Red Shark: Thriller (German Edition)
präsentierten. Ein Schlepper stürzte sich mit einer Broschüre in der Hand auf den Maybach, und Tokugawa sah weg. Vor dem Koma-Theater ließ er seinen Fahrer am Bordstein anhalten.
Ein drahtiger Japaner, der als Ojima bekannt war, trat unter der Markise des Theaters hervor und stieg in den Wagen. Er neigte kurz den Kopf vor Tokugawa, sagte aber nichts. Er lehnte sich zurück und steckte seine Hände unbeholfen in die Taschen seines regennassen jadegrünen Anzugs.
»Fahr los«, befahl Tokugawa über die Sprechanlage des Wagens. Die große Limousine löste sich lautlos vom Randstein und ordnete sich in den Verkehr ein. Bei der Yasukuni-dori bog der Fahrer nach links ab und fuhr zügig die Shuto-Schnellstraße entlang auf das Gelände des Kaiserlichen Palasts zu. Bei der Hibiya-dori fuhr er ab, und weiter am Babasaki-Graben um den äußeren Garten des kaiserlichen Palasts herum, bis er schließlich die Umrandung des Kaiserlichen Palasts erreichte.
Tokugawa betrachtete die Szenerie draußen wortlos mit dem Ausdruck eines gelangweilten Touristen. Ab und zu musterte er sein Spiegelbild im Fensterglas, strich sich das dichte, silbergraue Haar zurück und rückte sich die schwarze Seidenkrawatte zurecht. Ojima blieb still.
Sie glitten an Tokios Marunochi-Distrikt vorbei, wo Blöcke von Banken, Investment-Häusern und Handelsfirmen, die zusammen die Japan-AG, das Herz des nationalen Finanzimperiums bildeten, dicht an dicht wie die Steine einer Festungsmauer zusammenstanden. Tokugawa musterte beim Vorbeifahren kurz das Gebäude der Kommerzbank Japans mit seiner glänzenden Marmorfassade, das von Nippon Heavy Industries, Sumitomo International und von Chikara Electronics.
Tokugawa nannte die Vorsitzenden dieser Firmen bei ihren Vornamen. Seine Verbindungen und sein Einfluss hatten vielen von ihnen beim Aufbau ihrer Wirtschaftsimperien geholfen. Im Gegenzug standen ihm ihre enormen finanziellen Ressourcen jederzeit zur Verfügung. Es gab aber auch Zeiten, in denen Tokugawa mehr benötigte als nur die Macht des Geldes. Manchmal benötigte er auch die Art von Macht, über die nur ein Mann wie Ojima verfügte, der mächtigste Yakuza-Chef des Kabuchiko-Distrikts.
Tokugawa blickte zu Ojima hinüber und sagte: »Gehen die Geschäfte gut?«
Der hagere Gangsterboss zuckte die Achseln. Er hatte ein hartes Gesicht, das unbeweglich wie eine Kabuki-Maske blieb. Tokugawa wusste, dass er ein ausgezeichneter Kenner von raffiniertem Heroin war und von einer unstillbaren Geldgier getrieben wurde. »Ja, Iseda- san . Aber die Fremden, die taiwanesische Mafia, AIDS …« Er zuckte erneut die Achseln. »Alle wollen sie etwas abhaben. Ich vermisse die einfacheren Zeiten.«
»Ja, wir sind alle empfindlich für die Schwankungen der wirtschaftlichen Entwicklung und sozialer Unruhen.« Darauf folgte eine lange Pause. »Und unser Freund Naito, der stellt ein ganz anderes Problem dar, nicht wahr?«
Früher einmal war Masayuki Naito Ojimas Schützling und Partner gewesen. Jetzt bemühte er sich, Ojima als obersten Yakuza-Chef des Kabuchiko-Distrikts zu verdrängen und die Kontrolle über Tokios rosa Industrie zu übernehmen. Schlimmer noch, er drängte sich in das lukrative Drogengeschäft, das bisher Ojima kontrolliert hatte.
»Ja, er ist ein Problem. Ich habe sowieso schon genug Probleme mit der Stadtverwaltung, auch ohne mir um ihn Sorgen machen zu müssen. Und jetzt machen sich auch noch die Ausländer immer breiter und versuchen, Clubs aufzukaufen. Sogar Frauen werden jetzt schon Club-Besitzer.«
Zwei reiche Indonesierinnen hatten kürzlich den Crystal Palace eröffnet, einen luxuriösen Sex-Club, der ausschließlich die hoch bezahlten Manager bediente, die gerne dafür bezahlten, sich hinter verschlossenen Türen mit erstklassigen Callgirls zu vergnügen. Der Erfolg der Frauen ärgerte Ojima. »Naito unterstützt sie«, erklärte er mit versteinertem Gesicht.
Mit starr geradeaus gerichtetem Blick sagte Tokugawa: »Und jetzt umgeht er Sie und versucht, mit Wu Chow Fat ins Geschäft zu kommen, richtig?«
Ojima nickte.
»Dann ist es Zeit, seinen Unternehmungsgeist zu zügeln. Ich will nicht, dass Wu Chow Fat in die Mitte zwischen Sie und Naito gerät.«
Ojima lachte kurz bellend auf. »In die Mitte, Iseda- san? Aber genau das ist Wu Chow Fat doch, ein Mittler. Er vermittelt zwischen uns, den Nordkoreanern, den Festlandchinesen und den Taiwanesen. Und jetzt noch Naito.«
»Umso mehr Grund, Naito aus der Kette zu schneiden«, stellte
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