Reden macht Leute
eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen worden. Doch seine Schwägerin, die selbst die Hauptschule und eine kaufmännische Lehre absolviert hatte, wollte nicht. Er ließ nicht locker und war enttäuscht, dass seine vermeintlich guten Argumente nur wenig Anklang fanden. Sein Ziel erreichte er trotzdem und zwar mit einem Argument, das er persönlich als „schwach“ einstufte. Er machte seine Schwägerin darauf aufmerksam, dass seine sonstigen Nichten und Neffen alle aufs Gymnasium gingen und die kleine Karin dann die einzige mit Realschulbildung wäre. Dieses Argument zog bei der Schwägerin, und sie meldete Karin am Gymnasium an.
Dieses Beispiel zeigt, dass man manchmal mit ganz anderen Argumenten überzeugt, als man glaubt. Deshalb ist es so wichtig, die Wertewelt und Denkweise Ihrer Hörer zu erforschen, um die Wirkung der Argumente besser einschätzen zu können.
Wichtig: Jedes Argument ist angreifbar. Aber nicht jedes Argument kann entkräftet werden.
Überzeugungsmittel Tatsachen
Dennoch ist es ein Irrtum zu glauben, Tatsachen sprächen für sich oder könnten nicht angegriffen werden, weil sie „wahr“ sind.
Beispiel:
Sie und ich sind sicher dabei, wenn karitative Organisationen um Kleiderspenden bitten. Wir können uns dann der Sachen entledigen, die uns jedes Mal, wenn wir den Kleiderschrank aufmachen, vorwurfsvoll „anblicken“, weil wir sie nicht mehr anziehen. Dabei haben wir ein gutes Gewissen, denn es ist eine Tatsache, dass wir damit armen Menschen, insbesondere in Dritte-Welt-Ländern, helfen. Doch neulich las ich, dass durch unsere Spenden die Textilindustrie und einheimische Schneiderbetriebe in den Dritte-Welt-Ländern ruiniert würden.
Sie merken: Nicht die Tatsache allein „spricht für sich“ oder ist „gut“ oder „schlecht“, sondern es ist eine Frage des Standpunktes, wie die jeweilige Tatsache dargestellt wird. Konfrontiert Sie ein Hörer mit Tatsachen, dann lassen Sie sich davon nicht einschüchtern. Bezweifeln Sie sie – wenn möglich –, oder werten Sie sie in Ihrem Sinne aus.
Überzeugungsmittel Lebensweisheiten („ Allgemeinplätze “)
Manchmal sind es gar keine Tatsachen, die als Argumente vorgebracht werden. Sie wirken nur so: „Übergewicht verkürzt die Lebenserwartung.“ Hier betrachten Sie vielleicht nachdenklich Ihren Bauch, ärgern sich und bekommen sofort ein schlechtes Gewissen oder Angst vor einem frühen Tod. Doch ist dies wirklich eine Tatsache? Ist dies nicht vielmehr eine Lebensweisheit?
Beispiel:
Meine Schwiegermutter leidet, seit ich sie vor über 30 Jahren kennen lernte, an starkem Übergewicht. Jetzt ist sie 82 Jahre alt, während die statistische Durchschnittsfrau mit etwa 77 Jahren stirbt.
So genügt ein einziges Beispiel, um die vermeintliche Tatsache als Lebensweisheit oder als Topos, wie es in der antiken Rhetorik heißt, als „Allgemeinplatz“, zu entlarven.
Praxis-Tipp:
Haben Sie keine Scheu, Ihren Standpunkt durch „Allgemeinplätze“ zu untermauern.
„Technik ist nie absolut sicher.“
„Wo Rauch aufgeht, muss Feuer sein.“
„Wenn schon hier …, um wie viel mehr da …“
„Was Hänschen nicht lernt, …“
„Viele Köche verderben den Brei.“
Überzeugungsmittel Zahlen und Statistiken
Angenommen, Sie möchten als Mitglied einer Bürgerinitiative den Gemeinderat davon überzeugen, in Ihrem Wohngebiet eine Tempo-30-Zone einzurichten, dann wirkt es sehr überzeugend, wenn Sie Zahlen oder eine Statistik vorlegen, aus der hervorgeht, wie durch die Einrichtung von Tempo 30 in bestimmten Wohngebieten die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden zurückgegangen ist.
Überzeugungsmittel Wissenschaft
Hier können Sie neueste Forschungsergebnisse und Experimente zitieren, um Ihre Meinung zu untermauern. Angenommen, Sie wollen Ihre Hörer davon überzeugen, ihre Speisen in Zukunft nicht mehr mit Kochsalz, sondern mit Kristallsalz aus dem Himalaya zu würzen, dann könnten Sie eine entsprechende Studie zitieren, in der nachgewiesen wird, wie schädlich Kochsalz für unseren Körper ist.
Überzeugungsmittel Bilder
Bilder überzeugen oft mehr als Argumente! Deshalb müssen Sie in Ihrer Rede mit der inneren oder äußeren Anschauung arbeiten. Die Macht des Fernsehens beruht auf der Macht der Bilder und nicht auf der Macht der Argumente. Deshalb durften im Fernsehen während des ersten Golfkrieges 1991 keine Bilder von Opfern des Krieges und schon gar nicht von amerikanischen Opfern gezeigt werden.
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