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Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition)

Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition)

Titel: Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Hakl
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mit dem Rücken gegen die Wand, leckt ein Paper an, dreht sich eine Kippe, zündet sie an und bläst den Rauch aus mit dem Drive eines Lebenskünstlers, der es gewohnt ist, seine Zeit in der Arena schneller Worte zu vergeuden.
    Es ist Morgen. Durch die diesige Luft nähert sich uns ein gleichmäßiges, tiefes Kollern. Huh, huh, huh. Im Dunst kommt etwas auf uns zu. Die sumpfige Wiese vibriert schmatzend, das Dröhnen wird lauter. Wir warten, was da wohl vor uns auftaucht. Murgy schiebt den Schirm seiner Mütze zurück.
    Da kommt etwas, das meine Aussichtsplattform um gute zehn Stockwerke überragt. Eine riesenhafte Eisenwand zieht vorbei. Reste des Anstrichs, feuriger Rost und vertrockneter Seetang bedecken den Schiffsrumpf mit fantastischen figuralen Szenen. Ich sehe den Kampf eines Boxers mit einer Ziege, Morgenrot über Atlantis, den Tanz von Krüppeln am Strand. Das unendlich breite Heck trägt die Aufschrift
YAN SHAN
. Oben halten sich Männlein in Blaumännern an der Reling fest und rauchen unsichtbare Zigarettchen. Aus dem Schornstein am Heck schlagen Rauchdrachen in den Himmel. Fehlt nur noch, dass das Ding tutet.
    Tute nicht, lieber Tanker, bete ich. Ich knall runter wie ’ne Pflaume, ich schwör’s. Tute nicht. Fahr weiter. Heb dir das Tröten für andermal auf. Und er tutet wirklich nicht. Er hat zu tun, sich in diesem Rinnsal überhaupt aufrecht zu halten. Er schwankt davon. In den Kanal kehrt allmählich das Plätschern zurück, die Trägheit, das Lachen der Möwen.
    Ich steige hinunter, stelle mich neben meine Kumpel. Noch bevor ich den Mund aufmachen kann, brüllt der Chinese in der Ferne wie ein Mammut. Wahrscheinlich ist er auf den Schwarm Aufblasschaluppen gestoßen, die vor einer Stunde hier vorbeigeplätschert sind. Die Boote waren mit verschlafenen blonden Typen und stattlichen Weibern mit nackten Titten besetzt. Die gebrechlichen orthodoxen Greise auf ihren Kähnen hatten zu tun, dass ihre Melonenladung nicht in die Wellen kippte.
    6 RULPO KOMMT, GEFOLGT VON EINEM STARK HINKENDEN HERRN IM ROSA HEMD. „Ein Boo-hoot“, ruft er uns zu. „Wir haben ein Boo-hoot! Ihr sollt mit ihm mitgehen, ich pass inzwischen hier auf.“
    Der Herr winkt, wir sollen ihm folgen. Er hat keine Zeit, zeigt er uns auf seinem Handgelenk. Allerdings hat er auch keine Uhr. Er dreht sich um, humpelt einen Trampelpfad entlang. In einem Affenzahn verschwindet er in den Büschen. Wir haben zu tun, ihn zwischen Weiden und Lattenzäunen einzuholen. Wir hasten über eine mit Löchern, Scheißhaufen und Knochen übersäte Wiese zu einer niedrigen Hazienda. Das Hinkebein öffnet das Tor. Wir treten ein. Er führt uns durch einen Flur voll erstaunlich stiller Kinder, wir gehen durch eine mit schweigenden fleischigen Männern gefüllte Halle. In der Küche am Spülbecken ein altes Vampirweibchen, auf einem Nudelbrett zwei Reihen blutverschmierte Hühner.
    Endstation ist ein Kabuff, wo vor einem Berg aus gekochten Krebsen, Tomaten, Paprikas und Eiern ein mit teuren Metallen behängter Kerl sitzt, fünf Bäuche übereinander. Goldene Ketten, Armbänder, Ringe, Chronometer, Plomben.
    „Frag sie, warum sie kommen, um mich zu stören“, befiehlt er unserem Führer. „Was haben sie für einen Grund? Sind sie das so gewohnt? Macht man das so bei ihnen? Ich will was essen, das wiederum bin ich so gewohnt. Wenn sie was wollen, dann sollen sie warten. Falls sie damit nicht einverstanden sind, lass meinetwegen die Hunde auf sie los.“
    Zu uns sagt er: „Visitare, musafir. Gasda, Gospodin, panjalna?“
    Wir sitzen in der Küche. Ein älterer Stallknecht in Unterhose bewacht uns. Schenkel wie ein Kung-Fu-Sieger von 1988. Die Muskeln dort zucken. Er hat nervösen Schluckauf. Über sein Brillengestell hinweg beobachtet er uns. Die Frau schneidet mit einem Messer die Hühner in kleine Stücke. Über das Linoleum krabbeln Käfer.
    Durch die Tür kommt ein pubertierendes Dickerchen, ganz der Vater, er rudert hastig mit dem Arm und ruft: „Turischti, avanti!“
    Wir stehen vor dem Hausherrn, tragen unsere Bitte vor, das Hinkebein assistiert erneut.
    „Sie wollen von mir ein
Boot
?“, staunt der Gospodin. „Sie haben nichts für mich? Bieten mir nichts an? Stören mich in meinem Haus und wollen von mir ein Boot? Damit kommen sie mich belästigen? Gut, wir leihen ihnen ein Boot. Bezahlt wird sofort, und dazu bekomme ich ihre Pässe als Pfand.“
    „Und einen Vorschuss fürs Benzin“, gibt der Hinker seinen Senf dazu.
    „Und einen

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