Rechtsdruck
bin es,
der davon weg will, und ich habe immer die Leute gehasst, die danach zu militanten
Nichtrauchern geworden sind. Außerdem ist es längst noch nicht ausgemacht, ob ich
es auch wirklich schaffe.«
»Na, denn«, ließ sich Klausner, der aus Dresden stammte und einen deutlich
hörbaren sächsischen Akzent pflegte, nicht lange bitten, und griff zum Feuerzeug.
»Und, wie war dein Skiurlaub?«, wollte Obermann wissen, nachdem sein
Kollege ein paarmal an dem Glimmstängel gezogen hatte und blauer Dunst durch den
Innenraum des Opel Vectra zog.
»Geil, absolut geil. Super Schnee, blauer Himmel, und schicke Tussis,
so weit das Auge gereicht hat. Da tat es manchmal richtig weh, verheiratet zu sein.«
Seine Tussis klangen ein bisschen wie Dussis.
»Ich war noch nie weg zum Skifahren«, sinnierte Obermann und betätigte
den Scheibenwischer, weil draußen gerade wieder leichter Schneefall einsetzte. »Als
ich noch verheiratet war, ging es nicht, weil Lore alles, was mit Sport zu tun hatte,
als Teufelszeug angesehen hat. Außerdem wäre ihr das sowieso viel zu teuer gewesen.
Die hat das Geld lieber für ihre dämlichen Fingernägel ausgegeben.«
»Das hat sie jetzt davon«, erwiderte Klausner laut lachend. »Gemachte
Fingernägel, aber 110 Kilo auf den Rippen. Ich habe sie neulich in einer Videothek
getroffen und gedacht, ich seh nicht richtig. Sie ist nämlich, seit ich sie zum
letzten Mal gesehen hatte, aufgegangen wie ein Hefekloß.«
Obermann stimmte in das Lachen ein. »Stimmt genau. Und ich bin heilfroh,
dass sie sich diesen anderen Typen angelacht hat, dem sie jetzt auf der Tasche liegt.«
»Du musst gar nichts mehr für sie zahlen?«, fragte Klausner irritiert
nach.
»Nada, null. Ich bin komplett raus aus der Sache. Der Kerl wollte sie
unbedingt heiraten, glaube ich, aber da wog sie auch noch nicht ganz so viel.«
»Mein lieber Mann, da kannst du ja von Glück …«
Der junge Polizist wurde von einem Funkspruch unterbrochen, in dem
erneut auf die Fahndung nach Kemal Bilgin und dem Ford Fiesta hingewiesen wurde,
mit dem er vermutlich unterwegs war.
»Schreib mal das Kennzeichen auf«, bat Obermann seinen Kollegen.
»Gerne«, gab Klausner zurück, »aber ich halte das für komplett überflüssig.«
»Warum denn das?«
Der Mann auf dem Beifahrersitz deutete auf den Verkehr und die Autos
um sie herum. »Weil ein alter Ford Fiesta wie der, nach dem gefahndet wird, seit
den Tagen der Abwrackprämie im Straßenverkehr auffällt wie ein UFO. Die Dinger gibt
es einfach nicht mehr. Das ist, als würde man nach einem Ferrari oder einem Lamborghini
suchen.«
So hatte Obermann das noch nicht gesehen. Er warf einen Blick auf die
Fahrzeuge, die sich mit ihnen auf die Kreuzung am Altmarkt zubewegten, und musste
seinem Kollegen recht geben. Es befanden sich fast keine alten Autos mehr auf Deutschlands
Straßen.
»Na ja, was soll ich dazu sagen?«, nahm Klausner kurz danach den Faden
wieder auf. »Immerhin bin ich dadurch auch meine alte Karre zu einem guten Kurs
losgeworden. Und so ein nagelneues Auto ist schon geil.«
»Geht mir genauso«, bestätigte Obermann, der sich im Jahr der Abwrackprämie
einen fabrikneuen VW Passat zugelegt hatte. Damit beschleunigte er den Streifenwagen
in Richtung Platz der Deutschen Einheit.
»Kannst du mal kurz zur Tankstelle fahren?«, fragte Klausner. »Meine
Telefonkarte ist leer, ich muss sie unbedingt aufladen.«
Obermann wusste, dass die Frau seines jungen Kollegen in den nächsten
Tagen niederkommen würde, und dass Mario Klausner deshalb schon seit ein paar Wochen
ziemlich nervös war. Eigentlich hatte er auch den Skiurlaub absagen wollen, doch
Astrid, seine Frau, hatte ihn förmlich aus dem Haus und in den österreichischen
Schnee gejagt.
»Bring mir bitte einen Kaffee mit«, rief Obermann ihm hinterher, doch
der Mann in der blauen Uniform war schon durch die Eingangstür und in den hell erleuchteten
Verkaufsraum geschlüpft.
»Dann eben nicht«, murmelte er, streckte die Beine durch, drehte das
Radio etwas leiser, und lehnte sich in den Sitz zurück. Seine linke Hand trommelte
auf dem Lenkradkranz die Melodie des Liedes mit, das aus den Lautsprechern drang,
und er dachte mit gehörigem Herzklopfen an das Treffen am nächsten Abend mit der
Kollegin, für die er sich schon so lange interessierte. Endlich, nach mehr als einem
Jahr, hatte er sich ein Herz gefasst und sie zum Abendessen bei einem Italiener
eingeladen. Zu seiner großen Überraschung hatte sie erfreut
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