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Regenbogen-Welt (German Edition)

Regenbogen-Welt (German Edition)

Titel: Regenbogen-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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felsige Küstenlandschaft verlassen und gingen
querfeldein. Der milde Schein der Abendsonne zog immer längere Schatten.
Spielerisch, ja, beinahe künstlerisch verzerrt. Saha dachte immer häufiger an
Biih. Seine sanfte, stille Art fehlte der Gruppe. Erst jetzt wurde ihr bewusst,
dass er der Ausgleich ihrer wilden Truppe gewesen war. Trotz Biihs
zurückhaltenden Art hatte sein Tod eine gähnende Leere in ihnen hinterlassen.
    Saha wischte den Gedanken beiseite. Etwas lag in der Luft. Etwas
Unbestimmtes, aber dennoch Allgegenwärtiges. Sie merkte es an dem Verhalten
ihrer Freunde. Die gingen zwar stumm vor sich hin, aber über ihren Köpfen
schwebten imaginäre Frage- und Ausrufezeichen. Hinzu kam, dass Sahas Kopf
mörderisch schmerzte. Da waren wieder die Finger, die nach ihrem Geist griffen
und Erinnerungssteine löschten, dafür neue hinzufügten. Ihr Blick streifte
Shirkan. Auch seine Gedanken schienen nicht gerade positiv zu sein. Seine Miene
verfinsterte sich zusehends.
    Als wolle die Natur ihren trüben Gedanken noch einen weiteren
Stoß versetzen, fiel unangenehmer Nieselregen vom Himmel. Saha hatte das
Gefühl, der Regen dringe in ihren Chitinpanzer, der weicher und verletzlicher
geworden war. Er hatte sogar an Farbe eingebüßt. Das leuchtende Grün war
verblasst und hatte sich in ein zarteres verwandelt.
    Saha ordnete es der Anstrengung der Reise zu. Sie hatten zwar
erst die Zweite Welt erreicht, aber bereits mehr erlebt, als sie es sich in
ihren kühnsten Träumen ausgemalt hatte. Am Horizont türmte sich eine düstere
Wolkenwand auf. Von ihr ging eine subtile Kraft aus, die eine unsichtbare Macht
über sie schickte. Eine Macht, die ungreifbar, aber sehr präsent war.
    Saha trieb die Gruppe an. Beschleunigte ihren Schritt. Wie eine unheimliche
Prozession zogen sie der Wolkenwand entgegen. Saha hätte es nicht erstaunt,
wenn sich plötzlich ein dunkler Schlund vor ihnen geöffnet und sie alle
verschlungen hätte.
    Dazu kam es nicht.
    Dafür hielt das Schicksal eine andere Überraschung für sie
bereit. Sie erreichten ein Tal, das in einer sanft abfallenden Senke lag, die
nur an einer Seite von hohen, grünbewaldeten Bergen eingeschlossen war. Von
weitem betrachtet, sah alles sehr idyllisch aus. Aber als sie auf dem höchsten
Punkt standen und in das Tal hinabblickten, entfuhr Saha und Barb ein
erschrockener Schrei.
    Sie blickten auf weitverstreute Knochen und Tierkadaver.
    Über dem abgelegenen Tal zogen durchsichtige, dunstige Schwaden.
Sie legten dem Szenario einen gespenstischen Mantel an.
    „Der Mammut-Friedhof! Es gibt ihn wirklich.” Azaas Stimme klang
rau wie Schmirgelpapier.
    Der Mammut-Friedhof? Saha stutzte. Ihre Großmutter hatte auch
immer von diesem Ort erzählt. Dem Ort des Abmetzelns stolzer Tiere. Des
wahllosen Tötens. Saha blickte wieder hinab auf die Überreste. Es waren keine
Riesentiere, wie sie Sahas Großmutter immer beschrieben hatte. Sie waren aber
auch nicht gerade klein. Schätzungsweise gut drei Meter. Die gebleichten
Knochen lagen sauber – wie zurechtgelegt – in der Sonne. Neben einem Schädel
ragte ein speerähnlicher Gegenstand aus dem Boden. Eine Waffe, die wohl ein
Jäger achtlos fallen gelassen hatte. Einige der Kadaver sahen wie frisch erlegt
aus. Jemand musste hier noch vor Kurzem gejagt haben.
    Saha blickte Shirkan an. Die Riesen-Ameise war sichtlich
aufgeregt. „Das gibt es doch nicht. Das ist völlig unmöglich.”
    Ihr entging es nicht, wie sehr ihn der Anblick mitnahm. Auch sie
beeindruckten die weißen Gebeine, aber sie fühlte nicht diesen Schrecken, der
sich in Shirkans Gesichtszüge eingemeißelt hatte. Hilfe suchend blickte sie
sich nach Ishtar und Uhura um. Die beiden standen dicht neben ihr. Stumm und in
den Anblick der Skelette vertieft. Die Anderen hingegen waren völlig aus dem
Häuschen. Shash brummte vor sich hin, Hazee schnatterte eine wahre Flut
hektischer „tuk tuks“, India und Davina zirpten und schwirrten wie kleine
Propeller, Dahsani grunzte, was das Zeug hielt, Kasur zischelte wie ein ganzes
Schlangennest und Azaa sprach aufgeregt auf Jabani ein.
    Saha ergriff Ishtars Arm. „Was sagst du dazu?”, fragte sie.
    Er gab einen abgrundtiefen Seufzer von sich. „Was ich dazu sage,
willst du wissen?” Er seufzte erneut. „Ich sage nichts. Ich frage mich nur,
nimmt das denn nie ein Ende?”
    „Was?” Saha blickte ihn mit großen Augen an.
    „Das Töten”, erwiderte er leise. Kaum vernehmlich.
     

     
    Sie liefen den Abhang hinab. Von

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