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Red Rabbit: Roman

Red Rabbit: Roman

Titel: Red Rabbit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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irgendwie doch miteinander verbundene Menschen gespalten, die auf parallelen Wegen zu einem Ziel unterwegs waren, das er im Moment weder sehen noch verstehen konnte. Aber er wurde zu ihm getragen wie ein Holzstück auf einem Gebirgsbach – die Felswände schossen so rasch an ihm vorbei, dass er sie kaum richtig wahrnahm. Fast überraschte es ihn, als er sich in einem U-Bahnwagen wiederfand, der durch die dunklen Tunnel jagte. Sie waren unter der Regierung Nikita Sergejewitsch Chruschtschows von den politischen Gefangenen Stalins gebaut worden. Zaitzew war umgeben von den reglosen, fast gesichtslosen Körpern anderer Sowjetbürger, die sich ebenfalls auf dem Weg zu einer Tätigkeit befanden,
die ihnen keinen Spaß machte und für die sie wenig Engagement aufbrachten. Aber sie fuhren trotzdem hin, weil sie auf diese Weise das Geld verdienten, mit dem sie das Essen für ihre Familien kauften, winzige Rädchen in der gigantischen Maschinerie des Sowjetstaates, dem sie angeblich alle dienten, wie er umgekehrt angeblich ihnen und ihren Familien diente …
    War das alles eine Lüge? fragte sich Zaitzew. Oder doch nicht? Wie sollte die Ermordung eines Geistlichen dem Sowjetstaat dienen? Wie diente sie diesen Menschen? Wie diente sie ihm und seiner Frau und seiner kleinen Tochter? Indem sie ihnen Lebensmittel zugänglich machte? Indem sie ihn in die Lage versetzte, in den Spezial-Geschäften einzukaufen und Dinge zu erwerben, von deren Kauf andere Arbeiter nicht einmal träumen konnten?
    Aber ihm ging es besser als fast allen anderen in diesem U-Bahnwagen, hielt sich Oleg Iwan’tsch vor Augen. Sollte er dafür nicht dankbar sein? War es etwa nicht so, dass er besseres Essen aß, besseren Kaffee trank, ein besseres Fernsehprogramm sah, auf besseren Laken schlief? Hatte er denn nicht all den Komfort, von dem diese Menschen träumten? Warum bin ich plötzlich so aufgewühlt? fragte er sich. Die Antwort lag so offen auf der Hand, dass er fast eine Minute brauchte, um darauf zu kommen. Es war, weil ihm seine Position, der er all diese Annehmlichkeiten verdankte, auch zu einem besonderen Wissen verhalf, und in diesem Fall war Wissen zum ersten Mal in seinem Leben ein Fluch. Er hatte Einblick in die Gedankengänge der Männer, die den Kurs bestimmten, den das Land einschlug, und er sah, dass dieser Kurs falsch war … Nicht nur falsch, sondern auch schlecht, und ausgerechnet in seinem Bewusstsein gab es eine Instanz, die das alles betrachtete und als falsch beurteilte. Mit diesem Urteil aber kam die Notwendigkeit, etwas zu tun, zu verändern. Wenn er allerdings Widerstand leistete, konnte er nicht damit rechnen, das zu behalten, was in diesem Land als Freiheit galt. Es gab für ihn keine Möglichkeit, das Urteil, zu dem er gelangt war, anderen mitzuteilen, auch wenn diesem Urteil möglicherweise viele andere zustimmten. Doch sie würden dann vielleicht von den Männern, die ihr Land regierten, verlangen, dass sie auf ihre Beschwerden eingingen. Nein, in dem bestehenden System gab es keine Möglichkeit für ihn, etwas zu unternehmen. Dafür musste man sich in einer sehr hohen Position befinden. Doch selbst
dann hatte man sich, bevor man seine Zweifel äußerte, sehr genau zu überlegen, was man sagte, damit man seine Privilegien nicht verlor. Deshalb wurde das, was man an Gewissen haben mochte, von der Feigheit klein gehalten. Er hatte noch von keinem hohen Politiker in seinem Land gehört, der aufgestanden wäre, zu seinen Prinzipien gestanden und seinesgleichen gesagt hätte, dass sie etwas Falsches taten. Nein, dem beugte das System schon durch die Art von Menschen vor, die es sich aussuchte. Korrupte Männer wählten nur ebenso korrupte Männer dafür aus, die Macht mit ihnen zu teilen, denn so wurden sie nicht gezwungen, all das in Frage zu stellen, was ihnen zu ihren ungeheuren Privilegien verhalf. Genauso, wie sich die Fürsten unter den Zaren selten, wenn überhaupt einmal, Gedanken über die Auswirkungen ihrer Herrschaft auf die Untertanen gemacht hatten, so stellten auch die neuen Fürsten des Marxismus das System nie in Frage, das ihnen zu ihrer Stellung in der Welt verhalf. Und warum nicht? Weil die Welt ihre Gestalt nicht geändert hatte – nur ihre Farbe, von zaristischem Weiß zu sozialistischem Rot. Indem sie ihre Gestalt beibehielt, behielt sie auch ihre Funktionsweise bei, und in einer roten Welt fiel zusätzlich vergossenes Blut ohnehin kaum auf.
    Die U-Bahn hielt an seiner Station, und Zaitzew bahnte sich

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