Redwall 02 - Mossflower - In den Fängen der Wildkatze
gab seine wieder entdeckten nautischen Kenntnisse zum Besten.
»Haltet sie immer mit dem Wind, Jungs. Schön ruhig da vorne an der Ruderpinne. Und jetzt backbord Acht geben, Käpt’n Roy-Ahoi! Mit dem Ruder noch ein kleines bisschen nach steuerbord. Und nun lasst sie ganz sachte vorausfahren.«
Dinny war hingegen nicht im Geringsten für das Seemannsleben geschaffen. Der junge Maulwurf lag mitschiffs und hielt seinen Bauch fest umklammert.
»Ojoj, ooh, duat still seia, Gonffen. Diesr arma Maulwurf hiera duat im Sterba liega. Herraja, kaa i nich an Land geha un a Stück laufa, dann würda di Wält sich villeicht nich mär ständg um mi dreha.«
Roy-Ahoi holte ein paar Kräuter zum Kauen für Dinny hervor. Nach einiger Zeit fühlte er sich schon besser, aber er hörte dennoch nicht auf sich zu beklagen.
»I wär viel liebr so a altr Flattrvogl in dr Luft, als hiera auf Eurm Strom zu segln.«
Martin behielt den Strom aufmerksam im Auge. Die Berge ragten jetzt direkt vor ihnen auf und nahmen ihnen die Sicht auf den Himmel.
»Roy-Ahoi, ist Euch die Strömung aufgefallen? Sie ist hier bereits sehr schnell und scheint noch rasanter zu werden. Für meinen Geschmack könnte es schon jetzt etwas langsamer gehen.«
»Stimmt, Martin, mir ist nicht entgangen, dass der Strom hier steil abzufallen beginnt.« Der Spitzmäuserich blickte besorgt, sprach aber ganz ruhig. »Dann mal los, Gonff. Zeigt uns, wie Ihr die Segel einholt und den Mast absenkt. Geht ihm lieber zur Pfote, Martin und Dinny. Ich bleibe an der Ruderpinne.«
Während sie noch dabei waren, wurde das Wasser mit einem Mal sehr unruhig. Hohe Schaumkronen waren am Fuße der Felsen zu sehen, die wie gezackte Zähne aus den dahinwirbelnden Wassermassen emporragten. Roy-Ahoi musste seine ganze Kraft aufbieten, um die Ruderpinne festzuhalten und die Wasserflügel durch die Fluten zu manövrieren. Das kleine Boot fing an zu hüpfen und neigte sich weit zur Seite. Unmengen von Wasser schwappten über den Bug und prasselten aufs Vorderdeck.
»Lasst den Mast!«, übertönte die Stimme des Spitzmäuserichs das Tosen der Fluten. »Hauptsache, das Segel ist unten. Schöpft Wasser, sonst laufen wir noch voll! Beeilung!«
Die Wasserflügel hüpfte umher wie ein wild gewordener Lachs. Das Donnern des Stromes schwoll an, sein Echo wurde vom Eingang eines dunklen Tunnels zurückgeworfen, der vor ihnen sichtbar wurde. Überhängendes Gebüsch und wild wachsende Pflanzen streckten ihre Krallen nach der kleinen Crew aus und von allen Seiten schlugen Felsen laut und gefährlich gegen den Bootsrumpf. Ohne Vorwarnung riss der Strom sie mit sich, tief in den Tunnel hinein – und dann kam der Wasserfall.
In einem wilden Schwall sprudelnden, schäumenden Wassers wurden sie über den Rand der Schlucht geschleudert. Eine Sekunde lang hing die Wasserflügel in der Luft, dann stürzte das Schiff in den Abgrund. Der Mast schlug gegen das Bergmassiv. Mit einem widerhallenden Krachen brach er ab und krachte auf sie herunter.
Zarina stand wie gewöhnlich vor dem hohen Fenster ihres Gemaches, während Kladd pflichtgetreu neben ihr ausharrte.
»Mit Frühlingsgemüse wird das nie klappen, Kladd. Finde heraus, was Vögel gerne essen, und dann verteilst du es einfach auf dem Gelände. Besorg dir ein paar Fallen und stell die Bogenschützen auf. Ein paar fette Ringeltauben, ein oder zwei saftige Drosseln – das ist es, was wir brauchen.«
»Ja, Hoheit, ich werde mich sofort darum kümmern.« Gehorsam trottete der Wieselhauptmann von dannen.
Zarina lehnte sich noch weiter aus dem Fenster, um forschend den Waldsaum abzusuchen. »Nein, warte noch!«
Ein seltsam aussehender Fuchs kam aus dem Unterholz, er zerrte zwei kleine Igel an einem Seil hinter sich her. Es war unübersehbar, dass er in großer Eile war. Hinter den dreien kamen die Verfolger, eine Gruppe von Ottern und Eichhörnchen, herbeigelaufen. Als der Fuchs sich zu seinen Verfolgern umdrehte, fiel er über das Seil. Die Waldbewohner stürmten vorwärts und begruben ihn unter sich.
Zarina schubste Kladd in Richtung Tür. »Schnell, schnell! Sieh zu, dass du da hinunterkommst, und schnapp dir die erstbeste Truppe. Eilt dem Fuchs zu Hilfe. Beeilung!«
Die Wildkatzenkönigin raste zum Fenster zurück und schrie hinunter: »Halte aus, Fuchs! Wir kommen dir zu Hilfe! Lass die beiden Igel auf keinen Fall entkommen!«
Allem Anschein nach lieferte der Fremde den Waldbewohnern wirklich einen recht anständigen Kampf. Leider waren seine
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