Red Rabbit: Roman
Fähigkeit irgendetwas geahnt, bis sie sich auf dem Schlachtfeld offenbart und wahrscheinlich sogar ihn selbst überrascht hatte. Murphy hatte sicher nicht einmal bemerkt, wie sehr er sich von allen anderen unterschied.
Strokow ist ein Profi, rief sich Jack ins Gedächtnis. Also wird er wie ein Profi vorgehen. Er wird jedes Detail planen, vor allem die Flucht.
»Sie müssen Ryan sein«, sagte plötzlich eine Stimme mit britischem Akzent.
Jack wandte sich um und erblickte einen blassen Mann mit rotem Haar.
»Und wer sind Sie?«
»Mick King«, entgegnete der Fremde. »Sir Basil hat mich und drei andere hierher beordert. Dabei, das Gelände zu inspizieren?«
»Ist das so offensichtlich?«, fragte Ryan, plötzlich besorgt.
»Sie könnten ebenso gut als Architekturstudent durchgehen«, beruhigte King ihn sofort. »Welchen Eindruck haben Sie denn?«
»Ich glaube, dass der Schütze sich etwa hier postieren wird und dann versucht, dort entlang zu entkommen«, sagte Jack und unterstrich seine Worte mit einer Geste.
King schaute sich um, ehe er antwortete: »So oder so ist es ein riskantes Unternehmen. So gut kann man gar nicht planen. Die vielen Menschen, die sich hier aufhalten werden … aber Sie haben Recht: So könnte es ablaufen, sieht jedenfalls viel versprechend aus.«
»Wenn ich diesen Auftrag auszuführen hätte, würde ich es von dort oben mit einem Gewehr versuchen. Auf jeden Fall muss dort jemand postiert werden.«
»Sehe ich auch so. John Sparrow, der da drüben mit dem kurzen Haar, kann das übernehmen. Er hat einen Haufen Kameras dabei.«
»Noch einer muss in der Straße dort hinten campieren. Unser Vogel hat wahrscheinlich einen Wagen dabei, mit dem er sich aus dem Staub machen will. Dort würde ich ihn jedenfalls parken.«
»Ein bisschen zu nahe liegend, oder?«
»Also bitte, ich bin ehemaliger Marine und kein Schachspieler«, entgegnete Ryan. Es tat gut, sich mit jemandem auszutauschen. Es gab eine Menge taktischer Möglichkeiten. Jeder las eine Karte etwas anders als der Nächste, und die Bulgaren gingen womöglich sogar nach vollkommen anderen Spielregeln vor.
»Jedenfalls haben wir einen Scheißjob an Land gezogen. Unsere einzige Hoffnung ist im Grunde, dass dieser Strokow gar nicht erst auftaucht. Ach, hier ist er übrigens«, sagte King und reichte Ryan einen Umschlag. Er war voller großer Fotos von recht guter Qualität.
»Nick Thompson erzählte, dass er leblose Augen hat«, sagte Ryan, während er eines betrachtete.
»Scheint ein eiskalter Typ zu sein, oder?«
»Wie ist es? Bewaffnen wir uns am Mittwoch, ehe wir uns auf den Weg hierher machen?«
»Ich auf jeden Fall«, nickte King. »Eine Neun-Millimeter-Browning. In der Botschaft müssen noch welche sein. Ich weiß, dass Sie unter Druck sehr präzise schießen können, Sir John«, fügte er nicht ohne Respekt hinzu.
»Was aber nicht heißt, dass mir das gefällt.« Die beste Position für jede Art von Pistole war sowieso der unmittelbare Kontakt zum Körper des Gegners. Das Ziel ließ sich so kaum verfehlen, und obendrein wurde noch der Schall gedämpft.
Während der folgenden zwei Stunden erkundeten die fünf Männer die Piazza und kehrten zwischendurch immer wieder zum Ausgangspunkt zurück, um sich zu beraten.
»Wir können nicht das ganze Areal bewachen. Dazu brauchten wir mindestens hundert Mann«, stellte Mick King am Ende fest. »Und wenn wir nicht überall stark sein können, sollten wir uns auf eine Stelle beschränken, um wenigstens da stark zu sein.«
Jack nickte und erinnerte sich an Napoleon, der seine Generäle dazu aufgefordert hatte, Pläne zu entwickeln, wie Frankreich vor einer Invasion geschützt werden könnte. Als einer der Männer seine Truppen sogar an den Grenzen stationieren wollte, fragte er empört, ob der Bursche etwa den Befehl erhalten hatte, gegen Schmuggler vorzugehen. Es war tatsächlich etwas dran: Wenn man nicht überall stark sein konnte, legte man sich auf einen Ort fest und
betete darum, die richtige Wahl getroffen zu haben. Der Schlüssel zum Ganzen lag wie immer darin, sich angemessen in die Lage des Gegners zu versetzen. So hatte Ryan es jedenfalls während seiner Ausbildung zum Analysten gelernt. Denke, wie dein Feind denkt, und fall ihm auf diese Weise in den Arm. In der Theorie klang das gut und einfach. In der Praxis lagen die Dinge jedoch meist ganz anders.
Die Männer trafen Tom Sharp am Eingang der Basilika, und gemeinsam gingen sie in ein Restaurant, um etwas zu essen und
Weitere Kostenlose Bücher