Regina schafft es doch
Betrieb übernehmen soll. Der nächste Sohn pflegt den kaufmännischen Weg einzuschlagen – und wird ebenfalls gründlich ausgebildet, das können Sie mir glauben –, damit er den geschäftlichen Teil des Betriebes übernehmen kann. Mein Bruder wurde als Bäcker und Konditor ausgebildet. Ich machte Abitur und besuchte die Handelshochschule, und als ich gerade damit fertig war, starb mein Bruder.“
„Ach, wie schrecklich…“, sagte Regina.
„Ja, es war ein harter Schlag, besonders für meinen Vater.“
„Und für Ihre Mutter!“
„Ich habe keine Mutter. Sie starb bei meiner Geburt.“
„Ach…“
„Ja, dann mußte ich versuchen, die Stellung meines Bruders zu übernehmen. Ich machte mich ans Brotbacken und Tortenbacken, und das Komische war, daß mir das zusagte! Ehrlich gesagt, macht es viel mehr Spaß als die trockenen Handelsfächer! Mein Vater freute sich sehr, daß ich umsattelte. Für die geschäftlichen Angelegenheiten kriegt man immer einen Außenstehenden, aber das Fach selbst ist seit fast zweihundert Jahren vom Vater auf den Sohn vererbt worden, und mein Vater wollte so gern, daß es dabei bliebe.“
„Das heißt also, daß Sie verpflichtet sind, selbst Söhne zu bekommen.“
„Unter allen Umständen! Kein Kronprinz eines regierenden Fürstenhauses kann diese Verpflichtung schwerer auf sich lasten fühlen! So, da wären wir!“
Der Wagen hielt vor einem großen Gebäude, das Regina ungezählte Male gesehen hatte, ohne zu ahnen, daß sie selbst etwas damit zu tun bekommen würde. Quer über der Fassade stand in großen, schwungvollen Buchstaben „Eimers Brotfabrik“.
„Ich darf wohl vorausgehen?“
Er führte sie die Treppe hinauf, durch einen Gang, nickte hier und da ein paar jungen Stenotypistinnen zu und stand nun vor einer Tür mit einem weißen Schild, auf dem „Büro der Direktion“ stand.
„Bist du gerade frei, Papa? Famos! Bitte, hier bringe ich dir Fräulein Frank! Und bedenken Sie eins, Fräulein Frank, wenn Sie auf meinen Vater einen guten Eindruck machen wollen, dann betiteln Sie ihn nicht Direktor, sondern Bäckermeister!“
Eimer senior erhob sich von seinem Schreibtischsessel.
„Fein, daß Sie sich haben entführen lassen, Fräulein Frank. Setzen Sie sich bitte. Und du, du naseweiser Schlingel, du kannst wieder zu deinen Kuchen hinuntergehen.“
„Pfui, Papa, das ist nicht nett von dir. Da habe ich nun meine Arbeit unterbrochen und mich umgezogen und Fräulein Frank abgeholt, und nun kegelst du mich hinaus! Und dabei bin ich ein so braver Junge gewesen und habe kein Wort von deinen Plänen verraten…“
„Na ja, dann bleib nur da, Bengel. Letzten Endes geht es ja auch dich etwas an.“
Regina richtete ihren Blick auf Eimer senior und ließ ihn von da zum Sohne schweifen. Sie lächelte. In des Vaters Stimme lag so ein warmer Ton. Wie er den Sohn liebt! dachte sie. Und des Sohnes Stimme verriet ein großes Vertrauen. Ja, die beiden waren Kameraden. Das sah und hörte man sofort.
„Also, Fräulein Frank, zu den Geschäften! Es handelt sich darum, daß wir im Begriff stehen, einen neuen Raum in unserer größten Konditorei einzurichten. Sie wissen sicher, daß wir mehrere Konditoreien haben.“
Regina nickte lebhaft.
„Und die größte davon liegt am Stadtpark. Dort richten wir einen Sonderraum für Nichtraucher ein. Der wird also am meisten von weiblicher Kundschaft aufgesucht, vielleicht hauptsächlich von Müttern mit Kindern. Wir möchten den Raum so hell und freundlich und so – ja, so weiblich wie möglich einrichten, wenn ich es so ausdrücken darf. Und so behaglich wie möglich. Unter anderem soll ein großer, offener Kamin hinein, verlockend an kalten Wintertagen, nicht wahr? Und nun kommt Ihre Rolle: Wir haben uns hin und her überlegt, was wir als Schmuck für die Wand über dem Kamin nehmen könnten. Und da kam uns plötzlich die Idee, daß ein Fries, eine Reliefreihe aus Keramik gut aussehen würde. Ich saß vor Ihrem ,Fohlen’ und schaute es mir an, dann auch das ,Bärchen’ und das ,Mädchen mit Korb’. Da kam mir nun der Gedanke, daß jemand, der solche Sachen gemacht hat, auch den Fries machen könnte. Was meinen Sie dazu, Fräulein Frank?“
Regina schlug das Herz höher. Ihr wurde so froh zumute – so unendlich froh.
Erstens, weil dies ein regelrechter, einträglicher Auftrag war, zweitens, weil er von einem Menschen kam, der ihre Kunst so gut verstand.
„Ach ja, Herr Dir… Herr Eimer – dazu – dazu hätte ich riesig
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