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Red Rabbit: Roman

Red Rabbit: Roman

Titel: Red Rabbit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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sein eigenartiges Trillern hörte. Jack fischte den Plastikschlüssel aus der Tasche, steckte ihn in den dafür vorgesehenen Schlitz und nahm den Hörer ab.
    »BLEIBEN SIE DRAN«, ertönte eine mechanische Stimme. »LEITUNG WIRD SYNCHRONISIERT. BLEIBEN SIE DRAN, LEITUNG WIRD SYNCHRONISIERT – LEITUNG IST SICHER.«
    »Hallo«, meldete sich Ryan und fragte sich, wer eine STU haben und ihn so spät noch anrufen könnte. Wie sich herausstellte, lag die Antwort auf der Hand.
    »Hi, Jack«, begrüßte ihn eine bekannte Stimme. Einen Vorteil hatten diese STUs auf jeden Fall: Dank ihrer Digitaltechnik waren die Stimmen so klar und deutlich, als säße der Gesprächspartner im selben Zimmer.
    Ryan sah auf die Schreibtischuhr. »Schon ziemlich spät bei Ihnen, Sir.«

    »Nicht so spät wie im guten, alten England. Wie geht’s Ihrer Familie?«
    »Größtenteils schläft sie bereits. Cathy liest wahrscheinlich eine medizinische Zeitschrift. Was kann ich für Sie tun, Admiral?«
    »Ich hätte da einen kleinen Auftrag für Sie.«
    »Okay.«
    »Hören Sie sich mal – ganz beiläufig – nach Juri Andropow um. Es gibt Verschiedenes, was wir nicht über ihn wissen. Vielleicht hat Basil die Informationen, die wir brauchen.«
    »Welche genau, Sir?«, fragte Ryan.
    »Ist er verheiratet, hat er Kinder?«
    »Wir wissen nicht, ob er verheiratet ist?« Ryan wurde bewusst, dass er diese Information im Dossier tatsächlich nicht gelesen hatte, aber er hatte angenommen, sie stünde anderswo, und deshalb nicht weiter darauf geachtet.
    »So ist es. Der Richter möchte wissen, ob es Basil vielleicht weiß.«
    »Okay, ich kann Simon ja mal fragen. Wie wichtig ist es?«
    »Wie gesagt, ganz beiläufig, wie aus persönlichem Interesse. Wenn Sie etwas erfahren haben, rufen Sie mich von dort wieder an, von Ihnen zu Hause, meine ich.«
    »Mache ich, Sir. Wir kennen sein Alter, seinen Geburtstag, seine Schulbildung und so weiter, aber wir wissen nicht, ob er verheiratet ist oder Kinder hat, hm?«
    »So ist es eben manchmal.«
    »Ja, Sir.« Und das gab Ryan zu denken. Über Breschnew wussten sie alles, einschließlich der Länge seines Schwanzes. Sie kannten die Konfektionsgröße seiner Tochter – 12 –, eine Information, die jemand für wichtig genug erachtet hatte, um sie von der belgischen Modistin zu erfragen, die dem liebenden Vater über den Botschafter das seidene Hochzeitskleid verkauft hatte. Aber sie wussten nicht, ob der nächste Generalsekretär der Sowjetunion verheiratet war. Mein Gott, der Typ ging auf die sechzig zu, und sie wussten das nicht? Und wenn schon. »Okay, ich kann ja mal fragen. Das dürfte nicht zu schwer werden.«
    »Und sonst? Wie geht’s in London?«
    »Es gefällt mir gut hier. Und Cathy auch. Nur was das staatliche Gesundheitswesen der Engländer angeht, ist sie etwas skeptisch.«
    »Vergesellschaftete Medizin? Kann ich ihr nicht verdenken. Ich lasse immer noch alles im Bethesda machen, aber es ist recht hilfreich, dass ich ein ›Admiral‹ vor meinem Namen stehen habe. Ein Oberstabsbootsmann im Ruhestand muss wahrscheinlich auch länger auf einen Termin warten.«
    »Das kann ich mir vorstellen.« In Ryans Fall war es eine große Hilfe, dass seine Frau zum Lehrkörper des John Hopkins gehörte. Dort gab es unter den Weißkitteln kaum jemanden, der nicht mindestens ein »Professor« auf seinem Namensschild stehen hatte, und Jack hatte gelernt, dass in der Medizin im Gegensatz zum Rest der Gesellschaft die wirklich Cleveren die Lehrer waren.
     
    Die Träume setzten nach Mitternacht ein, obwohl er das natürlich nicht wissen konnte. Es war ein strahlender Moskauer Sommertag, und ein weiß gekleideter Mann ging über den Roten Platz. Hinter ihm lag die Basiliuskathedrale, und er lief gegen den Verkehr am Lenin-Mausoleum vorbei. Er wurde von mehreren Kindern begleitet und unterhielt sich freundlich mit ihnen, etwa so wie ein beliebter Onkel … oder ein Seelsorger. Und dann wusste Oleg, dass er genau das war: ein Seelsorger. Aber warum in Weiß? Warum sogar Goldbrokat? Die Kinder, jeweils vier oder fünf Jungen und Mädchen, hielten ihn an den Händen und blickten mit einem unschuldigen Lächeln zu ihm auf. Dann wandte Oleg den Kopf. Oben auf dem Grabmal, wo sie am 1. Mai die Paraden abnahmen, standen die Politbüromitglieder: Breschnew, Suslow, Ustinow und Andropow. Andropow trug ein Gewehr, das er auf die kleine Prozession richtete. Es waren auch noch andere Leute da – gesichtslose Gestalten, die ziellos

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