Rechnung offen
Geräusche. Ebba. Theresa vielleicht. Er räusperte sich, Sand zwischen den Zähnen, strich die Haare nach hinten, hinterließ einen weiteren Putzstreifen auf seiner Stirn. Er renovierte, das war etwas Konstruktives, positive Verarbeitung, er räusperte sich erneut, aber niemand kam.
Auf dem Rückweg vom Spätkauf hatte er den Stuhl aus dem Hinterhof mitgenommen, hatte ihn in die Küche gestellt, im Sitzen vier Minisalamis gegessen, eine schale Fettschicht auf der Zunge, hatte ein Bier aufgemacht. Wasser und Spülmittel, erinnerte er sich, Tapeten werden mit Wasser und Spülmittel entfernt. Er hatte die Schiebetür unter der Spüle geöffnet, dort stand eine Plastikflasche mit einer zähen grünen Masse, zwei Fruchtfliegen klebten an der Öffnung. Er hatte das Wasser aufgedreht, nichts. Hatte den Haupthahn gesucht, ihn schließlich in der Dusche gefunden, war mit Schuhen in die Wanne gestiegen, um ihn aufzudrehen, braune Schimmelflecken in den Ecken.
Die Tapete hatte er bis auf einen Meter unterhalb der Decke abgezogen, die Decke war immer noch mintfarben, er brauchte eine Leiter. Claas betrachtete den löchrigen Putz vermischt mit Farbpigmenten, unten Sienabraun, oben Ocker, in der Mitte blasse Reste eines grün aufgedruckten Blumendekors. Schutzlos und nackt sahen die Wände aus, ohne Dämmschicht, ohne glatte Oberfläche.
Claas hatte die Streifen hinter sich geworfen, ein Haufen in der Zimmermitte, ineinander verschlungen, hatte an den Wänden entlang einen Gang freigelassen, seine Finger waren aufgeweicht und schwielig, als habe er zu lange in der Badewanne gelegen.
Es begann zu dämmern, der Himmel Enteneierblau, er besaß einen Satz Schälchen in der Farbe, japanisch, für eingelegten Ingwer, eine Zeit lang hatte er mit Theresa am Wochenende Sushi zubereitet. Gleichmäßig enteneierblau ohne Wolken, Sterne, Mond, das Licht im Zimmer orange. Seine Handflächen schmerzten, die Haut auf den Ballen, bei jedem Griff, sie war sehr glatt, wie geschmirgelt. Er schob den Tapetenhaufen mit den Füßen in die Ecke gegenüber von Fenstern und Tür, die kleineren Fetzen rechte er mit den Fingern zusammen und warf sie obenauf. Das feuchte Papier türmte sich hüfthoch, er stieg auf den Haufen, drückte ihn mit den Füßen zusammen, sackte langsam tiefer, das aneinanderreibende Styropor quietschte. Er stampfte auf der Stelle, Filmbilder von Weinernten im Kopf.
Es sah wie ein Nest aus, wie ein Lager, das sich ein Tier bauen würde. Einen Moment sah er sich, die Knie an die Brust gezogen, in Embryonalhaltung auf dem Lager liegen. Die Dielenritzen waren gefüllt mit Styroporkügelchen, Claas holte die Isomatte aus dem Flur, den Beutel mit den Sachen aus der Praxis. Er löste das Gummiband, hängte es über den Fenstergriff, rollte die Matte aus, Ebba Jansen, Klasse 7c stand mit schwarzem Edding in Theresas Schrift auf der Rückseite.
Das Handy hatte sie ausgeschaltet, unter der Festnetznummer kam nur das Besetztzeichen, egal, wie oft Claas es versuchte, er sah den Stecker unter der Buchse auf dem Schifferparkett liegen. Sie hatte die letzte Flasche Rotwein geöffnet, saß auf Nappaleder, die Kaschmirdecke um die Füße gewickelt, und verschwendete keinen Gedanken an Nachtfröste. Es war Oktober, er könnte erfrieren.
Samstag, 4. Oktober
Ebba war auf dem Weg in den Speisesaal, hielt den Zimmerschlüssel in der Hand. Sie suchte den Fahrstuhl, der Flur erinnerte sie an den der Berufsschule, grün-grau gesprenkeltes Linoleum, Türen zu beiden Seiten. Am Ende des Flures wurde es hell, blau-weiß gestreifter Teppichboden, sie war auf dem Schiff, wieder auf Kreuzfahrt durch die Ägäis, Holzanker hingen an der Wand rechts und links der Rezeption. Ebba legte ihren Schlüssel auf den Tresen, der Mann dahinter trug eine Kapitänsuniform und nickte ihr zu.
»Meine Eltern warten im Speisesaal auf mich«, sagte sie.
Der Mann nahm den Schlüssel vom Tresen, hängte ihn nicht an das Brett, auf einen Haken unter der Zimmernummer, nein, er steckte ihn in die Hosentasche.
»Wie komme ich dahin«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Deine Eltern sind abgereist, hast du Geld?«
Sie tastete ihre Rocktaschen ab, nur Stoff unter den Fingern, nichts Hartes.
»Nein. Im Zimmer vielleicht.«
»Dann musst du jetzt gehen.« Er drehte sich um, betrachtete das Schlüsselbrett, der Boden vibrierte, fiel ihr mit einem Mal auf.
»Aber wir fahren doch schon«, sie hörte das sonore Summen der Maschinen, »ich will meinen Schlüssel wiederhaben,
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