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Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition)

Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition)

Titel: Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Hakl
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der nächsten Frau wirst du nach dieser Geschichte glücklich
.
    Ich schalte das Gerät ab, rutsche zu dem zischenden Kocher am Boden des Boots hinüber, nehme den Kessel und gieße den Pfefferminzaufguss in Blechnäpfe. Pausenlos kochen wir Tee. Wir reißen wilde Minze von den Ufern, gießen sie mit Flusswasser auf und stellen das Ganze auf den Kocher. Völlig getränkt sind wir vom Chlorophyll, von diesem Pfeffersaft. Käfer spucken wir aus, Würmer schlucken wir. Unsere Darmflora schließt Bekanntschaft mit einem Wasser, das das Territorium von zehn Staaten durchflossen hat. Und hier am Ende ist es auf einmal wieder sauber. Nicht überall. Nur auf den Abschnitten, wo hektarweise Schilf für seine Reinigung gesorgt hat.
    „Wo fahren wir eigentlich hin?“, fragt Rulpo.
    „Na zum Meer“, antwortet ihm ein zweiköpfiger A-capella-Chor.
    „Ach so“, sagt er und versenkt seinen Blick in die Landkarte.
    8 GEGEN ABEND MÜSSEN WIR FÜR DIE ÜBERNACHTUNG EIN MÖGLICHST WENIG AUFGEWEICHTES INSELCHEN FINDEN. Wir ankern neben einem zu groß geratenen Grasbüschel, binden das Boot am Torso einer Weide fest. Die Wiese auf der Insel ist nass, und so schlagen wir mit einer kurzen Machete trockenes Schilf. Die Machete bildet zusammen mit Papas Urne und einem Berg Tütchen mit gemahlenem Kaffee meine Konterbande. Wir richten unsere mit Schilfbündeln unterfütterten Leinwandhäuschen auf. Murgys Füße ragen aus dem Zelt mit dem aufgedruckten Sand-Stein-Muster Marke
Unternehmen Wüstensturm
.
    Ein Stück weiter flirren drei grotesk verkrümmte, von einem Lianengeflecht umrankte Sumpfeichen. Die Stämme sind irgendwie unscharf, eingepackt in Schichten aus Spinnweben oder so was. Ich gehe mir das angucken. Es handelt sich nicht um Spinnweben, sondern um eine Wolke fein sirrender Mücken. Sie rotten sich um die rissige Rinde zusammen und warten.
    Solange die Sonne am Himmel steht, gibt es keinen Grund zur Panik. Ich hole eine Angelschnur aus dem Rucksack, knote einen Blinker fest, steige ins Boot, stelle mich auf den Bug, schwinge die Quaste aus bunten Blechscheiben im Kreis und werfe. Der Köder prallt am Laminat ab, der Haken bohrt sich in mein Bein. Rulpo friemelt ihn mir geduldig mit einem kleinen Messer aus der Wade, kleckert Jod auf die Wunde und klebt ein Pflaster drauf. Ich sage, dass ich ein Idiot bin. Nein, brummt Rulpo, man muss halt bloß mit Schwung auswerfen, nicht drehen.
    In der Zwischenzeit versucht Murgy sein Glück. Er wirft und zieht an. Zack und zack, im Gras zappeln vier Barsche.
    Das lässt mir keine Ruhe – ich suche mir einen anderen Blinker, knote, werfe. Nix. Als ich die Schnur zum fünfzehnten Mal rausziehen will, wird sie plötzlich schwer. Ich drille, ziehe und direkt unter dem Boot hervor rauscht ein verblüffter Hecht senkrecht nach oben. Rulpo springt ins Wasser, packt ihn von unten, wuchtet ihn ans Ufer, springt ihm hinterher aus dem Wasser. Er rammt ihm sein Schweizermesser ins Genick. Der Fisch röchelt laut auf, was bei einem stummen Geschöpf überraschend wirkt. Wir machen Feuer, wickeln unseren Fang portionsweise in Alu folie und backen ihn in der Asche. Dann angelt sich jeder ein heißes Päckchen heraus und wir verkrümeln uns in die Zelte. Das Summen von den Bäumen her wird stärker, es beginnt an das Sirren einer Kreissäge zu erinnern.
    Ich nage das Brätchen beim Licht meiner Taschenlampe ab und sende in Gedanken einen Gruß an Michal Š., der da an seinem Orlík-Stausee tagelang auf einen Barsch warten muss.
    9 IM TRAUM FÜHRE ICH EINEN KAMPF GEGEN EINE FLUT VON RATTEN, DIE DURCH EIN LOCH IN DER WAND IN MEINE KÜCHE IN VINOHRADY EINDRINGEN. Dazu versucht mich die eiskalte Hand von irgendwem an den Eiern zu packen. Die Realität nach dem Erwachen schließt nahtlos an den Traum an – tapsend kriecht mir eine kalte Hand den Schenkel rauf. Ich hüpfe aus dem Schlafsack, hüpfe aus dem Zelt.
    Die Mücken fressen mich, die Jungs schlafen. Es wird gerade hell. Vorsichtig schaue ich zurück in das verschwitzte Zwielicht. Kaum hebe ich die Ecke der Zeltplane, knallt mir ein kaltes, lebendiges Ding ins Gesicht. Es prallt ab, klatscht auf den Rücken. Ein Oschi von Springfrosch. Ich schmeiße mein Hemd auf ihn, trage ihn zum Wasser. Der Zwischenfall endet mit einem zweifachen Plumpsen. Das erste ist das Happy End des Froschs, das zweite folgt, nachdem ich mich zivilisiert von einem rutschigen Baumstumpf in den Tümpel gleiten lassen will, um mich zu erfrischen.
    Mit langsamen Zügen schwimme

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