Redwall 01 - Der Sturm auf die Abtei
wieder blau, jetzt rot wie Matthias Maus.«
»Wenn du nicht bald still sitzt, wirst du runterfallen und dann wirst du vor Angst weiß wie die Wand sein«, warnte Matthias.
Als sie sich hinreichend erholt hatten, um die nächste Etappe in Angriff zu nehmen, versuchte Matthias es mit der mittleren Sandsteinstrebe des Fensters. Hier gab es gemeißelte Schnörkel und Nischen, die das Klettern vereinfachten. Schon bald erreichten sie den hölzernen Vorsprung am Fuße der Dachwölbung. Er war gefährlich schmal. Gemeinsam rutschten sie vorwärts, wobei sie sich gewagt nach vorne beugen mussten.
Keiner von beiden bemerkte das neugierige, kurzschnäblige Gesicht eines Spatzen, der sie von der Ecke eines bunten Glasfensters aus beobachtete. Er sah sich die Eindringlinge genau an und flog wieder davon.
Matthias zog seinen Dolch. Er stieß ihn in die hölzerne Decke, um sich daran festzuhalten, während sie innehielten, um nach der nächsten Dachluke zu suchen.
»Ich kann sie sehen«, sagte Matthias, »da, zu deiner Linken. Geh du voraus, Kriegsfeder.«
Sachte glitt das Spatzenmädchen mit ihren Krallen auf dem glatten hölzernen Vorsprung entlang. Plötzlich spürte Matthias, wie sein Dolch sich aus dem Holz löste. Er verlor das Gleichgewicht und lehnte sich schwankend und fuchtelnd nach außen. Kriegsfeder verhinderte seinen Sturz, indem sie ihn zurückzog. Der Dolch wirbelte abwärts – es dauerte eine beachtliche Zeit, bis sie das schwache Klirren seines Aufpralls auf dem Abteiboden hörten.
»Oh Gott!«, sagte Matthias erschüttert. »Ich dachte schon, das wärs gewesen. Ich war mir ganz sicher, dass ich fallen würde. Danke, dass du mich gerettet hast, Kriegsfeder.«
Ganz langsam rutschten sie weiter voran, bis sie sich direkt unter der Dachluke befanden. Sie war zu hoch und keiner von beiden konnte sie erreichen. Matthias versuchte es immer wieder, bis er sich schließlich geschlagen geben musste. Er saß auf dem Vorsprung, stieß mit seinen Beinen in die Luft und war wütend auf sich – offensichtlich war er gescheitert.
»Ein Dummkopf bin ich, ein kleiner Dummkopf! Da klettere ich diesen ganzen Weg hier hinauf und muss wegen dieser blöden Dachluke aufgeben.«
Das Spatzenmädchen stupste ihn an. »Warum nicht Matthias schneiden Kriegsfeder los? Dann fliegen mit Spatzflügeln und öffnen kleine Wurmtür.«
Matthias sah sie verblüfft an. »Wie bitte?«
Kriegsfeder erklärte es ihm noch einmal: »Du nicht zuhören. Kriegsfeder sagen, schneiden Flügel los, fliegen hoch und öffnen Tür.«
»Gib mir dein Spatzenehrenwort, dass du nicht einfach davonfliegst.«
»Gut. Geben Spatzwort. Versprechen nicht fliehen.«
»Schwöre, beim Ei deiner Mutter.«
»Bei Ei von Mutter. Kriegsfeder schwören.«
Matthias löste die Schnur, mit der die Flügel des Spatzenmädchens gefesselt waren, und Kriegsfeder flatterte versuchsweise herum.
»Lange Zeit nicht fliegen. Ich gut, du sehen.«
Das Spatzenmädchen warf sich von dem Vorsprung. Es zog ein paar schnelle Kreise aufwärts und zeigte seinem Freund einige ihrer Flugkunststücke.
Matthias grinste. »Alles klar, ich bin beeindruckt. Jetzt sieh zu, dass du wieder herkommst, du kleine Angeberin, und diese Tür öffnest.«
Kriegsfeder sauste zurück, flatterte dann in Höhe der Dachluke und packte mit ihren Krallen den Riegel. »Aufpassen! … Tür öffnen, fallen auf Maus.«
Der junge Mäuserich wich zurück, während das Spatzenmädchen die Tür fallen ließ. Sie krachte mit großer Wucht herunter und schwang dann in ihren Angeln vor und zurück.
Diesmal war Matthias auf den Staub vorbereitet, als die Tür herunterfiel. Vorsichtshalber hatte er sich weit genug auf dem Vorsprung nach hinten geschoben, um weder von der schweren Tür noch von der Staubwolke erwischt zu werden.
Matthias benutzte die geöffnete Luke als Leiter. Er war schon bald durch die Öffnung geklettert. Obwohl es im Innern dunkel und trübe war, konnte er erkennen, dass sie sich in einem langen, furchenartigen Hohlweg befanden, dessen eine Seite aus einer mehr oder weniger geraden Mauer bestand, während die andere Seite gewölbt war; sie stellte die Rückseite der bogenförmigen hölzernen Decke des Großen Saals dar.
Matthias rief Kriegsfeder zu sich. Er nahm dem Spatzenmädchen das Halsband und die Leine ab und verstaute beides in seinem Rucksack. Er strich seiner geflügelten Freundin über den Kopf. »Kriegsfeder, ich kann dich nicht länger am Halsband mit mir führen. Du bist jetzt ein
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