Redwall 01 - Der Sturm auf die Abtei
Und was machen Eure Studien?«
Methusalem blinzelte über den Rand seiner Brille hinweg. »Wissen ist etwas, wovon es nie genug geben kann. Es ist die Frucht der Weisheit, die man mit Vorsicht essen und vollständig verdauen muss; anders als das Mittagessen, das du da gerade verzehrst, mein kleiner Freund.«
Matthias stellte das Essen beiseite. »So sagt einmal, was ist es denn für ein Wissen, das Ihr in letzter Zeit verdaut habt, mein Greis?«
Methusalem nahm einen Schluck aus Matthias’ Milchschüssel. »Manchmal denke ich, du trägst für so einen jungen Mäuserich einen sehr weisen Kopf auf deinen Schultern. Was willst du denn noch über Martin den Krieger wissen?«
Matthias sah überrascht aus. »Woher wusstet Ihr, dass ich Euch nach Martin fragen wollte?«
Methusalem zog seine Nase kraus. »Woher wissen die Bienen, dass Blüten Pollen enthalten? Frag nur, mein Junge, bevor ich wieder einnicke.«
Matthias zögerte kurz, dann brach es aus ihm heraus: »Bruder Methusalem, sagt mir, wo Martin begraben liegt.«
Der alte Mäuserich lachte trocken in sich hinein. »Als Nächstes wirst du mich fragen, wo das große Schwert des Mäusekriegers zu finden ist.«
»Aber wo-woher wusstet Ihr das?«, stammelte Matthias.
Der greise Pförtner zuckte mit den schmächtigen Schultern. »Das Schwert muss zusammen mit Martin begraben worden sein. Die verblichenen Knochen eines längst verstorbenen Helden würden dir kaum von Nutzen sein. Eine einfache Schlussfolgerung sogar für einen alten Mäuserich wie mich.«
»Dann wisst Ihr also, wo der Krieger liegt?«
Methusalem schüttelte den Kopf. »Das weiß wirklich keiner. Viele, viele Jahre lang habe ich nun schon über alten Dokumenten gehockt und gegrübelt, ich habe übersetzt, bin verborgenen Spuren nachgegangen, aber immer mit demselben Ergebnis: nichts. Ich habe sogar meine Sprachen eingesetzt, habe Bienen und andere Tiere ausgefragt, die an Orte gelangen können, für die wir zu groß sind, aber es ist immer wieder nur dasselbe dabei herausgekommen: Gerüchte, Legenden und alte Mäuseerzählungen.«
Matthias zerkrümelte noch etwas Brot für die Ameisen. »Dann ist die Geschichte vom Schwert des Kriegers also nur eine Legende?«
Methusalem lehnte sich empört nach vorn. »Wer hat das denn gesagt? Ich etwa?«
»Nein, aber Ihr -«
»Pah! Nichts dergleichen, junger Mäuserich. Nun hör mir mal gut zu. Ich habe das unheimliche Gefühl, dass du derjenige sein könntest, für den ich dieses bedeutende Wissen gehütet habe.«
Matthias vergaß sein Mittagessen. Er hörte gebannt zu.
»Es war vor etwa vier Sommern, als ich eine Sperberin behandelte, die sich eine Sehne in ihrem Fuß gezerrt hatte. Sie konnte ihre Kralle nicht benutzen. Hmm, soweit ich mich erinnern kann, nahm ich ihr das Versprechen ab, sich niemals an einer Maus zu vergreifen. Sie war ein wilder, Schrecken erregender Vogel. Bist du jemals in die Nähe eines Sperbers gekommen? Nein, natürlich nicht. Aber ich sage dir eines, mit seinen bösartigen gelben Augen kann er ein kleines Lebewesen mit Leichtigkeit hypnotisieren. Er ist der geborene Schlächter. Diese Sperberin sagte allerdings etwas, was mir nicht mehr aus dem Kopf ging. Sie sprach über die Spatzen, nannte sie ›Mäuse mit Flügeln‹ und erzählte, dass sie vor vielen Jahren etwas aus unserer Abtei gestohlen hätten: einen Schatz, der den Mäusen gehörte. Was es war, weiß ich nicht. Sie flog einfach davon. Na ja, wer erwartet schon von einer Sperberin, dass sie dankbar ist?«
Matthias unterbrach ihn: »Habt Ihr denn jemals mit den Spatzen über dieses ›Etwas‹ gesprochen?«
Methusalem schüttelte den Kopf. »Ich bin zu alt. Ich kann nicht mehr auf das Dach klettern, wo sie ihre Nester haben. Mal ganz abgesehen davon sind Spatzen auch irgendwie komische Vögel, ständig zanken und plappern sie in ihrer merkwürdigen Sprache. Sie sind kriegerisch, äußerst vergesslich und völlig wild. Sie würden dich vom Dach werfen und töten, bevor du auch nur in die Nähe ihrer Stammesnester gelangt wärest. Ja, für so etwas bin ich einfach viel zu alt, Matthias, und mal ehrlich, ich bin mir gar nicht so sicher, ob die Geschichte der Sperberin überhaupt der Wahrheit entspricht. Einige Vögel können entsetzliche Lügner sein, wenn es ihnen in den Kopf kommt.«
Matthias versuchte, Methusalem noch weiter auszufragen, aber die warme Sonne hatte ihren Zaubermantel über den alten Pförtner gebreitet, wie er da im Obstgarten saß und den Frieden
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