Rebellion des Herzens
die Maria für ihn aus ihren eigenen Vorräten geholt hatte, im Salon. Charles Stuart trank keine harten Sachen, und daher gab es im ganzen Haus keine einzige Flasche Whisky. Und Angel hatte iceine Lust, in die Stadt zu reiten, um sich welchen zu besorgen. In seiner augenblicklichen Stimmung würde es ganz gewiß Schwierigkeiten geben, wenn er das tat.
Er hatte seine Ehefrau nicht mehr gesehen, seit er ihr Zimmer verlassen hatte – zum zweitenmal an jenem Morgen. Beim erstenmal war er so zornig gewesen, daß er ohne seine Stiefel gegangen war. Er hatte sogar schon den halben Weg zum Stall zurückgelegt, bevor er begriff, daß er nichts an den Füßen hatte. Also mußte er zurückgehen. Er besaß nur dieses eine Paar. Aber bevor er noch einmal an ihre Tür klopfte, hatte er gewartet, bis er ein wenig ruhiger geworden war.
Sie hatte sich mittlerweilen ebenfalls etwas beruhigt. Zumindest hatte sie in einem zivilisierten Tonfall mit ihm gesprochen, als zunächst keiner von ihnen beiden seine Stiefel finden konnte. »Da Marabelle sich hier aufgehalten hat, können wir ebensogut unterm Bett nachsehen«, schlug sie vor. »Da hortet sie nämlich die Sachen, die sie behalten will.«
»Behalten will?« Bei dem Gedanken, mit Marabelle ein Tauziehen um seine Stiefel veranstalten zu müssen, runzelte er die Stirn. »Ich habe nicht die Absicht, mit deiner Katze um meine Stiefel zu kämpfen.«
»Das wird nicht notwendig sein. Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, sie ist gar nicht hier.«
Es war ihm nicht aufgefallen, und es fiel ihm schwer, überhaupt irgend etwas zu bemerken, da er kaum in der Lage war, den Blick von Cassie abzuwenden. Selbst jetzt, nachdem sie ihre Haare wieder fest um ihren Kopf geschlungen und ihr Kleid ordentlich geschlossen hatte -zweifellos hatte sie mittlerweile auch einiges an Unterkleidung angezogen – selbst jetzt sah er sie immer noch so vor sich, wie er sie gestern nacht gesehen hatte, als sie unter ihm lag, ihr langes, braunes Haar auf dem Kissen ausgebreitet, ihre Brüste voll und prall – und ganz ohne irgendwelche Unterkleider.
Es geschah wieder einmal. Er hatte nicht mitgezählt, wieviele Male sich heute schon bei der Erinnerung an diese letzte Nacht seine Männlichkeit geregt hatte. Unruhig streckte er die Beine aus und nahm noch einen Schluck Tequila, aber auch das half ihm nicht, sie zu vergessen. Er hatte sich hingekniet, um unter dem Bett nachzusehen. Sie hockte auf der anderen Seite. Die Stiefel waren tatsächlich da. Sie und eine Menge unkenntlicher Dinge – und Cassies Kleid aus weißer und lavendelfarbener Spitze. Er zog zuerst das Kleid unter dem Bett hervor und hielt es hoch.
»Das hätte ein schönes Hochzeitskleid abgegeben, Cassie. Warum hast du deinen Mantel nicht ausgezogen?«
Sie antwortete nicht, sondern sah ihn nur aus weit aufgerissenen Augen an. Er wußte nicht, warum er das gesagt hatte und fügte nun verlegen hinzu: »Es sieht nicht so aus, als ob die Katze es ruiniert hätte.«
»So etwas würde sie nie tun. Warum sollte sie auch an meinen Kleidern herumkauen?«
»Und was ist mit Stiefeln?«
»Das ist eine andere Geschichte. Marabelle ist geradezu verrückt nach ihnen.«
»Der Geruch von Leder?«
»Nein, Schweiß.«
Am liebsten hätte er über die Art und Weise, wie sie das sagte, gelacht – geradeso, als hätte er das wissen müssen.
Sie brachte ihn merkwürdigerweise immer wieder zum Lachen, und für gewöhnlich wegen Dingen, die gar nicht komisch waren. Aber jetzt lachte er nicht. Er holte seine Stiefel und verließ das Zimmer, bevor er dem Drang nachgab, sie noch einmal zu lieben.
Gestern nacht hätte er niemals in ihr Zimmer gehen dürfen. Das hatte er gewußt. Es war ausgesprochen töricht von ihm gewesen. Aber ganz ohne sein eigenes Dazutun hatte man ihm das gesetzliche Recht gegeben, ebenjene Frau zu lieben, die er bis zum Wahnsinn begehrte.
Er hatte keine Chance, dieses Gefühl, nachdem es sich einmal bei ihm festgesetzt hatte, noch länger zu ignorieren. Er hatte ebenfalls keine Chance, eine so mächtige Versuchung zu bezwingen. Heute morgen hatte er sie wirklich nicht belogen. Aber sie interessierte sich nicht für seine Gründe oder dafür, daß er plötzlich eine Schwachstelle hatte: sie. Immer noch war sie viel zu aufgeregt darüber, daß er ihre erzwungene Ehe zumindest zeitweilig zu einer echten gemacht hatte.
R. J. MacKauley mochte ein störrischer Bursche sein, aber was er getan hatte, war in Wirklichkeit gar nicht so schlimm
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