Regenprinzessin (German Edition)
Ansicht, dass ich viel zu selten dorthin gehen durfte.“
Van sah mich aufmerksam an. „Was ist geschehen?“, fragte er.
Ich seufzte. „Es war kurz nach der Trauerphase um meine Mutter. Sie war an der Schwindsucht gestorben, als ich zehn Jahre alt war. Burnus wollte mich aufheitern und ging mit mir zusammen in die Stadt. Wir wollten den Markt besuchen. Es war ein wundervoller Ort für mich, so voller Magie. Es gab so viel zu sehen, skurrile Dinge, unglaublich schöne Dinge und alles war bunt. So bunt und schön.“ Ich machte eine kurze Pause, um mich zu sammeln für das, was nun kam. Van schwieg wieder, beobachtete mich jedoch eindringlich. Das sanfte Schaukeln auf Tinkas Rücken beruhigte mich ein wenig und ich fuhr fort.
„Wir aßen warme Pasteten und schlenderten durch die Reihen als wir an einem Stand mit allerlei Tieren vorbei kamen. Ich war schon immer für Tiere zu begeistern gewesen, am meisten mochte ich Vögel. Ich wollte unbedingt einen Singvogel haben, am liebsten eine Nachtigall. Der Händler hatte einige Vögel im Angebot jedoch keine Nachtigall, wie ich traurig feststellte. Dennoch gefielen sie mir und ich erfreute mich an ihnen und ihrem Gesang. Mein Taschengeld reichte nicht, um mir einen zu kaufen, doch das hinderte mich nicht daran sie mit Pastete zu füttern und zu bewundern.
Burnus hatte Erfolg, er lenkte mich für eine Weile von meiner Trauer ab. Plötzlich erklang in einiger Entfernung das Lied einer Nachtigall. Ich wollte sie mir unbedingt ansehen und lief in die Richtung, aus der der Gesang kam. Erst später musste ich feststellen, dass Burnus in diesem einen Moment nicht auf mich geachtet hatte und ich ihm unfreiwillig entwischt war. Ich wühlte mich durch die Menge und folgte dem Gesang.“ Es war schlimm für mich, mich noch einmal so intensiv an diese Ereignisse zu erinnern, doch wie konnte Van mich verstehen, wenn er meine Beweggründe nicht kannte?
Also kam ich zu dem Punkt, der alles verändert hatte. „Im ersten Moment verstand ich nicht, was geschah, doch als ich mich nicht mehr vorwärts bewegte, begriff ich, dass jemand dabei war mich hochzuheben.
Ich schaute mich um, um zu sehen wer es war. Ich hatte mit Burnus gerechnet, aber das Gesicht in das ich blickte, kannte ich nicht. Er schaute mich ganz merkwürdig an und die Art und Weise gefiel mir gar nicht. Ich wollte wieder runter und begann zu strampeln, doch er hielt mich nur noch fester. Ich wollte schreien, aber da drückte er mir schon seine Hand auf mein Gesicht. Er huschte mit mir durch die Menge. Sein Griff tat weh und ich wollte zu Burnus. Er drückte so fest, dass ich kaum noch Luft bekam. Niemanden kümmerte es, alle waren mit sich selbst beschäftigt.“. Ich begann wieder zu zittern bei der Erinnerung an das, was danach kam.
Van schluckte schwer. „Was hat er mit dir gemacht?“, fragte er leise. Ich sah ihn traurig an.
„Nicht weit entfernt war ein winziger Gemüsestand. An seiner Linken stand eine große Truhe, ihr Deckel war offen und ich konnte ihr dickes Innenfutter sehen.“
Ich nahm mich noch einmal zusammen bevor ich weiter sprach. „Er steckte mich in die Truhe, schlug den Deckel zu und schloss ab. Ich schrie und hämmerte gegen die Wände, doch niemand hörte mich. Der Stoff dämpfte sämtliche Geräusche, sowohl nach innen, als auch nach außen. Ich wusste nicht, was um mich herum geschah. Es war stockfinster und schrecklich eng. Ich hatte Angst und weinte bitterlich.
Eine ganze Weile lang geschah gar nichts. Plötzlich tat sich etwas, jemand hob mich hoch und die Kiste schaukelte. Dann wurde ich mit lautem Poltern abgestellt, Stille folgte. Er stellte mich wahrscheinlich auf einen Karren, denn kurze Zeit später polterte es wie bei einer Kutschfahrt.
Das Rumpeln hörte auf und ich wurde wieder irgendwohin getragen. Es war mir unmöglich die Zeit zu bestimmen. In der Dunkelheit hatte ich jegliches Gefühl dafür verloren. Mein einziger Anhaltspunkt war mein Hunger und mein Durst, die mich immer mehr quälten.
Dann geschah eine Ewigkeit lang nichts. Ich schlief sogar ein paar Mal und bekam immer größere Angst, dass man mich einfach vergessen haben könnte.“
Ich machte eine kurze Pause und sah mich um. Wir befanden uns immer noch auf den Wiesen vor Girada. Genüsslich ließ ich meinen Blick über die freie Ebene schweifen. Es war einfach wunderschön. Zu unserer Rechten lag der große Wald. Ich befand mich gern dort.
Vor uns baute sich das Gebirge auf, hinter dem sich Lumeria und
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