Redwall 02 - Mossflower - In den Fängen der Wildkatze
Morgenstunde hatte die wärmende Sonne Argulor eingelullt, sodass er sanft vor sich hin schlummerte. Der Adler saß hoch oben in einer Fichte und hatte sich sacht gegen den Stamm gelehnt. Er stöhnte genüsslich im Schlaf und plusterte sich auf, damit die herrliche Wärme durch sein Federkleid hindurch bis zu seiner alten Haut und den ausgekühlten Knochen gelangen konnte. Wenn es doch nur einen Ort ohne kalten Winter oder feuchten, windigen Herbst gäbe, an dem nur immer Frühling und Sommer aufeinander folgten.
Das Leben zog an Argulor vorbei, während er den ganzen Tag hindurch auf seinem Baum thronte und schlief. Genau genommen zog es in der Gestalt eines Otters und eines Eichhörnchens an ihm vorbei, die eine Gruppe von Mäusen in Kutten direkt unter jenem Baum hindurchführten, auf dem er saß und schlummerte.
Es war schwer zu sagen, auf wessen Seite die Überraschung größer war, bei den flüchtigen Gefangenen oder der Wildkatze und ihren Speichelleckern.
Als sie zusammenprallten, heulte Zarina vor Wut laut auf – sie hatte mehr Glück als Verstand, als es ihr gelang, Gonff am Bein zu packen. Dann ertönte ein noch viel qualvolleres Geheul, denn Martin zog die Klinge aus Gonffs Gürtel und stieß damit kräftig auf Zarinas Pfote ein, sodass sie gezwungen war seinen Freund loszulassen.
»Hinter mir her!« Martin packte Gonff und rannte die Treppe wieder hinauf, wobei er es jedoch nicht versäumte, Fortunata im Vorbeilaufen mit der Klinge noch eine beachtliche Schnittwunde an ihrem Hinterteil zu verpassen. Die Fähe prallte mit Aschenbein zusammen und beide stürzten in einem Knäuel zu Boden. Zarina stolperte über sie. Sie war verzweifelt darum bemüht, sich zu befreien, stieß kreischende Flüche aus und bearbeitete die beiden Pechvögel mit ihren Krallen.
»Holzköpfe! Schwachschädel! Aus dem Weg mit euch!«
Martin und Gonff rasten blindlings die Halle hinunter. Sie stürzten durch die Tür zu ihrer Rechten und warfen sie hinter sich ins Schloss.
Es war das Schlafgemach des verstorbenen Lord Grünauge. Die Rufe ihrer Verfolger wurden immer lauter und so gingen die beiden Flüchtigen hastig unter dem großen Himmelbett in Deckung.
»Hier können wir nicht lange bleiben!«, keuchte Martin, während er in der Dunkelheit umhertastete, bis er schließlich Gonffs Pfote spürte.
»Keine Sorge, Kumpel. Halte dich bereit dich auf mein Kommando aus dem Staub zu machen.«
Mit einem lauten Knall wurde die Tür aufgestoßen, sodass für einen weiteren Wortwechsel keine Zeit mehr blieb. Zarina schob ihre Untergebenen vor sich her in den Raum und schloss dann die Tür. Sie leckte sich ihre verletzte Pfote. Fortunata, deren Würde sehr gelitten hatte, war darum bemüht, ihre Wunde am Hinterteil nicht zu berühren. Aschenbein stapfte umher und versuchte möglichst nützlich zu erscheinen.
»Zumindest wissen wir, dass sie irgendwo hier drinnen in der Falle sitzen.«
»Irgendwo«, echote Fortunata. »Aber wo?«
Mit gesenkter Stimme rief Zarina die beiden zu sich heran. »Wir wissen nicht, wie viel die zwei Mäuse mitbekommen haben. Sie dürfen diesen Raum auf keinen Fall lebend verlassen. Wir müssen jeden Winkel durchsuchen.«
Martin, der flach ausgestreckt unter dem Bett lag, konnte die Pfoten der Verfolger sehen. Er beobachtete, wie sie in verschiedene Richtungen davonschlichen, und blickte dann zu Gonff hinüber.
Schockschweremaus! Der kleine Dieb war einfach unglaublich! Gonff hatte doch tatsächlich seine Augen geschlossen und schien ein Nickerchen zu halten. Verzweifelt stieß Martin ihn an. Die drei Verfolger durchsuchten nach und nach alle möglichen Verstecke und rückten dabei dem Bett immer näher.
»Aschenbein, hast du hinter den Vorhängen auch wirklich gründlich nachgesehen?«
»Ja, Herrin. Vielleicht stecken sie ja oben auf dem Baldachin.«
Der Marder lehnte sich bereits gegen das Bett. Gonff strich Martin zur Beruhigung über die Pfote und schlängelte sich dann leise an ihm vorbei. Der Mäusekrieger konnte nur stumm daliegen und voller Spannung mit ansehen, wie sein wagemutiger kleiner Freund zu Werke ging.
Vorsichtig zog Gonff einen Zipfel von Aschenbeins langem Umhang unter das Bett, schlitzte ihn mit seiner Klinge fachmännisch auf und kroch ein Stück weiter zum Kopfende des Bettes, an dessen einer Seite ein hoher, schwerer Wandschirm lehnte. Während der Marder nichts ahnend dastand, knotete Gonff mit flinken Bewegungen die Enden des aufgeschlitzten Umhangs um das eine Bein des
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