Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition)

Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition)

Titel: Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Hakl
Vom Netzwerk:
Vorschuss fürs Benzin.“
    Wir klatschen die Geldscheine auf den Tisch. Dann wird uns ein bauchiges Ruderboot mit einem seitlich am Heck festgedrahteten Außenbordmotor zugeteilt. Der macht nicht den Eindruck, als ob er funktionieren würde. Er ist in schmutzige Folie eingewickelt. Um das Gesicht nicht zu verlieren, erstreiten wir uns dazu einen Kanister Benzin.
    Wir zerren den Klepper durch den Morast zum Wasser. Eine Bande Opis lacht von der Veranda aus über uns. Murgy ergreift die Ruder, und mit Pferdeschlägen bringt er uns weg von dieser Flohbude. Wir kommen auf den Hauptkanal, wo uns die Strömung mitreißt. Wir stoßen gegen Felsblöcke, drehen uns, das Boot dröhnt, biegt sich, hält aber. Es ist ein robustes Machwerk aus bolschewistischem Laminat.
    Nach einer Weile bietet sich uns links eine Abzweigung. Wir nutzen sie, und das ist auch gut so, denn wir sind jetzt in der Bucht direkt unterhalb des Hotels. Wir stoßen ans Ufer, packen zusammen, laden ein, nehmen Platz und los geht’s.
    7 WIR WECHSELN UNS AN DEN RUDERN AB, VERSCHEUCHEN INSEKTEN, SPUCKEN ÜBER BORD. Wir fahren durch einen Auwald. Die Drudenfüße der Baumstämme leuchten vom Moos kupfergrün. Von den Ästen hängen struppige Fransen bis ins Wasser. Wir weichen den entblößten Klauen der Wurzeln aus. Das Wasser ist gelbgrün, braungelb, graubraun, milchig golden, trübe funkelnd. Über dem Wasser knistern Libellen, unter Wasser wehen lange Ranken.
    In Murgys Hose klimpert eine SMS.
    „Bei dir piept’s, du Öko“, ächzt Rulpo von den Rudern her.
    „Eine Freundin schreibt“, stellt Murgy fest, „ob ich nicht einen Bürgermeister kenne bis zu 50 Kilometer von Prag weg, der in der Lage ist, Erde von einer Baustelle einzulagern, eine große Menge, in Größenordnungen, dass man das Tal von Nusle zuschütten kann.“
    „Will die einen See bauen?“, wundert sich Rulpo.
    Murgy tippt die Frage.
    „Sie schreibt nein.“ Er zitiert: „Wo jetzt in Prag die Tunnel gebaut werden, wissen die nicht, wohin mit dem Aushub, das sind 30 Millionen Tonnen. Der Bürgermeister würde direkt beim Unterschreiben des Einlagerungsvertrags 10 Kronen für die Tonne kriegen. Auch eine teilweise Einlagerung wäre für die akzeptabel, und der, der so einen Bürgermeister auftreibt, der kann 3 Kronen pro Tonne kriegen. Letná bricht ein, in den Häusern gibt’s Risse, die Statiker lassen lieber die Finger davon, es eilt.“
    „Wo arbeitet die?“
    „Im Bauamt.“
    „Schweinerei!“
    „Nein, die ist ganz okay, die ist bloß durchgeknallt.“
    „Ich meine nicht deine Freundin da, ich meine die anderen. Wie ist die denn durchgeknallt?“
    „Ein Typ Frau, die du bei dir schlafen lässt, weil sie hackedicht ist, und am nächsten Morgen stellst du fest, dass sie dir, bevor sie weg ist, noch mit einem dicken Edding im Bad die Wand vollgekliert hat, ohne dass sie interessiert, ob da zufällig noch jemand anderes mit wohnt.“
    „Und was hat sie geschrieben?“
    „Dass sie gerne ’ne Samuraiin wäre, ein starkes Auto hätte, dass ich ihr Drache bin und so ’n Zeug.“
    Ich tausche mit Rulpo den Platz.
    Ich ziehe an den abgegriffenen Hölzern, in meinem Rücken knackst es, und in Gedanken plappere ich meinen eigenen Text. Nicht in der Küche sitzen, Bewegung. Das Notebook zuklappen. Sich am Riemen reißen. Aus dem Hamsterrad raus. Reisen. Die Türkei. Die Kalahari.
    Ich übergebe Murgy die Ruder. Lege mich bäuchlings auf den Bug, wo sich ein dazu geeignetes Brett befindet, eine Abdeckung, ein Wellenbrecher, so was. Während ich das Handy über den malachitgrünen Belag aus rückwärts strömender Entengrütze halte, lese ich die eingegangenen SMS:
Ich bin am Arsch. Ich hab gedacht, dass ich mich hier erhole, und bis jetzt ist alles den Bach runter. Bleib bitte auf Empfang. Der Brasilianer hat mir den Hals durchgebissen
.
    Wo bist du?
, frage ich.
    Švihanov. Alles okay jetzt. Nur ein paar blaue Flecken und Schürfwunden von der Wand. Gut, dass du am anderen Ende bist, das gibt mir echt Kraft
.
    Ich bin da
, schreibe ich,
aber ich find’s ziemlich abartig, was du treibst
.
    Seit wir nicht mehr zusammen sind, ist was in mir zerbrochen. Da ist was kaputtgegangen
, lautet die Antwort.
    Ich mache nur mich selber kaputt, du jeden, mit dem du in Berührung kommst
, schreibe ich.
    Angeschlagen hab ich bis jetzt nur dich, und zwar mit Absicht, du hast das nämlich gebraucht. Darum können wir zwar nicht zusammen sein, aber wir sind für immer und ewig verbunden, und mit

Weitere Kostenlose Bücher