Red Rabbit: Roman
besser. Nur ganz selten öffnete er sonst während eines Fluges den Sicherheitsgurt. Zu essen gab es Sandwiches – englische, mit einem Unkraut namens Brunnenkresse. Ryan sehnte sich nach einem guten Stück Cornedbeef, aber in Großbritannien wusste man nicht einmal, was Cornedbeef eigentlich war. Man hielt es tatsächlich für den Dosenmüll, der die meisten Amerikaner wiederum an Hundefutter erinnerte. Wahrscheinlich fütterten die Briten ohnehin ihre Hunde nur vom Feinsten, so verrückt wie die nach ihren Haustieren waren. Die zahlreichen Lichter, die nun unterhalb des Flugzeuges zu sehen waren, bewiesen, dass sie bereits über Westeuropa hinwegflogen. Der Osten war nirgendwo so gut beleuchtet.
Zaitzew fühlte sich noch immer nicht sicher. Was, wenn das Ganze einfach eine ausgeklügelte Falle war, um ihn dazu zu bringen, aus dem Nähkästchen zu plaudern? Was, wenn das Zweite Hauptdirektorat um des flüchtigen Nutzens willen ein riesiges potemkinsches Dorf aus dem Boden gestampft hatte?
»Ryan?«
Jack wandte sich um. »Ja?«
»Was passiert, wenn wir in England ankommen?«
»Ich kenne die weiteren Pläne nicht«, erklärte Ryan.
»Sie sind von der CIA?«, fragte Rabbit erneut.
»Ja.« Jack nickte.
»Wie kann ich sicher sein?«
»Also…« Ryan zog seine Brieftasche hervor. »Hier sind mein Führerschein, meine Kreditkarten, etwas Bargeld. Mein Pass ist selbstverständlich gefälscht. Ich bin Amerikaner, aber man hat mir einen britischen besorgt. Oh …« – plötzlich ging Ryan ein Licht auf – »… Sie glauben doch nicht etwa, dass das alles ein Riesenschwindel ist?«
»Wie kann ich sicher sein?«
»Mein Freund, in weniger als einer Stunde werden Sie davon überzeugt sein, dass alles seine Richtigkeit hat. Hier …« – wieder öffnete Ryan seine Brieftasche – »… das sind meine Frau, meine Tochter und unser kleiner Sohn. Meine Heimatadresse – das ist in Amerika – steht hier in meinem Führerschein, 5000 Peregrine Cliff Road, Anne Arundel County, Maryland. Das liegt direkt an der Chesapeake Bay. Ich brauche eine Stunde, um von dort zum CIA-Hauptquartier nach Langley zu fahren. Meine Frau ist Augenärztin am Johns-Hopkins-Krankenhaus in Baltimore. Die Klinik ist weltberühmt. Sie haben doch bestimmt schon davon gehört.«
Zaitzew schüttelte nur den Kopf.
»Also, vor etwa zwei Jahren haben drei Ärzte vom Hopkins Michail Suslow an den Augen operiert. Offenbar ist er inzwischen tot. Wir glauben, dass Michail Jewgeniewitsch Alexandrow sein Nachfolger wird. Wir wissen zwar einiges über ihn, aber nicht genug. Außerdem wissen wir auch nicht genug über Juri Wladimirowitsch.«
»Was wissen Sie nicht?«
»Ist er verheiratet? Wir haben noch nie ein Foto von seiner Frau gesehen, wenn er überhaupt eine hat.«
»Aber das weiß doch jeder. Seine Frau Tatjana ist sehr elegant. Meine Frau sagt, sie ist sehr vornehm. Aber die beiden haben keine Kinder«, schloss Oleg.
Das ist also die erste Information, die Rabbit rausrückt, dachte Ryan.
»Wie ist es möglich, dass Sie nichts Näheres wissen?«, fragte Zaitzew.
»Oleg Iwan’tsch, es gibt viele Dinge, die wir von der Sowjetunion nicht wissen«, gab Jack zu. »Manche sind wichtig, andere nicht.«
»Ist das wahr?«
»Ja, das ist wahr.«
Irgendein Rädchen drehte sich plötzlich in Zaitzews Hirn. »Ihr Name lautet Ryan, sagen Sie?«
»Das stimmt.«
»Ihr Vater ist Polizist?«
»Woher wissen Sie das?«, fragte Ryan überrascht.
»Wir haben ein Dossier über Sie. Von der Washington-Agentur. Ihre Familie wurde angegriffen, nicht wahr?«
»Stimmt.« Der KGB ist also an mir interessiert. Sieh mal einer an, dachte Jack. »Von Terroristen. Sie haben versucht, mich und meine Familie umzubringen. In derselben Nacht wurde mein Sohn geboren.«
»Und dann sind Sie zur CIA gekommen?«
»Ich wiederhole es – ja. Offiziell jedenfalls. Ich arbeite seit einigen Jahren für die CIA.« Dann siegte die Neugier. »Was steht denn in diesem Dossier über mich?«
»Dass Sie ein reicher Idiot sind. Früher Offizier in der Marineinfanterie, Ihre Frau ist reich, und deshalb haben Sie sie geheiratet. Damit Sie selbst noch mehr Geld haben.«
Also ist auch der KGB Gefangener seiner eigenen politischen Vorurteile, dachte Jack. Interessant!
»Ich war nicht arm«, erzählte er. »Und ich habe meine Frau aus Liebe geheiratet, nicht wegen des Geldes. Nur ein Trottel bringt so etwas fertig.«
»Wie viele Kapitalisten sind Trottel?«
Ryan lachte in
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