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RECKLESS HEARTS

RECKLESS HEARTS

Titel: RECKLESS HEARTS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Janket
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statt ihm Contra zu geben und ihn mit seinen Sorgen stehen ließ, als wäre er ein Hologramm, das sie nicht ernstzunehmen brauchte oder mit dem sie nicht reden musste, wenn sie nicht wollte.
    Onkel Hüsseyin grunzte laut und zog die buschigen Augenbrauen so kräftig zusammen, dass seine Zornesfalte sich in einer tiefen Furche bis in die Mitte seiner Stirn zog: »Na, bist ja noch am Leben! Was hatten wir für Angst wegen dir, du Esel, lässt dich von einer Frau in so eine Lage bringen und jagst uns so einen Schrecken ein, so … so mitten in der Nacht. Nicht ins Krankenhaus, sondern in den Knast müsste man dich bringen. Sag, tut‘s denn arg weh?«
    »Halt die Klappe, Hüsseyin, siehst du nicht, der Junge blutet!« Sabris Papa ließ sich neben seinen jüngsten Sohn auf die Couch niederplumpsen, die unter diesem zusätzlichen Gewicht bedrohlich ächzte, und versuchte, möglichst mitleidvoll zu gucken. Sabri machte endlich den Mund zum Sprechen auf und alle verstummten im selben Moment. »Mir geht‘s gut«, sagte er mit unüberhörbar missmutiger Fistelstimme. »Nix passiert, nur `ne Beule, regt euch ab.«
    Am liebsten hätte er sie alle zum Teufel gejagt, aber er wusste, sie hatten recht. Er musste ins Krankenhaus und wahrscheinlich genäht werden. Seine Wunde war ganz ordentlich und wollte nicht aufhören zu schmerzen und zu brennen wie Höllenfeuer. Und schließlich wurde sie so circa eine Stunde später, nach einer hitzigen Debatte über die prekäre Situation und zwei Teerunden, im nahe gelegenen Krankenhaus mit acht Stichen genäht. Eine leichte Gehirnerschütterung wurde dem Unglücklichen zusätzlich attestiert.
    Sabri hatte eigentlich Glück gehabt - es hätte durchaus schlimmer ausgehen können – er war aber nicht in der Lage, dies zu erkennen.
    »Vah,vah,vah … oy,oy,oy«, rief seine Mutter und gab ihm einen dicken Schmatzer auf die Stirn. »Au … Anne!«, protestierte er, nur ein klein wenig, um sie nicht zu kränken. Sie meinte es gut, hatte ihm aber mit ihrer überfürsorglichen Art nie wirklich einen Gefallen getan, und sie würde ihr Verhalten in diesem Leben nicht mehr ändern.
     
    Diese Nacht schlief Sabri bei seinen Eltern, oder besser gesagt, er versuchte zu schlafen. Sein Schädel brummte wie ein alter Kühlschrank, und in seiner Magengegend verspürte er ständig ein flaues Gefühl, was ihn allerdings nicht davon abgehalten hatte, Mamas scharfe Fleischbällchen in sich hineinzuschaufeln.
    Dieses fiese Miststück , dachte er über Selin. Wenn ich die erwische! Aber er wusste eigentlich nicht so recht, was er dann tun würde.
    Und schließlich kamen ihm zum ersten Mal seit seiner Kindheit dicke, heiße Kullertränen. Sie kullerten unhaltbar seine fülligen Wangen herunter, und er kroch voller Kummer und Selbstmitleid unter die schwere Bettdecke, die seine Mutter mit Worten voller Trost und unterschwelligen Vorwürfen liebevoll auf ihn gelegt hatte, und schluchzte ganz leise vor sich hin.
    Mein Leben , dachte er, mein Leben läuft so was von scheiße.
    Und tatsächlich verlief Sabris Leben nicht im Entferntesten nach seinen Vorstellungen. Nichts davon. Und jetzt schien es ihm endgültig zu entgleisen. Mit fast Ende zwanzig hatte er immer noch keinen eigenen Laden, ja nicht einmal Nachkommen. Und natürlich fuhr er keinen schicken Sportwagen, sondern einen klapprigen Uralt-Mercedes, für den er sich andauernd schämen musste. Er hatte keinen durchtrainierten, stählernen Körper wie dieser Actionheld Vin Diesel, den er so bewunderte, und wegen dem er sich im Fitnessstudio eingeschrieben hatte, nur um nach dreimaligem Training bloß noch umsonst die Monatsgebühren für ein ganzes Jahr zu bezahlen. Ach, wenn er wenigstens eine tiefere Stimme oder volles Haar gehabt hätte. Sabri wurde weder beneidet noch bewundert und begehrt schon gar nicht. Und seit geraumer Zeit beschlich ihn die Panik, dass der Zug zur Sonnenseite des Lebens am Abfahren war … ohne ihn. Bereits über zehn Jahre in der Autowerkstatt seines Onkels zu schuften, ohne Aussicht auf einen beruflichen Aufstieg oder Wechsel oder besseres Gehalt, war nicht gerade die Erfüllung seiner Jugendträume. Auch wenn seine Eltern ihm immer wieder beteuerten, wie glücklich er sich schätzen könne, einen so sicheren Arbeitsplatz zu haben. Doch vor lauter Frust futterte Sabri mehr als ihm gut tat. Vielleicht versuchte er, die in ihm lauernden Ängste mit Essen zu unterdrücken? Das hatte ihm jedenfalls die nette Frauenstimme am

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