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Rebellische Herzen

Rebellische Herzen

Titel: Rebellische Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
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Hälse und starrte die Neulinge an, wie ein Rudel Wölfe ein paar verirrte Schafe. Wynter hätte sich vor Spannung am liebsten die Hände gerieben. Er würde heute eine Menge über die hartnäckig ausweichende Lady Charlotte Dalrumple erfahren und weshalb sie ihn über ihre Herkunft belogen hatte.
    Na gut, so richtig belogen hatte sie ihn gar nicht, aber Wynter hatte ihr viel von sich, seinen Reisen und seinem Jugendlichem Leichtsinn erzählt.
    Und was hatte sie ihm im Gegenzug erzählt? Nichts. Nichts als Schweigen, das ihn in die Irre führte. Er hatte geglaubt, sie habe keine Familie, während ihre Angehörigen keine fünf Meilen von Austinpark Manor entfernt wohnten. Genau genommen stand die normannische Kirche mit ihrem viereckigen Kirchturm auf den Ländereien des Earl of Porterbridge – Charlottes Onkel.
    Wynter lächelte einer zahnlosen, alten Dame zu, die ihn drohend anstarrte. Sein Charme prallte an ihr ab. Sie starrte ihn weiter an, die schwarzen Handschuhe im Schoß gefaltet, die schwarze Haube straff im Haar festgesteckt.
    »Nett hier«, murmelte er Charlotte ins Ohr.
    Sie ignorierte ihn. Natürlich. Sie hätte nicht förmlicher sein können als gerade jetzt, mit hoch gerecktem Kinn und kerzengeradem Rücken, trotz des Gewichts ihrer gestärkten Unterröcke und des grauen Wollkleids. Er hätte ihr niemals angesehen, welcher Schatten über ihrem Leben lag – aber jedermann in dieser Kirche wusste es.
    Die meisten Bänke trugen Tafeln mit Familiennamen. Die Kirchgänger sahen aus, als hätten sie seit alters her jeden Sonntag hier gesessen und als seien die Bänke nur für sie gemacht.
    Missbilligung lag drückend in der Luft. Sogar die Heiligen auf den Kirchenfenstern starrten Charlotte hinterher, als sie sich ihren Weg durch das Hauptschiff bahnte.
    Seine Kinder spürten es auch. Leila steckte ihre behandschuhte Hand in seine. Robbie rückte näher an Charlotte heran und nahm ihren Arm, als könne er sie schützen. Der junge hatte gute Instinkte. Wynter war stolz auf seinen Sohn.
    Wynter fragte sich, wie lang Charlotte ihn noch zum Narren gehalten hätte, wäre da nicht Lady Howard gewesen. Er kannte Charlottes unerschütterliche Diskretion. Sie hätte ihn wahrscheinlich bis ans Ende seiner Tage an der Nase herumgeführt.
    Nicht, dass er so dumm war, alles zu glauben, was das verlogene Weibsstück Lady Howard ihm erzählte. Deshalb hatte er bei der erstbesten Gelegenheit Adorna in die Enge getrieben und sie ausgefragt. Das war ein Fehler gewesen. Es war zum Verrücktwerden, wie Adorna ihm auswich und Wynter musste sich fragen, was sie wohl noch alles zu erwähnen »vergessen« hatte. Er war so damit beschäftigt gewesen, seine eigenen Absichten vor Adorna zu verbergen, dass ihm nie aufgegangen war, dass auch Adorna etwas zu verheimlichen versuchte. Aber sie verbarg ein Geheimnis, so viel wusste er.
    Wynter und seine kleine Schar gingen bis zur ersten Kirchenbank. Viscount Ruskin und seine Familie saßen, soweit er sich erinnerte, auf der linken Seite. Rechts hatte seit Menschengedenken, oder mindestens seit William dem Eroberer, der Earl of Porterbridge seinen Platz.
    Porterbridge saß heute am Ende der Bank. Seine Frau und acht seiner vierzehn Kinder hockten aufgereiht an seiner Seite. Wynter betrachtete sein Profil. Der Earl sah stur geradeaus. Reglos und finster stierte er zur Kanzel hinauf, als würde der Pfarrer auf seinen wortlosen Befehl hin mit der Predigt beginnen. Er strahlte so viel Ungeduld wie Bedeutungslosigkeit aus, Wohlstand, aber keine Bildung. Seine ergrauenden Haare und Augenbrauen waren mit Pomade in Form gebracht, aber ein kirschroter Schnitt mit dem Rasiermesser verschandelte seinen Unterkiefer. Sein Jackett stammte offensichtlich aus einer Londoner Maßschneiderei, doch es machte seine Schultern auch nicht breiter, ebenso wenig wie die Weste seinen Wanst im Zaum halten konnte. Wahrhaftig, er war das Abbild eines Philisters, ein unsicherer Tyrann, völlig überfordert von der eigenen gesellschaftlichen Stellung. Er hätte ihr Kommen vielleicht gar nicht bemerkt, wäre es nicht plötzlich so still geworden.
    Jedermann hörte Lady Porterbridges Ausruf: »O, mein Gott!«.
    Wynter schätzte Lady Porterbridge als eine Frau ein, die Störungen als eine willkommene Abwechslung vom öden Alltag betrachtete. Erbärmlich.
    Lord Porterbridge wandte langsam den Kopf. Er achtete darauf, seinen gestärkten, aufgestellten Kragen nicht zu knicken und den Knoten seiner schwarzen Satinkrawatte

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