Rebellion des Herzens
ihn seufzen, biß die Zähne zusammen und zog ein Mieder heraus. Aber nachdem sie sich einen Augenblick daran zu schaffen gemacht hatte, bemerkte sie, daß es sich über dem dicken Petticoat nicht schließen ließ.
»Du treibst dein Schamgefühl wirklich zu weit, Cassie. Schließlich stehst du mit dem Rücken zu mir, also mach weiter und laß das Ding fallen.«
Er meinte den Petticoat, und sie benahm sich tatsächlich lächerlich. Es gab für ihn nichts mehr zu sehen. Selbst ihr Rücken wurde von ihrem langen Haar verdeckt. Daher riß sie den Petticoat herunter, rückte das Spitzenmieder über ihren Brüsten zurecht und schloß es hastig. Aber als sie die Hand nach einem Kleid ausstreckte, bemerkte sie Angels Spiegelbild in ihrem Kosmetikspiegel, der in einem schrägen Winkel vor ihrem Kleiderschrank stand. Er starrte nicht sie an, er starrte den Spiegel an, und wenn sie ihn deutlich sehen konnte, dann mußte auch er eine gute Aussicht auf sie haben …
Sie fuhr herum, um ihn zu beschimpfen. »Du gemeiner Schuft …!«
»Worüber regst du dich eigentlich so auf?« unterbrach er sie mit einem absurderweise ausgesprochen vernünftig klingenden Tonfall. »Für den Augenblick habe ich durchaus ein Recht, dich anzusehen.«
»Den Teufel hast du! Wir lassen uns scheiden, und für meinen Geschmack kann das gar nicht schnell genug geschehen.«
Er hatte sich auf einem Ellbogen aufgestützt. Bei ihrer letzten Bemerkung ließ er sich auf das Bett zurückfallen und starrte hinauf zur Decke.
Cassie nahm dies als Zeichen dafür, daß sie ihm ihren Standpunkt klargemacht hatte und daß er sie nicht weiter provozieren würde.
Sie ließ es dabei bewenden und schlängelte sich hastig in ein Kleid hinein, kochte aber immer noch vor Wut. Rechte! Er wagte es, von Rechten für den Augenblick zu reden, und dabei wußte er ganz genau, daß ihre Ehe nicht legal war – oder jedenfalls nicht legal gewesen wäre, wenn er sich aus ihrem Bett ferngehalten hätte.
Dann wurde ihr plötzlich bewußt, daß er recht hatte. Er hatte ihre Ehe legalisiert, als er gestern nacht zu ihr gekommen war, und sie würde so lange legal bleiben, bis sie beide die Scheidungsurkunden unterzeichnet hatten. Daher hatte er – nach dem Gesetz – tatsächlich gewisse Rechte.
Zur Hölle mit dem Gesetz. Sie hatte ihn nicht darum gebeten, die Dinge mit seiner Rache noch komplizierter zu machen. Er hatte die Grenzen des Anstands bereits überschritten, also hatte er, soweit es sie betraf, keinerlei Rechte, und diese Erkenntnis würde sie notfalls auch mit der Waffe in der Hand verteidigen.
»Cassie?« Der Anflug von Panik in seiner Stimme bewirkte, daß sie sich augenblicklich zu ihm umdrehte. Alles, was ihr gerade durch den Sinn gegangen war, schien urplötzlich vergessen. Das Problem selbst konnte sie auf den ersten Blick erkennen.
Die Bewegung der Decken über Angels Zehen hatte Marabelles Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Sie hatte sich halb auf das Bett gestellt, um der Sache nachzugehen, und rieb jetzt ihre Schnauze über das schmale Zelt, das seine überkreuzten Füße aus den Decken gebildet hatten. Marabelle hatte Cassie oft genug auf diese Weise morgens geweckt. Aber diesmal waren es nicht ihre Füße, an denen sich die Katze ergötzte, sondern die Angels. Marabelle hatte den Unterschied offensichtlich nicht bemerkt.
»Wie ist sie hier reingekommen?«
Seine Stimme war zu einem sanften Flüstern geworden, und er ging nicht das Risiko ein, sich auch nur im geringsten zu bewegen. Cassies Besorgnis hatte sich jedoch sofort aufgelöst, als sie sah, daß keine Gefahr bestand, und daher war sie jetzt wieder in einer Stimmung, in der sie nicht die Absicht hatte, mit Angel Mitleid zu empfinden.
»Ich erinnere mich vage daran, sie mitten in der Nacht hereingelassen zu haben, als sie an die Tür gekratzt hat«, antwortete sie mit übertriebener Lässigkeit. »Schließlich hat sie die Erlaubnis, hier bei mir zu schlafen.«
Er hatte nicht vor, diese Bemerkung aufzugreifen. »Schaff sie hier raus!«
»Ich glaube nicht, daß ich das tun werde. Du hast mich gestern nacht zu deiner Frau gemacht, nicht nur zu deiner Braut. Die Braut war bereit, dir zu gehorchen. Die Frau nicht.«
»Cassie!« Er wollte mit lautem Protest beginnen, endete jedoch mit deutlichem Entsetzen in der Stimme. »Sie beißt mich in die Füße!«
»Nein, das tut sie nicht. Sie will nur ein wenig knabbern. Ich habe dir gesagt, daß sie das manchmal gern tut.«
»Dann mach etwas, damit sie
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