einziger Beschützer so leicht zu bestechen ist.«
Diese Bemerkung fand er so komisch, daß er wieder anfing zu lachen, während Cassie sich auf das, was er gesagt hatte, keinen Reim machen konnte. Angel bestechlich? Sie würde ihre Hand dafür ins Feuer legen, daß das nicht stimmte. Aber Angel schlief, und sie war kaum dazu in der Lage gewesen, einen Laut von sich zu geben, als sie es versucht hatte. Bestimmt war es ihr nicht gelungen, ihn zu wecken. Ihre Fenster mochten zwar offenstehen, aber solange sie keinen lauten Schrei zuwege brachte …
Plötzlich tauschte Raffertys Mund den Platz mit seiner Hand, zu schnell, als daß Cassie mehr tun konnte, als Luft zu holen. Da er jetzt beide Hände frei hatte, hielt er die ihren mühelos mit einer Hand fest und fing dann an, mit der anderen an ihrem hochgeschlossenen Nachthemd zu zerren. Die Perlenknöpfe sprangen einer nach dem anderen auf, und sie fühlte die kühle Dezemberluft auf ihren Brüsten. Dann spürte sie seine Hand.
»Mist, ich hätte mir eine Lampe mitnehmen sollen. Aber fühlen ist genauso gut wie sehen.«
Cassie fing an zu wimmern. Der Gestank seines Mundes erstickte sie, und seine Hände taten ihr weh. Er hatte ein Bein über ihre beiden Beine geworfen, so daß sie auch diese nicht mehr bewegen konnte. Und dann fauchte und schrie Marabelle, das süßeste Geräusch, das sie je gehört hatte – nur, daß es von draußen kam.
»Verdammte Katze. Ich hätte das Vieh erschießen sollen, statt …«
Rafferty vergaß, Cassie den Mund zuzuhalten, lange genug, um ihr Zeit zu einem gellenden Schrei zu geben: »Angel!«
»Halt den Mund, verdammt noch mal!« Seine Hand legte sich wieder wie ein Schraubstock über ihren Mund. »Wenn dieser Angel der neue Mann ist, von dem sie in der Stadt reden, dann hoffst du besser, daß er dich nicht gehört hat.«
Cassie hoffte genau das Gegenteil, und als unten eine Tür zuschlug, betete sie, daß es nicht Maria oder Emanuel waren. Rafferty schien das jedenfalls nicht zu glauben, denn er stürzte zur Tür, um den Riegel vorzulegen.
»Das wird Angel nicht aufhalten«, höhnte sie, jetzt, da sie wieder frei war. Schnell schlüpfte sie aus dem Bett und ging auf der anderen Seite in Deckung, bevor sie hinzufügte: »Er wird Sie umbringen, falls Sie noch hier sein sollten, wenn er durch diese Tür kommt.«
Sie konnte im Zwielicht kaum erkennen, daß Rafferty sich verzweifelt in ihrem Zimmer umsah. Wenn er glaubte, er könnte sich irgendwo verstecken, dann hatte er sich getäuscht. Aber das, was er suchte, war ein anderer Ausweg, und er fand ihn in den Doppeltüren, die auf den oberen Balkon hinausführten. Er rannte darauf zu und versuchte, sie zu öffnen, aber sie knarrten nur leise.
Cassie hatte die Türen für die Nacht abgeschlossen, aber sie war auch nicht sonderlich darauf versessen, einen toten Mann in ihrem Zimmer zu haben, daher sagte sie: »Drehen Sie doch den Schlüssel um, Sie Idiot.«
Er tat es, und im gleichen Augenblick, als er die Balkontüren aufstieß, lief sie quer durchs Zimmer, um Angel die Tür zu öffnen.
Hinter sich hörte sie ihn murmeln: »Das Miststück gibt mir nicht einmal einen kleinen Vorsprung.«
Das konnte einfach nicht sein Ernst sein. Er hatte schon großes Glück, daß sie nicht nach ihrer Waffe griff, sondern statt dessen Angel ins Zimmer ließ. Sie hätte ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, ihn zu erschießen, bevor er von dem Balkon hinunterspringen konnte, wogegen Angel dazu keine Gelegenheit mehr haben würde. Und tatsächlich erreichte Angel gerade den oberen Treppenabsatz, als sie die Tür öffnete und über Marabelle stolperte, die ihm den Weg gezeigt hatte.
»Was ist los?« fragte er, als er ihr vom Boden aufhalf.
»Es war einer von den Catlin-Männern.«
Überraschung schwang in seiner Stimme mit. »Nach der Warnung, die ich
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