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Red Rabbit: Roman

Red Rabbit: Roman

Titel: Red Rabbit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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zurück in Halseys vertrackte Gehirnwindungen.
    Heute war Jack allerdings nicht so recht bei der Sache. Das war ungewöhnlich. Seine Tipptechnik – drei Finger und ein Daumen
(an einem guten Tag zwei Daumen) – war die gleiche, aber sein Verstand konzentrierte sich nicht richtig, als wolle er sich lieber mit etwas anderem befassen. Das war gelegentlich der Fluch der Analysen, die er für die CIA erstellte. Manche Probleme verschwanden einfach nicht, sondern zwangen Ryans Verstand, dasselbe Material immer und immer wieder durchzugehen, bis er über die Antwort auf eine Frage stolperte, die häufig für sich allein genommen keinen Sinn ergab. Das Gleiche war ihm manchmal auch während seiner Zeit bei Merrill Lynch passiert, wenn er Recherchen über bestimmte Aktien angestellt und nach versteckten Werten oder Gefahren in den Geschäften und Finanzen einer an der Börse gehandelten Firma gesucht hatte. Dabei hatte er gelegentlich in deutlichem Widerspruch zu den Leitern der New Yorker Niederlassung gestanden, doch war es schon damals nicht seine Art, nach der Pfeife eines Vorgesetzten zu tanzen. Sogar beim Marine Corps wurde von einem Offizier, gleichgültig wie niedrig sein Rang war, erwartet, dass er eigenständig dachte. Und Klienten vertrauten einem Stockbroker ihr Geld nur unter der Voraussetzung an, dass er damit umging, als wäre es sein eigenes. Meistens hatte Ryan mit seinen Aktionen Recht behalten. Nachdem er die ihm anvertrauten Gelder in Chicago and Northwestern Railroad angelegt hatte, war er von seinen Supervisoren massiv kritisiert worden, aber er hatte sich nicht unterkriegen lassen, und die Kunden, die auf ihn hörten, konnten später stattliche Gewinne einstreichen – was ihm wiederum eine ganze Reihe neuer Kunden einbrachte. Deshalb hatte Ryan gelernt, auf seinen Instinkt zu hören und sich an jeder juckenden Stelle zu kratzen, auch wenn dort oberflächlich nichts zu erkennen und kaum etwas zu spüren war. Das hier war auch so ein Fall, und es ging dabei um den Papst. Die Informationen, die er hatte, fügten sich zwar nicht zu einem lückenlosen Bild zusammen, aber daran war er gewöhnt. An der Börse hatte er gelernt, wie und wann man sein Geld auf lückenhafte Bilder setzte, und in neun von zehn Fällen hatte er Recht behalten.
    Auf dieses hier hatte er allerdings nichts zu setzen als dieses leichte Kribbeln. Irgendetwas war da im Busch. Er wusste nur nicht, was. Alles, was er zu Gesicht bekommen hatte, war eine Kopie der nach Warschau geschickten Warnung, die sicher nach
Moskau weitergeleitet worden war, wo ein Haufen alter Männer sie als Bedrohung betrachten würden.
    Das war nicht gerade viel, sagte sich Ryan. Er ertappte sich bei dem Wunsch, eine Zigarette zu rauchen. Manchmal half ihm das beim Nachdenken, aber Cathy würde ihm die Hölle heiß machen, wenn sie später Rauch im Haus roch. Andererseits reichte in Situationen wie dieser Kaugummi, selbst Bubble Gum, nicht aus.
    Er wünschte sich, mit Jim Greer sprechen zu können. Der Admiral behandelte ihn oft wie einen Ersatzsohn – sein richtiger Sohn war als Lieutenant des Marine Corps in Vietnam gefallen, hatte Ryan irgendwann erfahren – und erklärte sich manchmal bereit, ein Problem mit ihm durchzusprechen. Zu Sir Basil Charleston hatte Ryan kein derart enges Verhältnis, und Simon Harding war ihm vom Alter her zu nah, wenn auch nicht in Hinblick auf seine Erfahrung. Doch im Moment wälzte Ryan ein Problem, mit dem er sich nicht allein herumschlagen sollte. Er wünschte sich, mit seiner Frau darüber sprechen zu können, aber das war nicht erlaubt, und außerdem kannte Cathy die Situation nicht gut genug, um deren Ernst zu erfassen. Sie war in einer privilegierteren Umgebung groß geworden. Als Tochter eines millionenschweren Aktien- und Wertpapierhändlers war sie in einer großen Wohnung an der Park Avenue aufgewachsen, hatte die besten Schulen besucht, hatte zum sechzehnten Geburtstag ein eigenes Auto und auch fortan alle Widrigkeiten des Lebens vom Leib gehalten bekommen. Ganz anders Jack. Sein Vater war bei der Polizei gewesen, hauptsächlich als Ermittler beim Morddezernat, und wenn er auch nie Arbeit mit nach Hause gebracht hatte, hatte Jack ihm genügend Fragen gestellt, um zu begreifen, dass das richtige Leben ein Ort voller unvorhersehbarer Gefahren war und dass manche Leute einfach nicht wie normale Menschen dachten. Diese Leute nannte man die Bösen – und sie konnten verdammt böse werden. Ryan hatte immer ein

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