Redwall 01 - Der Sturm auf die Abtei
Zweifellos hat Meister Cluny dich zum Spionieren hergeschickt.«
Hühnerhund leugnete dies mit einem schwachen Kopfschütteln ab. »Bitte, etwas Wasser.«
Jessica Eichhorn hob den Wasserkrug an, zögerte aber noch.
»Erzähl dem ehrwürdigen Vater, was du hier willst, Schlitzohr«, sagte sie ernst.
Der Fuchs streckte seine geschwächten Pfoten nach dem Wasserkrug aus. Sehr zum Entsetzen des Abtes hielt Jessica ihn immer noch in einiger Entfernung.
»Erst redest du. Du bekommst das Wasser, wenn wir die Informationen bekommen«, beharrte sie.
Der Anblick eines verletzten Tieres peinigte den Abt, aber er traf eine weise Entscheidung, indem er die Angelegenheit Jessica überließ. Die Eichhörnchenfrau wusste genau, was sie tat.
»Clunys Horde hat mir das angetan«, krächzte der Fuchs. »Meine Mutter, Sela … sie haben sie getötet. Ich kenne Clunys neue Pläne. Kümmert euch um mich und ich werde euch alles erzählen.«
Dann fiel Hühnerhund in Ohnmacht.
»Pah, an dem hier würde ich auf keinen Fall kostbare Zeit und Medizin verschwenden«, sagte Jessica ungerührt.
Ambrosius Stachel kratzte sich nachdenklich den Bauch. »Stimmt schon, Jessica, das würde ich auch nicht. Aber es könnte doch sein, dass er wichtige Informationen hat. Warum würde er sich sonst in diesem Zustand hierher quälen?«
Der Abt untersuchte die Nackenwunde des Fuchses unter dessen schlammbedecktem Fell. »Was Ambrosius sagt, klingt vernünftig. Würdet ihr bitte diese erbärmliche Kreatur anheben und zur Krankenstation bringen?«
Kornblume und der Schweigende Sam sahen zu, wie der Fuchs davongetragen wurde. Sam hatte sich mit gezogenem Dolch schützend vor sie gestellt. Sie kraulte ihm die spitzen Ohren.
»Ist ja schon gut, Sam«, sagte sie sanft. »Der Fuchs kann uns nichts antun. Danke, dass du mich beschützt hast.«
Der Eichhörnchenjunge steckte sein Messer in die Scheide zurück und lutschte wieder an seiner Pfote.
Winifred und Abt Mortimer waren auf der Krankenstation. Sie saßen am Bett von Hühnerhund und wachten über ihn, bis er wieder zu sich kam. Der Fuchs winselte. Er blickte sich in dem gemütlichen kleinen Zimmer um.
»Au, mein Nacken! Was ist dies für ein Ort? Wo bin ich hier?«
Winifred drückte den Patienten sachte wieder in die Kissen zurück und hielt eine Schale mit Wasser an seine aufgesprungenen, trockenen Lippen.
»Bitte trink das und lieg still«, befahl sie.
Hühnerhund schlürfte und schluckte gierig das Wasser hinunter, während der Abt ihn aufklärte: »Du bist auf der Krankenstation der Abtei von Redwall. Bis jetzt kenne ich das volle Ausmaß deiner Wunden noch nicht. Wenn du dich ausgeruht hast, werden meine Freunde dich säubern und deine Wunden versorgen.«
Hühnerhund traute seinen Ohren kaum. »Heißt das, ich darf bleiben? Aber ich habe Euch doch noch gar nichts über die neuen Pläne verraten.«
Der Abt wischte dem Patienten die Wassertropfen vom Kinn. »Hör mir zu, mein Sohn. Wir würden dich niemals von unserer Schwelle weisen, es sei denn, du wärest ein Feind, der uns Schaden zufügen will. In der Abtei von Redwall kümmern wir uns um jedes Lebewesen, und es ist meine Aufgabe, die Kranken und Verletzten zu versorgen. Ich bin für dich verantwortlich. Ob du uns Informationen gibst oder nicht, musst du mit dir selber ausmachen. In der Zwischenzeit wirst du unser Gast sein und bei uns Zuflucht finden, bis du dich voll und ganz erholt hast.«
Hühnerhund lag da und dachte über das nach, was der freundliche alte Mäuserich gesagt hatte.
Plötzlich sprudelte es aus ihm heraus: »Der Rammbock wird nur zum Schein eingesetzt, während Cluny in Seelenruhe einen Tunnel unter Eurer Mauer hindurchgraben lässt. Ich weiß nicht genau, wo mit dem Graben begonnen werden soll, aber ich weiß, dass Cluny unterirdisch vorgehen will.«
Der Abt schüttelte missbilligend den Kopf, während Winifred das Licht dämpfte und die Vorhänge zuzog. »Cluny ist wahrlich ein Spross der Finsternis. Er macht vor nichts und niemandem Halt, mein Sohn. Das wird mir jetzt klar, und ich bin davon überzeugt, dass du die Wahrheit sprichst. Aber warum bist du mit dieser Information den ganzen Weg nach Redwall gekrochen und hast dabei dein Leben aufs Spiel gesetzt?«
Hühnerhund bemühte sich, möglichst traurig und erbost auszusehen, als er log: »Weil sie die alte Sela getötet haben, Herr. Sie war meine Mutter. Ich werde nicht ruhen, bis Selas Mörder ihre gerechte Strafe erfahren haben.«
Der Abt
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