Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rechtsdruck

Rechtsdruck

Titel: Rechtsdruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
Vom Netzwerk:
weißt. Also, verplemper besser nicht
meine Zeit.«
    »Aber ich kann nicht. Außerdem ist es eine Kleinigkeit. Vielleicht
ist an der Sache auch gar nichts dran, da ist noch nichts erwiesen. Und wenn du
jetzt damit an die Öffentlichkeit gehst, bin ich meinen Job garantiert los.«
    »Was glaubst du, wie schnell du deinen Job los bist, wenn man in der
Zeitung liest, mit wem du deine Nächte verbringst? Und was du alles unternimmst,
um nicht am Stress des Alltags zugrunde zu gehen? Ich sag nur Mothers little
Helpers! «
    Limbourg schloss erneut die Augen. Die Adern an seinem Hals traten
deutlich hervor, und es schien als überlegte er, Zwingenberg an die Gurgel zu springen,
doch dazu war er viel zu feige. Ewald Limbourg hatte sich noch nie in seinem Leben
geprügelt.
    »Also?«, setzte der Referent des Kasseler OB herausfordernd nach.
    »Du bist ein Dreckschwein, Bernd. Ein elendes, mieses Dreckschwein.«
    »Ich weiß.«
    »Gut«, erwiderte der Jurist matt. »Was willst du genau wissen?«
    »Alles, Ewald. Nicht mehr und nicht weniger als alles.«

33
     
    Lenz kniete neben Agata Roggisch und hielt ihre Hand. Ein paar Sekunden
zuvor hatte die Frau die Augen aufgeschlagen und ihn mit ängstlichem, glasigem Blick
angesehen.
    »Es wird alles gut«, redete der Hauptkommissar beruhigend auf sie ein,
auch, weil er gesehen hatte, dass sie keine Schussverletzung davongetragen hatte,
sondern lediglich eine tiefe, klaffende Platzwunde. Offenbar waren der Frau die
Beine weggeknickt und sie war auf die Kante eines Wäscheschrankes gestürzt. Hain
hatte sich zunächst kurz um den Polizisten gekümmert, der in der Ecke des Raumes
lag, musste aber schnell einsehen, dass für den Kollegen jede Hilfe zu spät kommen
würde. Das gleiche Bild bot sich ihm im Krankenbett, wo er Per Stemmler mit einem
Schuss in die Stirn und stierem Blick Richtung Decke vorfand. Im Anschluss hatte
er ein paar neugierige Patienten zurück in ihre Krankenzimmer gejagt, die unbedingt
erste Reihe Mitte den Ausgang der Schießerei erleben wollten. Ein alter Mann stand
sogar mit dem Ständer der Infusionsflasche in der Hand auf dem Gang. Danach hatte
er die Fahndung nach dem weiß gekleideten Mann eingeleitet, der zwei Menschen getötet
und auf sie geschossen hatte.
    Nun wurde die Tür zur Station aufgerissen und vier Uniformierte mit
gezogenen Dienstwaffen stürmten herein, gefolgt von einigen Mitarbeitern des Hospitals.
Lenz gab ein paar Anweisungen, woraufhin zwei der Männer wieder nach draußen stürmten
und die anderen beiden sich an jeweils einem Zugang zur Station postierten.
    Einer der beiden, offenbar ein Arzt, beugte sich neben Lenz und sorgte
dafür, dass Agata Roggisch in einer stabilen Position zum Liegen kam. Der Kommissar
stand auf und überließ die Frau den fachkundigen Händen des Mediziners.
     
    *
     
    Eine Viertelstunde, nachdem Lenz und Hain in das Zimmer des toten Per
Stemmler gestürmt waren, lehnten die beiden an einem Krankenbett, das auf dem Flur
des angrenzenden Bereichs stand und beobachteten schemenhaft durch die Milchglasscheibe
die Hektik auf der anderen Seite und wie die gesamte Station C10 evakuiert wurde.
Ein Krankenbett nach dem anderen wurde Richtung Fahrstuhl geschoben. Eine Krankenschwester
hatte zuvor Hains Wunde gesäubert und ihm einen Verband am Oberarm angelegt.
    »Da haben Sie aber Glück gehabt«, waren ihre Worte am Ende der Prozedur
gewesen.
    »Ja«, hatte Hain gemurmelt, »das glaube ich auch.«
    Lenz war zum ersten Mal seit ein paar Jahren knapp davor, sich eine
Zigarette in den Mund zu stecken und anzuzünden.
    »Tut’s weh?«, fragte er seinen Kollegen.
    »Geht so. Schlimmer ist der Gedanke, dass da ein Kollege und ein Zeuge
tot im Saal liegen, die vielleicht noch leben könnten, wenn wir ein paar Minuten
früher hier angekommen wären.«
    Der Hauptkommissar lehnte sich zurück und fixierte einen imaginären
Punkt an der gegenüberliegenden Wand. »Du meinst, wenn es nicht geschneit und wir
die Scheiben nicht hätten freikratzen müssen?«
    »So in etwa, ja.«
    »Dann hätte der Täter das vermutlich auch nicht machen müssen und wäre
immer noch vor uns hier gewesen. Sieh es mal so rum.«
    »Möglich«, erwiderte der junge Oberkommissar mit belegter Stimme. »Vielleicht
hast du recht, vielleicht auch nicht. Wir werden es vermutlich niemals erfahren.«
    »Na ja, wir können das Arschloch fragen, das dafür verantwortlich ist,
wenn wir es geschnappt haben, was meinst du?«
    »Das käme mir gelegen, ja.«
    Die

Weitere Kostenlose Bücher