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Red Rabbit: Roman

Red Rabbit: Roman

Titel: Red Rabbit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Mit dem Anblick seiner Remington-Schrotflinte konnte sich Cathy halbwegs abfinden – er benutzte sie zur Jagd, und sie war bereit, das zu tolerieren, weil man die Vögel kochen und essen konnte und weil die Flinte nicht geladen war. Aber bei einer Pistole war ihr nicht ganz wohl. Und deshalb sprachen sie einfach nicht darüber, wie das bei zivilisierten Eheleuten so üblich war – solange Sally nicht an die Pistole rankam, weil sie wusste, dass sie im Kleiderschrank ihres Vaters nichts zu suchen hatte. Ihm, Ryan, war seine
Browning Hi-Power 9-mm-Automatik richtig ans Herz gewachsen. Sie war mit vierzehn Federal-Hohlmantelgeschossen und zwei Ersatzmagazinen geladen und hatte ein Tritium-Wettkampfvisier und Griffschalen. Falls er je wieder eine Pistole benötigen sollte, dann wäre diese die richtige. Er musste einen Platz finden, an dem er Schießen üben konnte, rief sich Ryan in Erinnerung. Vielleicht gab es auf der nahen Royal Navy Base einen Schießstand. Sir Basil bräuchte vermutlich nur anzurufen, um etwas zu arrangieren. Als Ehrenritter besaß er zwar kein Schwert, aber eine Pistole war das moderne Äquivalent und konnte bei Gelegenheit ganz nützlich sein.
    Wie ein Korkenzieher. »Chianti?«, fragte Ryan.
    Cathy wandte sich ihm zu. »Meinetwegen, ich habe morgen keine OP-Termine.«
    »Ich habe noch nie verstanden, Cath, wie sich ein, zwei Gläser Wein am Abend auf eine Operation am nächsten Tag auswirken sollen  – bis dahin sind es doch noch zehn bis zwölf Stunden.«
    »Jack, Alkohol und Chirurgie gehören einfach nicht zusammen«, erklärte sie ihrem Mann geduldig. »Du trinkst doch auch nichts, wenn du fahren musst. Genauso trinkt man auch nicht, wenn man operiert. Niemals. Ausnahmslos.«
    »Jawohl, Frau Doktor. Dann schreibst du morgen also nur Rezepte aus?«
    »Mhm, ein einfacher Tag. Und bei dir?«
    »Nichts Wichtiges. Der gleiche Kram, wie fast jeden Tag.«
    »Ich verstehe nicht, wie du das aushältst.«
    »Oh, es ist sehr wohl interessant, sehr viel Geheimkram, man muss eben Spion sein, um das zu verstehen.«
    »Aha.« Sie schüttete die Spaghettisoße in eine Schüssel. »Hier.«
    »Der Wein ist noch nicht geöffnet.«
    »Dann beeil dich ein bisschen.«
    »Ja, Professor Lady Ryan«, antwortete Ryan, nahm die Soßenschüssel und stellte sie auf den Tisch. Dann entkorkte er die Chiantiflasche.
    Für den Kinderstuhl war Sally bereits zu groß, aber sie benötigte noch eine Sitzunterlage, die sie selbst zum Stuhl trug. Da es »Pisgetti« zum Essen gab, steckte ihr der Vater die Stoffserviette in den Kragen. Die Soße kleckerte vermutlich trotzdem auf ihre Hose,
aber seine Tochter würde lernen, wozu Servietten gut waren, und das, fand Cathy, war wichtig. Dann schenkte Jack den Wein ein. Sally bekam einen Schluck Coca-Cola.
     
    Endlich war Swetlana eingeschlafen. Sie blieb gern so lange auf, wie es ging. Es war, so schien es jedenfalls, jede Nacht das gleiche Theater, bis ihr Kopf endlich auf dem Kissen liegen blieb. Sie schlief mit einem Lächeln, stellte ihr Vater fest, wie einer dieser kleinen Engel, die in den Reiseführern, die er so gern las, italienische Kirchen zierten. Der Fernseher lief. Den Geräuschen nach zu urteilen irgendein Kriegsfilm. Sie waren alle gleich: Die Deutschen griffen brutal an. Das heißt, gelegentlich gab es auch einen Deutschen mit menschlichen Zügen, in der Regel ein deutscher Kommunist, wie sich nach und nach herausstellte, der zwischen der Loyalität zu seiner Klasse (der Arbeiterklasse, versteht sich) und seinem Land hin und her gerissen war. Die Sowjets wiederum leisteten tapfer Widerstand, wobei sie zunächst viele heldenhafte Kämpfer verloren, bis sich das Blatt endlich wendete, gewöhnlich vor den Toren Moskaus im Dezember 1941, in Stalingrad im Januar 1943 oder bei der Kursk-Offensive im Sommer 1943. Es gab immer einen heroischen Politoffizier, einen couragierten Soldaten, einen weisen alten Feldwebel und einen intelligenten jungen Offizier. Dann musste auch noch ein bärbeißiger General mit von der Partie sein, einer, der in der Nacht vor der großen Schlacht in aller Stille um seine Männer weint, dann aber seine Gefühle hintan stellt und die Sache durchzieht. Es gab etwa fünf verschiedene Filmmuster, alle Abwandlungen desselben Themas, und der einzige Unterschied bestand darin, dass Stalin mal als weiser, gottähnlicher Herrscher gezeigt und mal einfach nicht erwähnt wurde. Das hing davon ab, wann der Film gedreht worden war. Stalin war in der

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