Rebellische Herzen
erinnerst dich sicher, wie du auf Fairchild Manor mit ihren Kindern gespielt hast?«
Und ob. Eine solche Rasselbande hatte er seither nie mehr erlebt. »Lady Smithwick.« Er verbeugte sich tief, hob ihre Hand an seine Lippen und setzte sein freundlichstes Lächeln auf.
Lady Smithwick war im Alter seiner Mutter, hatte sich aber lange nicht so gut gehalten. Ihre Gesichtszüge lagen unter Fettpölsterchen begraben und wenn sie kicherte, wogte ihr ganzer Körper. Und sie kicherte gerade. Zudem lief sie vom Dekolleté bis zur Stirn rot an. »Adorna, Sie haben mir Ja gar nicht erzählt, zu was für einem gut aussehenden Teufel Wynter herangewachsen ist.«
Adorna tippte ihr mit dem Fächer auf den Arm. »Aber davon haben Sie doch sicher läuten hören.«
Lady Smithwick machte große Augen. »Nun äh … ja. Wollen Sie sagen, das Gerede trifft zu?«
»Dass er der reinste Wilde ist?« Adorna lachte leise. »Der Typ von Barbar, der den Ladys das Herz bricht, ohne es überhaupt zu bemerken?«
Man musste Wynter nicht zwei Mal sagen, dass er Adornas Spielchen mitspielen sollte. Er legte den Kopf schief, und warf Lady Smithwick einen jungenhaften, verführerischen Blick zu, der große Bewunderung auszudrücken schien.
Lady Smithwick griff sich ans Herz. »Ja. Sie haben Recht, Adorna. Würden Sie bitte beide hier warten?« Sie konnte die Augen nicht von Wynter lassen. »Meine Tochter ist ganz entzückend. Jung. Ganz unschuldig. Ich hole sie her.« Sie deutete energisch auf den Boden. »Bleiben Sie genau hier. Nicht weggehen.«
Adorna schaute Lady Smithwick nach, wie sie davonhastete, missachtete ihre Anweisung sofort und ging mit Wynter weiter in den Salon hinein. »Martha, wie schön, Sie zu sehen! Was für ein göttlicher Hut! … Lady Declan, man sieht Ihnen ja förmlich an, dass Sie auf dem Kontinent gewesen sein müssen – diese weltläufige Aura! … Mein Gott, Lord Andrew, Ihr Aufenthalt im Ausland hat einen stattlichen jungen Mann aus Ihnen gemacht!« Adorna klimperte den jungen Mann mit den Wimpern an. »Und so gut aussehend…. Kommen Sie, meine Lieben. Sie müssen alle meinen Sohn kennen lernen. Sie wissen ja, er war ganz der Weltreisende. Er …« Ihr versagte kurz die Stimme. »Er hat ja so vieles zu erzählen. Wynter, sei doch so gut und erzähle etwas.«
Wynter versuchte, den Grund für ihr Stocken zu erkennen und entdeckte am Rande der Zuhörerschaft Lord Bucknell mit gerunzelter Stirn.
Was war nur los mit diesem Mann? Wenn er Adorna liebte, warum nahm er sie nicht? Seine Mutter hatte ihm ihre Bereitschaft deutlich signalisiert.
»Wynter, erzähl doch von …« Adorna zog ihn zu sich hinunter. »Du musst sie so lange unterhalten, bis Lady Howard hier ist. Wir brauchen sie, damit sie die Gerüchte, die deinem Ruf schaden, im Keime erstickt!« Sie ging weg, als habe sie ihm lediglich vorgeschlagen, was er zum Besten geben sollte.
Wynter setzte ein Lachen auf und nickte. Auch er wollte Lady Howard dabeihaben, allerdings aus anderen Gründen.
Wynter betrachtete die Zuhörerschaft. Die Damen mit weit aufgerissenen Augen, die Herren abgestumpft. Sie würden leicht zu unterhalten sein. Er war wild entschlossen, eine zum Himmel schreiende Lügengeschichte zum Besten zu geben. »Meine Abenteuer waren ganz unbedeutend. Und eine ganze Schiffsladung von Piraten niederzukämpfen, um ein Schiff Ihrer Majestät zu retten, ist ja auch keine große Leistung.«
»Lord Ruskin. Dies ist meine Tochter. Miss Fairchild.«
Lady Smithwick war mit der atemberaubendsten Blondine zurückgekehrt, die Wynter je gesehen hatte. Miss Fairchild war exquisit, sie lächelte ihn an – und ließ ihn kalt.
Die einzige Frau, die ihn interessierte, war zu Hause bei den Kindern.
»Erzählen Sie uns doch bitte Ihre Geschichte«, flötete Miss Fairchild.
»Nur weil Sie mich darum bitten.« Wynter schenkte ihr einen glutvollen Blick, worauf sie geziert lächelte und Wynter sich fragte, woher die englischen Damen wohl ihre grenzenlose Fähigkeit nahmen, sich angehimmelt zu fühlen. »Die Piraten der Barbarenküste sind mächtig und rücksichtslos. Vor allem Abdul Andre Kanteb. Wenn er findet, du hättest seinen Namen zu respektlos ausgesprochen, lässt er dir den Kopf vom Körper trennen.« Lady Declan schnappte nach Luft und Wynter verbeugte sich in ihre Richtung. »Ich hatte das schon vermutet. Solche Geschichten gehören nicht in einen Salon.«
»Nein, nein«, widersprach Lady Declan und war sich bewusst, dass man sie anstarrte. »Nur
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