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Red Rabbit: Roman

Red Rabbit: Roman

Titel: Red Rabbit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Beherrschte allzu gefährlich. Stalin hatte vielleicht manches Gute bewirkt, doch seine Fehler überwogen. Sie hatten die Sowjetunion um Jahrzehnte zurückgeworfen und zu fortwährender Rückständigkeit verurteilt. Mit dem Aufbau der weltweit kolossalsten Bürokratie hatte er sein Land um fast alle Fortschrittschancen gebracht.
    Aber ein einzelner Mann, nämlich der richtige, konnte die Genossen im Politbüro anführen und dann, indem er neue Mitglieder auszuwählen half, seinen Einfluss im Sinne notwendiger Veränderungen geltend machen, anstatt Terror zu verbreiten. Vielleicht vermochte er dann auch wieder das Land voranzubringen, wenn er, ohne die Kontrolle aus den Händen zu geben, ein gewisses Maß an Flexibilität zuließe, das zur Verwirklichung des wahren Kommunismus unabdingbar war. Dann mochte die strahlende Zukunft hereinbrechen, die Lenin den Getreuen versprochen hatte.
    Andropow konnte den Widerspruch in seinem Denken nicht erkennen. Wie so viele große Männer ignorierte er, was mit seinen Ambitionen unvereinbar war.
    Nicht ignorieren konnte er jedoch die Gefahr, die von Karol ausging.

    Dieses Thema würde auf der nächsten Mitarbeiterkonferenz anzusprechen sein. Die Optionen mussten ausgelotet werden. Das Politbüro würde nach konkreten Antworten auf den Brief aus Warschau verlangen. Er, Juri Wladimirowitsch, wäre gefragt und musste sich deshalb etwas einfallen lassen, das die Genossen, die so gern am Gewohnten festhielten, nicht allzu sehr verängstigen würde. Diese angeblich so mächtigen Männer waren enorm furchtsam.
    Andropow las etliche Berichte seiner Einsatzagenten, der tüchtigen Spione vom Ersten Hauptdirektorat, die sich stets in die Gedanken ihrer Gegenspieler einzuschleichen versuchten. Sonderbar, wie viel Angst es in der Welt gab, und die Ängstlichsten waren interessanterweise oft diejenigen, die die Macht in den Händen hatten.
    Andropow leerte das Glas und entschied sich für einen weiteren Schlaftrunk. Der Grund ihrer Angst, dachte er, lag in der Sorge, womöglich nicht mächtig und stark genug zu sein. Sie wurden von ihrer Ehefrau schikaniert wie der einfache Fabrikarbeiter oder Bauer auch. Es graute ihnen davor, zu verlieren, woran sie so krampfhaft festhielten, und deshalb machten sie sich für schäbige Unternehmungen stark, die darauf ausgerichtet waren, klein zu machen, was an den herrschenden Besitzständen rüttelte. Sogar Stalin, der mächtigste Despot überhaupt, hatte mit seiner Macht offenbar nichts Besseres anzufangen gewusst, als seine potenziellen Widersacher zu eliminieren, und statt nach vorn beziehungsweise über die Grenzen hinaus zu blicken, blickte der große Koba immer nur nach unten, worin er eher einer Memme glich, die in Angst vor Mäusen lebte, als einem Mann, der die Kraft und den Willen hatte, sich mit einem Tiger anzulegen.
    Aber hatte er, Juri Wladimirowitsch, wirklich mehr zu bieten? Ja! Ja, er war in der Lage, in die Zukunft zu blicken und den Weg zu weisen. Ja, er konnte seine Visionen auch jenen schlichteren Gemütern begreiflich machen, die im Kreml saßen, und sie kraft seines Willens anführen. Ja, er würde das Vermächtnis Lenins und all der anderen großen Staatsphilosophen seines Landes aufgreifen und erfüllen. Ja, es sollte ihm möglich sein, sein Land voranzubringen und als einer seiner größten Söhne in die Geschichte eingehen …
    Aber zuerst musste er sich um Karol kümmern und der lästigen Drohung begegnen, die dieser gegen die Sowjetunion ausgesprochen hatte.

2. Kapitel
VISIONEN UND HORIZONTE
    Dass sie ihn zum Bahnhof chauffieren sollte, behagte Cathy überhaupt nicht. Da er auf die linke Seite des Wagens gegangen war, hatte sie wie selbstverständlich angenommen, dass er sich ans Steuer setzen würde, und war umso mehr überrascht, als er ihr den Zündschlüssel zuwarf.
    Zum Glück waren, wie sie erleichtert feststellte, die Pedale genauso angeordnet wie in einem amerikanischen Wagen. Schließlich waren die meisten Menschen Rechtsfüßer. Doch die Engländer fuhren auf der linken Seite. Der Schaltknüppel steckte in der Mittelkonsole, weshalb sie mit der linken Hand zugreifen musste, um zu schalten. Rückwärts aus der Einfahrt zu rangieren war dann aber doch nicht allzu schwierig, und sie fragte sich, wie wohl die Briten mit der Umstellung zurechtkamen, wenn sie den Ärmelkanal überquerten und in Frankreich oder Belgien auf die rechte Straßenseite wechseln mussten.
    »Denk daran«, sagte Jack, »links ist rechts, rechts

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