Red Rabbit: Roman
seinem Ausgang.
Und dann würde er sich mit Boris Strokow treffen und sich einen Eindruck verschaffen, wie schnell die Operation durchgeführt werden konnte. Boris Andreiewitsch wäre sicher sofort Feuer und Flamme. Das Ganze geriet zur wichtigsten Mission seines Lebens, zur krönenden Olympiateilnahme, die er sicherlich weniger einschüchternd als stimulierend fand, und nach erfolgreichem Abschluss war ihm eine Beförderung sicher – vielleicht ein neues Auto und/oder eine schöne Datscha außerhalb Sofias. Oder vielleicht sogar beides. Und was gibt es für mich selbst? fragte sich KGB-Mann Bubowoi. Eine Beförderung, das war sicher. Generalssterne und eine Rückberufung nach Moskau, ein gemütliches Büro in der Zentrale, eine schöne Wohnung am Kutusowski Prospekt. Die Vorstellung, nach Moskau zurückzukehren, war nicht ohne Reiz für den Agenten, der viele Jahre außerhalb der Grenzen der rodina , der Heimat, verbracht hatte. Genug Jahre, fand er. Mehr als genug.
»Wo ist der Kurier jetzt gerade?«, fragte Mary Pat, während sie den Teppich im Wohnzimmer saugte.
»Irgendwo über Norwegen«, erwiderte ihr Mann.
»Ich habe eine Idee«, sagte sie.
»Ja?«, sagte Ed Foley ahnungsvoll.
»Was wäre, wenn wir Rabbit rausschaffen, ohne dass sie es mitbekommen?«
»Wie stellst du dir das vor?«, fragte ihr Mann überrascht. Was führte sie nun schon wieder im Schilde? »Ihn und seine Familie außer Landes zu schaffen wird so oder so nicht gerade einfach sein.«
Sie erzählte ihm von dem Plan, den sie sich ausgedacht hatte, und er war tatsächlich sehr originell.
Hätte ich mir fast denken können, dass du mit so was ankommst, dachte Ed, ohne eine Miene zu verziehen. Doch dann begann er, darüber nachzudenken. »Kompliziert«, bemerkte er schließlich knapp.
»Aber machbar«, entgegnete sie.
»Schatz, das ist eine ziemlich verrückte Idee.«
»Wenn’s gelänge, wäre das der absolute Hammer«, sagte sie, während sie unter dem Sofa saugte. Foley rutschte näher zum Fernseher, damit er hören konnte, was die Transformers -Roboter sagten. Ein gutes Zeichen. Wenn er nichts hören konnte, gelang es auch den KGB-Mikrofonen nicht.
»Man kann ja durchaus mal darüber nachdenken«, sagte Foley. »Aber so etwas auch durchzuführen – also, ich weiß nicht.«
»Wir werden doch dafür bezahlt, kreativ zu sein, oder etwa nicht?«
»Also, hier lässt sich so etwas unmöglich durchziehen.« Jedenfalls nicht, ohne eine ganze Menge informeller Mitarbeiter einzubeziehen, von denen einige möglicherweise nicht ganz zuverlässig waren, was natürlich Eds größte Angst darstellte und zudem eine, gegen die sie sich nicht ohne weiteres absichern konnten. Das war eins der Probleme bei der Spionage. Bei der Enttarnung von Spitzeln bewies die Spionageabwehr des KGB meist sehr viel Raffinesse. Zum Beispiel sprach man einfach ein bisschen mit dem Betreffenden und sagte ihm, er solle weiterhin so tun, als ob nichts gewesen wäre, dann würde er noch bis Jahresende am Leben bleiben. Im Rahmen ihrer Schulung lernten die informellen Mitarbeiter zwar, bei Gefahr ein Abwinksignal zu geben, aber wer konnte schon sagen, ob sie es im Ernstfall auch wirklich taten? Das verlangte einiges Engagement von den Helfern, mehr, als die meisten aufbringen mochten.
»Aber es gibt doch auch andere Länder, in die wir sie bringen könnten«, schlug MP vor. »Nach Osteuropa zum Beispiel. Wir könnten sie über diesen Weg rausholen.«
»Möglich ist das schon«, gab Ed ihr auch in diesem Punkt Recht. »Aber unser Auftrag lautet unter Umständen, sie rauszuschaffen, und nicht, vom ostdeutschen Punktrichter möglichst viele Punkte für künstlerischen Ausdruck zu bekommen.«
»Ich weiß, aber denk trotzdem mal darüber nach. Wenn wir ihn unbemerkt aus Moskau wegschaffen können, eröffnet uns das gleich ganz andere Möglichkeiten.«
»Ja, Schatz. Aber es bringt auch Kommunikationsprobleme mit sich.« Und das hieß, dass sie möglicherweise alles vermasseln würden. Die Grundregel, alles immer so einfach wie möglich durchzuführen, gehörte ebenso zum CIA-Standard wie der Trenchcoat und der Schlapphut, den Agenten in schlechten Filmen trugen. Zu viele Köche verdarben den Brei.
Aber ihr Vorschlag hatte es durchaus in sich. Rabbit so rauszuschaffen, dass die Sowjets dachten, er wäre tot, hieße, dass sie keine Vorsichtsmaßnahmen treffen mussten. Es wäre etwa so, als würde man Captain Kirk mittels Teleporter – und mit Tarnkappe – ins
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