Red Rabbit: Roman
Lieben Frau von den Mikrochips und dem größten Mikrowellenherd der Welt lag. Foley freute sich jedes Mal aufs Neue, die gehisste Fahne und die Marines zu sehen, ein weiterer Beweis dafür, dass er am richtigen Ort war. Sie sahen immer gut aus in ihren Khakihemden und den blauen Uniformhosen, mit den Pistolen am Gürtel und den weißen Käppis.
Sein Büro war so unaufgeräumt wie immer – zu einer gewissen Schlampigkeit zu neigen war Teil seiner Tarnung.
Allerdings erstreckte sich seine Tarnung nicht auf die Kommunikationsabteilung. Das ging nicht. Leiter der Kommunikationsabteilung der Botschaft war Mike Russell, ein ehemaliger Lieutenant Colonel der Army Security Agency, des Nachrichtendiensts der US Army. Inzwischen gehörte er jedoch als Zivilist der National
Security Agency an, die offiziell in der gleichen Funktion für die gesamte Regierung tätig war. Für Russell war der Dienst in Moskau besonders hart. Als geschiedener Schwarzer kam er hier, was Frauen anging, deutlich zu kurz, denn erwiesenermaßen waren die Russen gegenüber Menschen mit dunkler Hautfarbe sehr reserviert. Das Klopfen war unverkennbar.
»Kommen Sie rein, Mike!«, rief Foley.
»Morgen, Ed.« Russell war unter eins achtzig, und seinem Bauchumfang nach zu schließen, schmeckte ihm das Essen ein bisschen zu gut. Aber in Sachen Codes und Kommunikation war auf ihn Verlass, und das genügte vorerst. »Nicht viel los heute Nacht.«
»Ach?«
»Ja, nur das hier.« Er holte einen Umschlag aus seiner Jackentasche und reichte ihn an Foley weiter. »Nichts Wichtiges, wie es aussieht.« Er hatte die Nachricht bereits entschlüsselt. Nicht einmal der Botschafter hatte eine so hohe Sicherheitseinstufung wie der Leiter der Kommunikationsabteilung. Plötzlich war Foley froh über den russischen Rassismus. Er verringerte die Wahrscheinlichkeit, dass Mike von der Gegenseite angeworben wurde, ganz erheblich. Denn so etwas wäre fatal gewesen: Mike Russell war der Einzige in der ganzen Botschaft, der alle verpfeifen konnte. Aus diesem Grund versuchten durchweg alle Geheimdienste, sich an die Chiffrierspezialisten heranzumachen, an die schlecht bezahlten und wenig geachteten Leute, die in jeder Botschaft über eine nicht unerhebliche Informationsmacht verfügten.
Foley nahm den Umschlag und öffnete ihn. Die Nachricht, die er enthielt, war nicht einmal eine Routineangelegenheit, ein weiterer Beweis dafür, dass auch die CIA, so wichtig ihre Arbeit auch sein mochte, nur eine Behörde war. Schnaubend steckte er das Papier in seinen Aktenvernichter, wo es von rotierenden Stahlrädern in zwei mal zwei Zentimeter große Schnitzel zerkleinert wurde.
»Muss schön sein, die Arbeit eines ganzen Tages in zehn Sekunden erledigen zu können«, bemerkte Russell mit einem Lachen.
»In Vietnam war das sicher etwas anders.«
»Allerdings. Ich kann mich noch erinnern, wie meine Leute im MAC-V-Hauptquartier einen Vietcong-Sender angepeilt haben. In der Nacht war vielleicht was los!«
»Haben Sie den Kerl erwischt?«
»Klar.« Russell nickte. »Die Einheimischen waren stinksauer auf diesen kleinen Pisser. Hat ein schlimmes Ende genommen mit ihm, soviel ich gehört habe.« Damals war Russell First Lieutenant gewesen. Geboren und aufgewachsen war er in Detroit, wo sein Vater im Zweiten Weltkrieg B-24-Bomber gebaut hatte und nicht müde geworden war, seinem Sohn zu erzählen, wie viel befriedigender dieser Job gewesen sei als Fords zusammenzuschrauben.
Russell verabscheute alles an der Sowjetunion (nicht mal für gute Soulmusik hatten sie was übrig!), aber die Gehaltszulage, die mit dem Dienst hier einherging – eine Versetzung nach Moskau galt als Härtefall –, würde ihm eines Tages den Kauf eines schönen Hauses auf der Upper Peninsula ermöglichen, wo er nach Herzenslust Vögel und Rotwild jagen konnte. »Irgendwas, das raus muss, Ed?«
»Nein, heute nicht – jedenfalls noch nicht.«
»Alles klar. Dann einen schönen Tag noch.« Damit verschwand Russell nach draußen.
Es war nicht wie in den Spionagethrillern – die Arbeit bei der CIA brachte erheblich mehr Langeweile als Spannung mit sich. Mindestens zwei Drittel von Foleys Arbeitszeit ging dafür drauf, dass er Berichte schrieb, die vielleicht jemand in Langley las, und/oder auf Treffen wartete, die vielleicht zustande kamen. Er hatte ein paar Leute, die den größten Teil der Außendienstaufgaben übernahmen, denn seine Identität war zu prekär, um ihre Aufdeckung zu riskieren – ein Punkt, auf
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