Rebellische Herzen
-«, hob Adorna an und fing sich einen schockierten Blick von Jane ein, der sie zur Räson brachte. »Er ist einfach sehr entschlossen.«
Robbie lehnte sich über Leila hinweg zu Adorna und flüsterte laut: »Warum ist er denn nicht glücklich?«
»Er ist glücklich«, wiederholte Adorna. »Die meisten Männer sind einfach froh, wenn sie die Zeremonie hinter sich haben.«
»Oh«, sprach Robbie weise. »Weil sie sich dann paaren dürfen.«
Onkel Ransom konnte sein Lachen nur mit der Hand vor dem Mund ersticken.
Adorna flüchtete sich in eine hilflose Geste, gab Ransom Zeichen, sich um Robbie zu kümmern. Ransom hatte Adornas Zeichen zwar
gesehen,
zog aber vor, es
übersehen zu
haben.
»Schon gut, Großmama.« Leila tätschelte ihr die Hand. »Du musst ja nicht aufstehen und laut etwas sagen, damit dich dann alle auslachen können.«
Erst hielt es Adorna für eine entzückende Geste, dass Leila sie trösten wollte. Dann kam ihr ein Gedanke. »Hat irgendjemand dich ausgelacht, Liebes?«
Irgendwer forderte sie zischend auf, ruhig zu sein. Vermutlich Bucknell, in einem Anfall von angriffslustigem Anstand. Adorna ignorierte ihn. »Hat sich jemand über dich lustig gemacht, Leila?«
»Bloß ein bisschen«, sagte Leila, aber ihre Unterlippe zitterte. Robbie lehnte sich wieder über sie. »Der Sohn des Vikars. Alfred hat sie wegen ihres Akzents ausgelacht und sie hat geheult.« Er setzte sich wieder gerade und verschränkte die Arme vor der Brust. Offensichtlich hatte die Bruderliebe über die Männerfreundschaft gesiegt, zumal Alfred auch gerade jene Eigenheit verlacht hatte, die er mit Leila gemein hatte.
Ach hab nicht geweint«, sagte Leila.
Robbie verdrehte die Augen.
»Nur einmal und nicht lang«, gab sie zu. »Ich wein doch wegen diesem blöden Alfred nicht.«
Adorna betrachtete Leilas feines Kinn, ihre hoch gewachsene, sehnige Gestalt und ihr dickes, dunkles Haar und war von ihrer Ähnlichkeit mit Tante Jane wie vom Donner gerührt. Jane, deren Courage, Integrität und Liebenswürdigkeit sie so bewunderte. Leila hatte davon im Übermaß.
Und Robbie. Er hatte Wynters eigensinniges Kinn und auffälligen Mund, seine grüblerische Ader und … sein Talent, mit Messern umzugehen. Sie schloss die Augen und dachte an den neunjährigen Wynter, wie er ihren Tisch mit
seinem
Messer bearbeitet hatte. Damals hatte sie gelacht.
Sie hörte im Geiste die Stimme ihres geliebten Mannes.
Adorna, ohne die Liebe eines Kindes verschrumpelt man und wird alt.
Wynter zu lieben und über seine Streiche zu lachen, war Henrys Rezept gegen das Altern gewesen und sie hatte gewirkt. Er hatte sich seinen jugendlichen Esprit bis zu seinem Tod bewahrt, und sie hatte ihn dafür geliebt.
Natürlich waren diese Kinder ungezogen und eine Heimsuchung für eine Frau wie sie. Aber Adorna hatte Kinder immer geliebt. Sie schaute Wynter an, der, stattlich und in Schuhen, zum Kirchenportal blickte. Hinter ihm leuchteten die mittelalterlichen Fenster in allen Farben. Adorna stiegen die Tränen in die Augen. Sie schluckte. Sie würde
nicht
weinen.
Sie würde der Tatsache, dass diese Hochzeit der Gipfel ihrer Träume war, seit sie Wynter in seiner Wiege geschaukelt hatte, keine Beachtung schenken. Während der leeren Jahre seiner Abwesenheit hatte sie nicht mehr geglaubt, ihr Traum würde in Erfüllung gehen, aber jetzt … jetzt würde es bald weitere Enkelkinder geben.
Sie sah aus dem Augenwinkel, wie Robbie Leila den Arm um die Schulter legte.
Ihre anderen Enkelkinder würden keinen Akzent haben, keine dunklere Haut und nicht nur einen Vater, sondern auch eine Mutter.
Sie würden Adorna nicht brauchen.
Aber Robbie brauchte sie. Und Leila brauchte sie. Adorna erstickte mit der Hand ein völlig unvermitteltes Schluchzen.
»Großmama?«, flüsterte Leila.
Adorna benahm sich, als liefen ihr keine Tränen die Wangen hinunter.
»Was hat sie denn«, fragte Robbie lauthals, weil er vergessen hatte, dass sie in der Kirche waren.
Tante Jane zischte. »Sie ist glücklich«, erklärte sie noch.
»Die Leute hier benehmen sich komisch, wenn sie glücklich sind«, sagte Robbie. Aber er strich Adorna sanft über die Schulter.
Und Leila gab ihr einen Kuss auf den Arm.
Die Orgel ertönte, die Sopranistin setzte ein. Charlotte stand am Ende des Mittelgangs neben … dem Earl of Porterbridge? Adorna zwinkerte und tupfte sich die Augen mit dem Taschentuch. Dann rutschte sie zur Seite, damit Robbie und Leila bessere Sicht hatten. »Da ist Lady Miss
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