Redwall 01 - Der Sturm auf die Abtei
herausschneidest, -trennst oder -reißt – du musst es mir herschaffen. Ich muss es einfach haben! Wage ja nicht, ohne das Bild zurückzukommen, Schatten!«
Die Gesichter der vier Hauptmänner, die den Befehl mit angehört hatten, spiegelten Verwirrung.
Das Bild eines Mäuserichs?
Cluny hatte sich noch nie als Kunstsammler hervorgetan.
Reißzahn flüsterte zu Käseklau hinüber: »Was nützt dem Käpten denn das Bild eines Mäuserichs?«
Cluny hatte es gehört. Er trat an den Rand der Kanzel, packte die Seiten des Lesepultes und musterte seine kleine Gemeinde wie ein Priester des Satans.
»Ach, Bruder Reißzahn, lass mich erklären. – Ich werde dir sagen, warum du und deinesgleichen immer Diener sein werden, während ich immer Herrscher sein werde. Hast du heute denn nicht die Gesichter der Mäuse gesehen? Allein die Erwähnung von Martin dem Krieger ließ sie in Verzückung geraten. Erkennt ihr es denn nicht, er ist ihr Wahrzeichen! Sein Name bedeutet den Mäusen genauso viel wie meiner der Horde, wenn auch auf eine andere Art. Martin ist so eine Art Engel, ich bin das Gegenteil. Denkt doch mal einen Augenblick nach! Wenn mir irgendetwas passieren würde, wärt ihr ein führungsloser Pöbel, ein kopfloser Mob. Wenn jetzt also die Mäuse ihr allerheiligstes Wahrzeichen, nämlich das Bild von Martin dem Krieger, verlieren würden, was bliebe ihnen denn dann noch?«
Gierschlund schlug sich auf die Schenkel. Er schaukelte vor und zurück und kicherte laut vor unbändiger Schadenfreude.
»Großartig, Käpten, teuflisch gut! Ohne ihren wunderbaren Martin wären sie nur ein Haufen verängstigter kleiner Mäuse.«
Clunys Schwanz fuhr auf das morsche Lesepult nieder, sodass es in mehrere Teile zersplitterte.
»Und dann werden wir zuschlagen!«
Der kräftige Schwanz peitschte noch einmal zurück und wickelte sich um den Körper von Schatten. Er wurde vorwärts geschleift, bis er seinem Herrn von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Mit jeder Silbe, die Cluny mühsam hervorbrachte, schlug dem Schatten sein widerlicher Atem ins Gesicht.
»Bring mir das Bild her. Tu es, und wenn ich erst auf dem Stuhl des Abtes in der Abtei von Redwall sitze, sollst du reichlich belohnt werden. Versage und man wird deine Schreie noch weit über den Wald und die Wiesen hinaus hören!«
Cluny die Geißel hatte gesprochen.
13
Die ersten Sonnenstrahlen kündigten den Tagesanbruch an. Die Bewohner von Redwall waren bereits auf den Beinen. Nach dem Frühstück gab der Abt die Anweisungen für den Tag.
All jene, die nicht für die Verteidigung der Abtei eingeteilt waren, sollten die Ernte einbringen und die Speisekammer mit Vorräten füllen, damit man auf eine längere Belagerungszeit vorbereitet war.
Junge Otter sammelten Brunnenkresse und fingen Fische; unter der Leitung von Kornblume war eine Gruppe von Mäusen bei der Getreideernte; weitere Jungmäuse kümmerten sich um die Salatbeete im Garten. Im strahlenden Licht des Sommermorgens wimmelte es in der Abtei von emsigen Waldbewohnern, die geschäftig hin und her eilten.
Ambrosius Stachel, der sich schon wieder gut erholt hatte, saß im Lagerraum und verschaffte sich einen Überblick über die Vorräte. Es gab viele Nüsse und eingekochte Beeren vom letzten Herbst, jede Menge Äpfel und Birnen. Leider konnte der Igel nicht die Kellerräume überprüfen, denn die einzigen beiden Schlüssel, die es gab, hatten Bruder Edmund und Pater Hugo. Unwillkürlich leckte er sich über seine Lippen bei dem Gedanken an die Fässer mit nussbraunem Bier, starkem Apfelwein, aufgeschäumtem Dunkelbier und dann erst die kleineren Fässer – hach, die leckeren süßen Fässchen! –, angefüllt mit Holunderbeerwein, Maulbeerweinbrand, Portwein aus schwarzer Johannisbeere und Sherry aus wild wachsenden Trauben.
»Hajo, he du da, Igel, wo sollen wir die Wurzeln und den Löwenzahn hintun? Fix, fix, die tun sakrisch schwer sein, bohörr!«
Wehmütig seufzend half Ambrosius den zwei Maulwürfen, die unter der Last ihres Bündels mit Löwenzahnblättern und Knollen hin und her schwankten.
»Hajaj, Willi, nun tu die Pfötchen still halten. Hajo, hoch damit, du Wackelpudding!«
Noch mehr Maulwurfskinder! Ambrosius legte seine Pfote auf seinen Verband. Die Arbeit eines Igels nahm doch nie ein Ende.
Matthias und Konstanze standen im Kreuzgang. Sie hatten die Ausbildung an den Waffen übernommen. Die Waldbewohner zeigten stolz ihre jeweiligen Waffenkünste. In Zeiten des Friedens waren
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