Rechtsdruck
darum
und versehe alles mit einem Vermerk über die Wichtigkeit. Danach können Sie sie
beantworten.«
Das ganze Land wollte mit ihm, wollte mit Justus Gebauer sprechen.
Es wollte wissen, wie es weitergehen würde mit ihm und seinen Ideen. Natürlich gab
es Neider und Kritiker, ganz klar, so wie diese Tussi vom Radio vorhin. Das Interview
war mehr ein Tribunal gewesen als eine Befragung, immer wieder hatte sie ihn dazu
bringen wollen, sich als ausländerfeindlich zu offenbaren, mit den abstrusesten
Argumenten noch dazu. Nein, er war nicht ausländerfeindlich. Inländerfreundlich
war er, das ja. Und er musste sich nicht schämen, das einzugestehen, wie sich niemand
in Deutschland in der Zukunft mehr würde schämen müssen, zu dieser Überzeugung zu
stehen. Er würde vormachen, wie es ging. Er war der, auf den die Republik gewartet
hatte. Er war dort angekommen, wo er immer schon hingewollt hatte, und wo er nach
seiner Meinung hingehörte. An die Spitze.
Einzig Frankie Weiler machte ihm Sorgen. Dieser Kokser würde über die
Klinge springen, sobald ein wenig Zeit dafür wäre, sich mit ihm zu beschäftigen.
Dem Juristen wurde immer noch heiß und kalt, wenn er daran dachte, wie Weiler ihm
an die Gurgel gegangen war. In aller Öffentlichkeit hatte er ihn durchgeschüttelt
und ihm auch noch gedroht.
Nein, Junge, nicht mit mir, dachte Gebauer, als seine Sekretärin erneut
den Raum betrat.
»Ja?«, fragte der Mann hinter dem Schreibtisch.
»Da möchten zwei Kriminalpolizisten mit Ihnen sprechen, Herr Dr. Gebauer.«
»Ja, Frau Scheibe, ich lasse bitten.«
Lenz und Hain betraten Gebauers spartanisch eingerichtetes Büro. Der
Oberkommissar hatte sich in einem auf dem Weg liegenden Schuhgeschäft noch schnell
etwas Neues für seine Füße gekauft.
»Ah, das ging aber schnell, meine Herren«, wurden die Beamten von dem
Juristen freundlich empfangen, der hinter seinem Schreibtisch hervorgekommen war.
»Möchten Sie etwas trinken? Einen Kaffee vielleicht? Oder Tee?«
Die Polizisten tauschten einen kurzen, aber vielsagenden Blick aus.
»Wir sollten vielleicht gleich besprechen«, fuhr Gebauer unbeeindruckt
fort, »wie wir Ihre Aufgaben am besten organisieren. Immerhin müssen Sie hier in
meinem Büro zu meiner Verfügung stehen, wie auch bei mir zu Hause und auf meinen
Wegen. Wie viele Ihrer Kollegen stehen außer Ihnen noch zur Verfügung? Und haben
Sie auch an einen gepanzerten Wagen gedacht, den wir benutzen können?«
Sein Blick fiel auf das Ende von Hains Hosenbeinen, wo ein Teil des
Ackers haftete, auf dem Frank Weiler gestorben war.
»Und über Ihr Äußeres sollten wir vielleicht auch noch das eine oder
andere Wort verlieren, was meinen Sie? Immerhin bewegen wir uns in gehobenen, anspruchsvollen
Kreisen, meine Herren.«
»Mit einer gepanzerten Limousine können wir Ihnen leider nicht dienen«,
erwiderte Lenz, zog seinen Dienstausweis aus der Tasche, und hielt ihn Gebauer unter
die Nase.
»Ich bin Hauptkommissar Lenz«, stellte er sich vor, »und das ist mein
Kollege, Oberkommissar Thilo Hain. Wir sind von der Mordkommission Kassel und haben
ein paar Fragen an Sie.«
Aus dem Gesicht des Politikers wich jegliche Farbe. »Mordkommission?
Sie kommen also gar nicht wegen meines Personenschutzes?«
»Im Augenblick noch nicht, nein.«
»Das verstehe ich nicht. Was wollen Sie von mir?«
»Wir untersuchen den Mord an einem Mann aus dem Schwalm-Eder-Kreis«,
klärte Hain ihn auf, »sein Name ist Gerold Schmitt. Haben Sie den Namen schon mal
gehört?«
Gebauer holte tief Luft. »Schmitt? Gerold Schmitt?« Er ging um den
Schreibtisch herum und setzte sich. »Nein, das tut mir leid. Der Mann ist mir nicht
bekannt.«
»Das ist erstaunlich«, merkte Lenz trocken an. »Ein gewisser Frank
Weiler, von dem wir annehmen, dass Sie mit ihm befreundet …«
»Da unterliegen Sie einem großen Irrtum, meine Herren«, wurde er sofort
von Gebauer unterbrochen. »Freunde sind Frank Weiler und ich beim besten Willen
nicht. Ich kenne ihn, wie ich viele Menschen kenne, aber eine Freundschaft ist etwas
ganz anderes. Er ist ein Bekannter, ja, und noch nicht mal ein guter.«
»Schön«, erwiderte Lenz. »Ihr entfernter Bekannter Frank Weiler hat
also den Mord an Gerold Schmitt gestanden. Allerdings hat er auch gestanden, von
Ihnen beauftragt worden zu sein.«
»Das ist doch absurd, meine Herren«, folgte Gebauers Reaktion ohne
Zögern. Für die Polizisten war es eine Nuance zu schnell.
»Ich kenne niemanden mit dem Namen Gerold
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