Redwall 01 - Der Sturm auf die Abtei
kleine Eichhörnchen schüchtern. Es hielt sich an Matthias’ Schwanz fest, als sie gemeinsam weitergingen; der Mäuserich plauderte und das Eichhörnchen nickte nachdrücklich.
»Ich werde dich zu Pater Hugo in die Küche bringen und dafür sorgen, dass du das leckerste Frühstück bekommst, das du je gesehen hast. Na, wie gefällt dir das?«
Lutsch, lutsch, nick, nick.
Als Matthias an der Mauer ankam, hätte er am liebsten den guten alten roten Sandstein gestreichelt. Er wandte sich zu seinem Gefährten um. »Hier wohne ich.«
Ein Geräusch ganz in der Nähe ließ sie für einen Moment erstarren. Dort stöhnte jemand. Instinktiv duckten sich Matthias und das Eichhörnchen ins Farnkraut. Vorsichtig krochen sie in die Richtung, aus der das Stöhnen kam.
Lautlos bogen sie die Farnblätter auseinander und starrten voll Entsetzen auf das Bild des Grauens am Fuße der Ulme. Unter den toten Tieren, die mit verdrehten Körpern dalagen, war ein schwer verletztes Wiesel. Es stöhnte und zuckte.
Noch bevor einer der beiden Freunde entscheiden konnte, was zu tun sei, erschien eine Ratte auf der Bildfläche. Sie verharrten reglos.
Käseklau war guter Dinge. Fröhlich summte er vor sich hin, während er Spiddel immer wieder mit dem Fuß anstieß.
»Spiddel, aufwachen! Ich bins, Käseklau. Na, nun mach schon, du wirst dich doch sicherlich an mich erinnern. Der Dummkopf? Die Ratte, der du den Posten wegnehmen wolltest?«
Spiddels Augen öffneten sich kaum. Er stöhnte vor Schmerz.
In Käseklaus Stimme schwang Mitgefühl, aber sein spöttischer Gesichtsausdruck war unmissverständlich: »Was ist denn mit dir, Spiddel, alter Kumpel? Bist du müde? Ja, das kann ich mir vorstellen, so wie du daliegst. Weißt du was? Ich werd dir beim Einschlafen ein wenig helfen, was meinst du?«
Die Ratte setzte ihren Fuß auf die Kehle des Wiesels und trat zu. Spiddel leistete nur schwachen Widerstand, rang nach Atem, konnte aber nichts ausrichten gegen seinen Peiniger. Käseklau hatte hämisches Vergnügen an seiner Rache. Unbarmherzig legte er sein volles Gewicht auf die krächzende Kehle des Wiesels. »Still jetzt. Schlaf ein, Spiddel. Süße Träume von dem Führungsposten, den du nie bekommen hast.«
Spiddel gab ein letztes gurgelndes Winseln von sich und lag dann still da.
Käseklau schlich sich davon, wobei er vor Genugtuung kicherte.
Verborgen im Farn, hielten Matthias und das Eichhörnchenjunge ungläubig den Atem an. Sie waren gerade Augenzeugen eines Mordes geworden!
Matthias und das Eichhörnchen warteten, bis sie ganz sicher sein konnten, dass die Luft rein war. Schließlich kamen sie aus dem Farn hervor. Matthias legte seine Pfoten um den Mund und rief ein gedämpftes »Hallo« zur Mauer hinauf. Es kam keine Antwort.
Das kleine Eichhörnchen schüttelte den Kopf. Es zeigte mit seiner Pfote auf den Boden, als wollte es Matthias sagen, dass er dort warten solle. Mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit und Gewandtheit raste der Winzling den Stamm der alten Ulme hinauf. Als er die über der Brustwehr liegenden dünnen Äste erreicht hatte, rannte er auf einem davon entlang. Wie von einem Sprungbrett hüpfte er behände auf die Mauer und verschwand unter lautem Pfotenlutschen hinter der Brustwehr.
Matthias brauchte nicht lange zu warten, bis ganz in seiner Nähe eine kleine Tür in der Mauer mit einem Knirschen der rostigen Türangeln geöffnet wurde und Konstanze vorsichtig herauslugte. Als sie Matthias sah, lief sie zu ihm hin, um ihn zu begrüßen. Das kleine Eichhörnchen saß auf ihrem Rücken.
Matthias war sich gar nicht so sicher gewesen, wie seine Begrüßung ausfallen würde, aber er hätte sich keine Sorgen machen müssen: Konstanze drückte ihn an sich, klopfte ihm auf den Rücken und schüttelte ihm die Pfote.
Matthias hatte seine Erklärung schon auf den Lippen, aber Konstanze kam ihm zuvor. Sie bedeutete ihm hereinzukommen und schloss hinter ihnen die Tür. »Du kannst uns alles später erzählen, Matthias. Jetzt komm aber erst einmal zum Haupttor mit. Da gibt es nämlich etwas, was du sehen solltest.«
Ein oder zwei Minuten später standen alle drei auf der Mauer des Torhauses, Schulter an Schulter mit zahllosen anderen Verteidigern. Clunys Horde trat gerade den Rückzug an, die Straße hinunter zu ihrem Lager in der St.-Ninian-Kirche. Aus den Reihen der Mäuse und Waldbewohner schallten wilde Jubelrufe hinter ihnen her.
Cluny wurde auf dem Brett inmitten seiner Armee transportiert.
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